96 drückt aufs Tempo

Die Mängelliste ist lang: Gegen den FC Bayern München muss sich einiges ändern

Von Norbert Fettback und Jörg Grußendorf
Hannover. Die Ernüchterung war groß. Nach dem schmeichelhaften 2:2 gegen den Karlsruher SC, besonders aber wegen der Art und Weise des Zustandekommens dieses Ergebnisses, sind sich bei Hannover 96 fast alle einig: Für die Partie am Sonntag gegen den FC Bayern München muss sich einiges ändern, um nicht schon entscheidend im Kampf um die Europapokal-Plätze zurückzufallen. Nur 96-Klubchef Martin Kind hat seine eigene Rechnung aufgemacht. „Gegen die Bayern wird alles leichter, da sind wir nicht in der Pflicht, das Spiel machen zu müssen, da haben wir mehr Räume“, sagte er und fügte an: „Und die Motivation ist höher.“
Waren die 96-Profis gegen den KSC etwa nicht motiviert? „Doch, natürlich“, sagte Kind, „man hat doch klar gesehen, dass die Mannschaft wollte, bis zum Schluss.“ Dennoch musste der Klubchef eingestehen, dass der Unterschied zwischen der 96-Leistung gegen den Hamburger SV und der gegen die Karlsruher offensichtlich war. „Vielleicht lag es daran, dass die Spieler übermotiviert waren und dies zu einer Art Blockade geführt hat“, sagte Kind. Der 63-Jährige hat aber auch gegen den KSC etwas Positives entdeckt: „Dieses Spiel hat unsere Entwicklung bestätigt“, sagte er, „früher hätten wir mit Sicherheit verloren, diesmal fast sogar noch gewonnen.“
Natürlich kann man das so sehen wie Kind; allerdings offenbarten die „Roten“ einige – an diesem Tag zu viele – Schwächen. Besonders auffällig: Die Karlsruher wirkten gedanklich fixer und waren auch schneller unterwegs. „Wir hatten zu wenig Spieltempo“, bekannte 96-Trainer Dieter Hecking, „jeder Abpraller landete beim KSC. Und wir haben nicht so kompakt gestanden wie noch gegen den HSV.“ Außerdem gestand Hecking ein, dass sein Team die Karlsruher auf beiden Außenseiten nicht in den Griff bekommen habe. „Es ist uns einfach nicht gelungen, eine Überzahl gegen den Ballführenden zu schaffen“, sagte Hecking.
Viele Schwachstellen – und es sieht so aus, als würde der 96-Coach am Sonntag gegen die Bayern die eine oder andere Umstellung in seinem Team vornehmen. Auch wenn er sich an irgendwelchen Spekulationen nicht beteiligen will. Augenscheinlich ist, dass Valérien Ismaël ebenso in die Mannschaft drängt wie Christian Schulz und Jan Rosenthal. Ismaël, Stareinkauf der Winterpause, meint, den Trainingsrückstand aufgeholt zu haben und setzt alles daran, am Sonntag gegen seinen früheren Klub mitzuwirken. Die mitunter dilettantischen Fehler der 96-Verteidiger gegen den KSC machen die Punktspielpremiere des Franzosen für die „Roten“ ziemlich wahrscheinlich.
Schulz, der seinen Platz in der Stammelf aufgrund einer Verletzung verloren hat, bewies seinen Wert nach der Einwechslung am vergangenen Sonnabend. Er bringt viel Dynamik und Laufbereitschaft ins 96-Spiel. Das Riesentalent Rosenthal machte nicht nur durch sein fulminantes Tor auf sich aufmerksam.
Die Zahl der Alternativen ist groß. Und alle sind heiß auf den FC Bayern. Egal, wer spielt: Allein das verspricht schon ein ganz anderes 96-Team.