96 drückt bei Schlaudraff aufs Tempo

FC Bayern gibt den Nationalspieler frei / Sportdirektor Hochstätter verhandelt mit Hoeneß



Von Jörg Grußendorf
Hannover. Die „Roten“ hätten ihn am liebsten schon vor einem Jahr geholt, vor der Winterpause gab es eine erneute Liaison. Doch so weit wie jetzt war Hannover 96 im Kampf um Nationalspieler Jan Schlaudraff noch nie. Gestern war Sportdirektor Christian Hochstätter bereits in München, um mit Uli Hoeneß, dem Manager des FC Bayern, über einen Wechsel des 25-jährigen Profis und Wunschspielers von Hochstätter und Trainer Dieter Hecking zu verhandeln.

Schlaudraff hatte sich am Sonntag erst mit den Bayern-Verantwortlichen darauf geeinigt, dass er trotz eines bis 2010 laufenden Vertrages den Klub verlassen kann; Hochstätter hat diese Chance sofort genutzt und ist gestern Vormittag nach München geflogen. „Ich wollte mich schlau machen, in welcher Größenordnung sich dieser Transfer bewegt“, sagte der 44-Jährige, „das weiß ich jetzt. Und jetzt beginnt die Arbeit.“ Das Ganze werde mit Trainer Dieter Hecking und mit Klubchef Martin Kind besprochen, sagte Hochstätter. Dann werde er Kontakt mit dem Spieler und dessen Berater aufnehmen. „Erst dann wissen wir, wie teuer das Gesamtpaket ist und ob es für uns überhaupt möglich ist“, sagt der 96-Sportdirektor. „Bisher kennen wir ja erst die Höhe der Ablösesumme.“ Die wollte er nicht nennen – laut Spekulationen liegt sie bei zwei Millionen Euro.

Sicherlich nicht zu viel für einen Spieler mit den Qualitäten Schlaudraffs. Dass der schnelle, torgefährliche Offensivspieler in München nicht zurechtkam und nur 48 Minuten in der Bundesliga und 97 im UEFA-Cup-Wettbewerb spielen durfte, hat mehrere Gründe. Sein Dilemma begann bereits damit, dass er nach seinem Wechsel aus Aachen erst Ende September vergangenen Jahres richtig fit wurde. Grund war eine Bandscheibenoperation. Seine Lieblingsposition hinter den Spitzen gibt es im System des FC Bayern gar nicht, und die Konkurrenz im Sturm ist zu groß. So bat der 25-Jährige um seine Freigabe. „Im Nachhinein war der Wechsel zu Bayern nicht förderlich für meine Entwicklung“, sagte Schlaudraff. „Die Situation ist schon frustrierend.“

Aufbauend dürfte für ihn sein, dass die Interessenten für ihn Schlange zu stehen scheinen. „Ich habe einige Anfragen und ein konkretes Angebot aus der Bundesliga“, sagte er. Der morgige 96-Gegner Borussia Dortmund (Anpfiff ist um 20 Uhr), Hertha BSC, der VfB Stuttgart und eben die „Roten“ sollen auf der Liste stehen.

Das konkrete Angebot dürfte von 96 sein – so überzeugt wie die Sportliche Leitung von Schlaudraff ist. „Jan kann uns mit seiner Spielart und -weise weiterhelfen“, sagt Hecking, der den Profi aus gemeinsamen Tagen in Aachen kennt und mit ihm vor ein paar Tagen ausführlich telefoniert hat. „Nur weil der Trainer Hecking heißt, kommt er aber nicht nach Hannover. Wir müssen schon mehr bieten.“ Dabei denkt der 96-Coach nicht ans Geld. Denn er weiß: „Wenn es dem Jan einzig ums Geld geht, dann haben wir gegen unsere Mitbieter keine Chance.“ Er will ihn von 96 überzeugen und meint, dafür viele gute Argumente zu haben. Hoffentlich hört Schlaudraff gut zu.