Hanno Balitsch im Interview

über Fehler, Enttäuschungen und schöneren Fußball



Herr Balitsch, gegen Arminia Bielefeld gab es beim Pausenstand von 1:2 Pfiffe. Hat die Mannschaft da Verständnis, und empfindet sie die gleiche Enttäuschung?
Natürlich, keine Frage. Aber es ist so, dass Pfiffe das individuelle Päckchen nicht kleiner machen, das jeder zu tragen hat. In so einer Phase, in der alles negativ gesehen wird, zieht einen das noch zusätzlich runter. Deshalb wäre es eigentlich viel wichtiger, das Positive herauszustellen.

Was überwiegt denn derzeit: Fehler oder Positives?
Momentan macht jeder Fehler. Deshalb müssen sich jetzt alle hinterfragen. Die Spieler, aber auch wirklich alle Spieler, die medizinische Abteilung, der Trainerstab, der Sportdirektor, der Zeugwart und die Platzwarte und der Teammanager. In einer Phase, in der es nicht läuft, macht halt jeder Fehler.

Welches Päckchen tragen Sie denn?
Mein Problem ist im Moment meine körperliche Verfassung. Ich hatte etwa im Spiel gegen Bielefeld von der 60. Minute an muskuläre Probleme. Es wird andere Spieler in der Mannschaft geben, denen zum Beispiel das Selbstvertrauen fehlt oder die wie Steven Cherundolo wirklich alles tun und um ihre Form kämpfen. Und die Konsequenz daraus?Jeder ist mit seinen Sorgen beschäftigt und versucht, sich wieder nach vorn zu kämpfen. Aber darunter leidet natürlich die Gesamtheit. Wer auf sich guckt, um seine Probleme zu lösen, der ist nicht in der Lage, dem Nebenmann zu helfen. Und das ist zurzeit so in der Mannschaft?Ja. Aber niemandem ist der Vorwurf zu machen, dass er sich hängen lässt oder dass es an Willen fehlt. Natürlich haben wir uns auch vorgestellt, anders in die Rückrunde zu starten. Fahren die „Roten“ am Wochenende mit etwas Bammel nach Duisburg?Nein. Wer Bammel haben muss, ist Nürnberg im Moment. Diese Angst kenne ich aus den Situationen, wo es um die Existenz geht. Unsere Situation würde ich negativ geprägte Anspannung nennen.96 war unter negativem Druck bisher immer besser. Etwa mit dem Rücken zur Wand im Abstiegskampf. Ist so ein Druck jetzt da?Die negative Serie ist ja die gleiche. Aber der Unterschied ist, und das spricht für die Mannschaft, dass wir jetzt auf dem 10. und nicht auf dem 14. oder 15. Platz stehen. Wenn wir früher mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir uns oft befreien können. Etwas Ähnliches hatte ich nun in Bochum erhofft. Aber es ist nicht gelungen, und gegen Bayer Leverkusen schon gar nicht, da waren wir hoffnungslos unterlegen. Aber jetzt warten wir praktisch von Spiel zu Spiel drauf. Man spürt das, und es ist ein Charaktermerkmal der Mannschaft, dass sie sich befreien will. 96 hat viele neue und prominente Spieler, trotzdem scheint es, dass der Fußball schon mal besser war. Trifft das zu, oder spielt einem da das Gedächtnis einen Streich?Natürlich haben wir in den guten Phasen unter Ewald Lienen und Peter Neururer schöner gespielt als jetzt. Aber auch unter diesen Trainern hatten wir negative Phasen wie im Moment. Und dann war der Fußball genauso unattraktiv wie jetzt. Wie sind Sie denn mit sich zufrieden?Ich merke auch, das ich nicht den Fußball spiele, wie ich ihn mir vorstelle. Und damit meine ich nicht nur die zwei vergebenen Kopfballchancen gegen Bielefeld, sondern es geht mir darum, wie ich der Mannschaft noch besser helfen kann. Interview: Volker Wiedersheim