Man kann ein 2:2 gegen Bielefeld auch schönreden. Wir tun es nicht – denn 96 steckt weiter in der Krise.
VON FLORIAN KREBS HANNOVER. „96, olé“ – die Fans in der Nordkurve sangen und feierten, als gäbe es den zweiten Sieg in diesem Jahr zu feiern. Diesen Eindruck erweckten auch die Spieler und ihr Trainer. „Viel Leidenschaft“ hatte Trainer Dieter Hecking gesehen, die Mannschaft habe „genau die richtige Antwort“ auf die katastrophalen ersten 45 Minuten gegeben. Mike Hanke empfand die zweite Halbzeit als „aufbauend“ für die nächste Aufgabe am Sonnabend in Duisburg. Kapitän Robert Enke verteilte sogar ein „großes Kompliment“. Lob statt Kritik – schließlich sei 96 „zweimal zurückgekommen, das könnt ihr doch auch mal sehen“.
Nur noch mal zum Klarstellen: 96 hat gegen Abstiegskandidat Bielefeld nicht gewonnen, sondern nur 2:2 gespielt und damit einen weiteren Rückschlag einstecken müssen. Auch wenn es Hecking und Co. so verkaufen wollten – der erste Schritt aus der Krise war das nicht.
Dabei sollte gegen Bielefeld, mit 47 Gegentreffern die Schießbude der Liga, der „Turnaround“ (96-Boss Martin Kind) gelingen. Doch statt der Wende erreichte das Hecking-Team sechs Tage nach dem 0:2 in Leverkusen in der ersten Halbzeit einen neuen Tiefpunkt. Defensiv ein Torso, im Mittelfeld bis auf Arnold Bruggink völlig überfordert, vorn harmlos, dazu Fehlpässe am Fließband – 96 mutete den gut 35 000 Zuschauern einiges zu und spielte wie ein Absteiger. Selten hat sich eine Mannschaft das Pfeifkonzert zur Pause so verdient wie diese 96-Elf.
„Wir hatten Glück, dass wir zu Pause nicht schon 1:3 oder 1:4 hinten gelegen haben“, sagte Enke, der trotz guter Leistung auch im zwölften Heimspiel nicht ohne Gegentor blieb. Ex-Nationalspieler und 96-Legende Hans Siemensmeyer fühlt mit dem 96-Kapitän: „Der Enke tut mir leid.“ Mit Jiri Stajner (für den ganz schwachen Sergio Pinto) und Debütant Bastian Schulz (für den entkräfteten Altin Lala) rappelte sich 96 nach der Pause auf und steigerte sich deutlich. „Wir sind wieder aufgestanden und haben gezeigt, dass wir eine Mannschaft sind“, sagte Hanke. Und fast hätte es sogar noch zum Sieg gereicht.
Doch Bielefelds Stand-by-Torwart Dirk Heinen drehte einen Stajner-Schuss in der Nachspielzeit um den Pfosten. „Weltklasse“, lobte Enke seinen Kollegen, den Bielefeld nach der Verletzung von Mathias Hain (Rippenanbruch) erst am Donnerstag aus Irland zurückgeholt hatte. Der 37-Jährige hatte seine Karriere eigentlich schon beendet. Nach der Verletzung von Hain-Vertreter Rowen Fernandez kam er unverhofft zu seinem 158. Bundesligaspiel. Die 96-Profis haben heute frei, trainiert wird wieder am Dienstagnachmittag (15 Uhr). Hans Siemensmeyer kann darüber nur den Kopf schütteln: „Diese Mannschaft hat derzeit keinen freien Tag verdient.“ Dabei hat sie doch 2:2 gewonnen.
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