96 droht ein Totalschaden

Sonntag, 20. April, 15 Uhr, Eilenriedestadion: Hannover 96 II gegen VSK Osterholz-Scharmbeck. Das klingt nicht nach dem großen Fußball-Knüller, wenn es denn 150 Zuschauer werden, dann wäre das schon nicht schlecht. Aber 96 II gegen VSK OS ist möglicherweise wichtiger als am 26. April die Bundesligapartie zwischen 96 und Hertha BSC.



Und wenn man so will, geht es an diesem Sonntag im wahrsten Sinne des Wortes um die Zukunft der „Roten“. Eine gute Bundesligareserve ist im Profifußball wie eine Art Lebensversicherung. Im Idealfall spielen in der 2. Mannschaft die Erstligaspieler von morgen; die Reserve als Sprungbrett in die 1. Liga. Aber die Straße ist auch in die andere Richtung befahrbar: Profis, die lange verletzt waren oder wegen eines Formtiefs und Sperren in der Bundesligaelf nicht zum Einsatz kommen, können in der Reserve Spielpraxis sammeln.


Im Juni droht Hannover 96 ausgerechnet auf dieser wichtigen Straße ein Totalschaden: 96 II läuft nämlich Gefahr, die Qualifikation für die künftige Regionalliga zu verpassen, aus dem Viertligisten würde dann in der kommenden Saison ein Fünftligist. Das ist eine sportliche Katastrophe; Spieler, die von der 1. Liga träumen, würden dann in Heeßel aufwachen und dort gegen den „ganz kleinen HSV“ spielen müssen. Das spricht für Heeßel – aber gegen 96.


„Wir dürfen jetzt keine Panik verbreiten“, sagt Andreas Bergmann, der hauptamtliche Trainer von 96 II. Die Sorgenfalten auf der Stirn der Verantwortlichen, auch bei Profitrainer Dieter Hecking, sind dennoch groß. Die Reserve ist eine Ausbildungsmannschaft, in der 5. Liga aber würde sie dem Ausbildungsauftrag nicht mehr nachkommen. Wenn zum Beispiel ein „U 21“-Nationalspieler wie Jan Rosenthal, der morgen gegen Osterholz-Scharmbeck in der „Zweiten“ aushelfen wird, demnächst gegen Gegner wie Heeßel oder den SC Langenhagen spielen müsste, wäre die Aussagekraft für die Bundesliga gleich null. Oder andersherum: Wer in der 3. Liga 20 Tore schießt, dem sind vielleicht auch zwei Etagen höher ein paar Treffer zuzutrauen. Aber 20 Tore in der 5. Liga? Das sagt nicht viel aus über die Bundesligatauglichkeit.


Bei 96 sind alle alarmiert, das Rettungsprogramm läuft. Morgen werden neben Rosenthal aus dem Erstligakader auch Salvatore Zizzo und Gaétan Krebs zum Einsatz kommen, im Tor wird Richard Golz (453 Bundesligaspiele) stehen. 96 II muss irgendwie rauf auf Platz 6, bei noch acht Spielen ist die Aufholjagd nicht hoffnungslos. Dass es nach einer guten Hinrunde nun im Jahr 2008 nicht läuft, hat viele Gründe. Spieler wie Zizzo oder Krebs können besser spielen, als sie es in der Reserve oft getan haben; Bastian Schulz, überragender Mann der Hinrunde, läuft seiner Form nach zwei Bundesligaeinsätzen hinterher. Bei anderen Spielern laufen die Verträge aus; die Unsicherheit scheint einige zu lähmen. Der ständige Wechsel im Team macht das Schaffen einer harmonischen Mannschaft zudem schwer.


Klappt es nicht mit der 4. Liga, will Hecking „etwas Neues aufbauen“. Er weiß, dass er dann wieder beim Fundament anfangen muss.