Erst viele Pfiffe , dann ein Punkt

Nur 2:2 gegen Arminia Bielefeld: Die „Roten“ kriegen von ihren Fans einen Anpfiff.



Von Norbert Fettback
Hannover. Die hannoverschen Fans sagten ihre Meinung geradeheraus und auf die Weise, die den Adressaten in den roten Trikots am meisten wehtun muss. Als Schiedsrichter Felix Brych die 1. Halbzeit des Bundesligaspiels zwischen Hannover 96 und Arminia Bielefeld beendete, setzte in der AWD-Arena ein solches Pfeifkonzert ein, dass bleibende Hörschäden zu befürchten waren. Mit 1:2 lag das Team von Dieter Hecking zurück – bei etwas mehr Cleverness des Abstiegskandidaten hätte das Zwischenresultat auch deutlicher ausfallen können, und somit drohte 96 die nahtlose Fortsetzung der Leverkusener Leidensgeschichte. Dass die Sache doch noch ein versöhnlicheres Ende nahm und sich 96 mit dem 2:2 zumindest an einem Punkt erfreuen konnte, glättete die Wogen ein wenig. An der Erkenntnis, dass die „Roten“ ihrer Form und ihren Ansprüchen aus der Hinrunde hinterlaufen, hat sich allerdings nichts geändert.
Sechs Punkte aus sieben Spielen, weiter auf dem 10. Tabellenplatz: Das vermittelt ebenso wie das Spielgeschehen in der 1. Halbzeit den Eindruck von Stillstand. Trainer Hecking räumte später ein, seine Mannschaft erlebe „eine schwierige Phase“. Es fehle die Leichtigkeit des Jahres 2007. Da 96 gegen seinen Angstgegner in den ersten 45 Minuten auch noch Leidenschaft und Aggressivität vermissen ließ, drohte neues Ungemach. Zweimal war die Arminia, die seit 2002 von fünf Spielen in Hannover keines verloren hat, durch Andre Mijatovic (15. Minute) und Christian Eigler (38.) in Führung gegangen, nur einmal hatte 96 durch Arnold Bruggink (16.), dessen Tor der einzige Glanzpunkt aus 96-Sicht vor der Pause war, antworten können. Kein Wunder, dass es – auch bei der hohen Fehlpassquote und gravierenden Zuordnungsproblemen in der Defensive – vielen Fans die Sprache verschlug.

Heckings Entschluss, mit dem Debütanten Bastian Schulz (für den noch merklich an den Folgen einer Grippe leidenden Altin Lala) und Jiri Stajner (für den erneut blassen Sergio Pinto) zur Pause neues Personal aufzubieten, hatte einen spürbaren Wiederbelebungseffekt für die kränkelnde 96-Notelf. Mit den verletzten Michael Tarnat, Vinicius und Jan Rosenthal fehlten wichtige Stammkräfte; andere wie Steve Cherundolo und Valérien Ismaël waren angeschlagen ins Spiel gegangen. Das entschuldigte einiges, aber längst nicht alles. Die Ausfälle hätten keine entscheidende Rolle gespielt, sagte Mike Hanke. Dass es nicht zum Sieg gereicht habe, sei „sicherlich Kopfsache gewesen“.
Auch wenn es der 96-Stürmer so nicht gemeint hatte: Kopfsache – das traf am Sonnabend vor allem auf Hanno Balitsch und Arnold Bruggink zu. Balitsch boten sich gleich zwei erstklassige Möglichkeiten, den Ball ins Tor zu köpfen (20., 45.), er scheiterte aber wie später auf die gleiche Weise auch Bruggink (60.) am Bielefelder Schlussmann. Zum Glück hatte 96 an diesem Tag noch Jiri Stajner, der endlich mal wieder über seinen Schatten sprang und dafür mit dem 2:2 (56.) belohnt wurde.

Ein Tor per Kopfball – in der Tat reine Kopfsache. Und vielleicht ein Zeichen für neue Aufbruchstimmung in Hannover, denn in der 2. Halbzeit hatte 96 den Kopf endlich wieder oben.