96 funktioniert nicht mehr

Zu viele Gegentore, kein Spielmacher. Kind gibt UEFA-Cup-Ziel auf.



Alarm bei 96 – die Mannschaft funktioniert nicht mehr. 96-Chef Kind verabschiedet sich vom UEFA-Cup.

VON ANDRAS WILLEKE UND GUNTHER NEUHAUS
HANNOVER. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Demnach besteht bei 96 noch Hoffnung. 96-Chef, Trainer und Spieler sind sich einig – so kanns nicht weitergehen.
„Die Mannschaft ruft ihr Potenzial nicht ab“, sagt Boss Martin Kind. „Wir sind zu nachlässig, das zieht sich wie ein roter Faden durch die Rückrunde“, sagt Trainer Dieter Hecking. „Wir spielen nicht mehr so kompakt und so gut Fußball“, sagt Michael Tarnat.

Offensichtlich ist die Abwehrschwäche, 96 hat schon 36 Gegentreffer kassiert, nur Bielefeld hat mehr. Als „generell im Defensivverhalten zu unentschlossen“ analysiert Hecking sein Team, als „nicht mehr zupackend“.
Das betreffe nicht nur die vier Verteidiger, sondern auch die beiden defensiven Mittelfeldspieler Hanno Balitsch und Christian Schulz. „Die beiden Sechser sind zu weit weg von ihren Gegenspielern“, erkannte Sportdirektor Christian Hochstätter in Bochum.

„Christian Schulz hat auffallend viele Fehlpässe gespielt“, kritisierte Hecking zudem, „jeder muss mit sich selbst ausmachen, ob das so in Ordnung war.“
Wars natürlich nicht, schon gar nicht von Arnold Bruggink im offensiven Mittelfeld. 96 fehlt ein Spielgestalter. „Man sieht, wie wechselhaft die Spieler auf der Position spielen“, sagt Hecking, „das Anforderungsprofil ist vielleicht zu hoch.“ Anders formuliert: 96 hat keinen, der für diese Position gut genug ist – nun gibt das der Trainer auch zu.

Von den individuellen Schwächen zu den taktischen. „Wir spielen nicht mehr als Mannschaft, sondern in Teilen. Abwehr, Mittelfeld und Sturm spielen für sich alleine“, meint Tarnat.
In der Hinrunde haben sie gut zusammengespielt – warum jetzt nicht mehr? Hecking vermutet, „das Spiel in Hamburg hat uns Sand in die Augen gestreut“. Weil der HSV unter Normalform spielte, wurde 96 überschätzt.
Mike Hanke sieht das Problem woanders. „Es sind viele nicht gewohnt, da oben mitzuspielen“, beklagte der Torschütze. Er habe diese Erfahrung in Wolfsburg gemacht. „Als wir da oben standen, habe ich mich hängenlassen.“ Hanke wird das „nicht wieder passieren“. Aber er hat zu viele Mitspieler, denen das gerade passiert.

„Einige sind zu schnell zufrieden“, vermutet Kind, „die Mannschaft ist zu lieb. Es fehlt einer, der mal hochdeutsch spricht.“
Das könnte Valérien Ismaël sein, der gegen Nürnberg zurückkehren soll. Die Partie gibt 96 die große Chance, mit einem Sieg den Fehlstart abzuschwächen. „Die Niederlage hat sich in der Tabelle nicht so schlimm ausgewirkt wie zu erwarten“, meint Kind, „die Ergebnisse der anderen haben uns geholfen.“
Der Trend spricht zwar gegen 96, aber bei noch 13 Spielen ist nicht alles verloren. Nur vom UEFA-Cup mag Kind nicht mehr reden. „Nein, das lassen wir mal besser.“ Kinds neues Ziel: „Ein einstelliger Platz sollte es schon sein.“