Erfahrung weicht der Frische

Von Anika Falke
Karlsruhe. Im Kader stand er schon ein paar Mal, beim Spiel in Leverkusen wurde er in der 76. Minute für den am Oberschenkel verletzten Michael Tarnat eingewechselt: Ferhat Bikmaz kam gestern zu seinem ersten Einsatz in der Bundesliga. Normalerweise spricht man in so einem Fall gern davon, dass ein Spieler sein Debüt in Deutschlands höchster Spielklasse feiert. Aber zu feiern gab es gestern nicht viel. Als Bikmaz kam, war das Spiel bereits gelaufen, daran konnte der 20-Jährige trotz einer unaufgeregt-soliden Leistung bei seinem Kurzeinsatz nichts ändern. Zum Feiern war Bikmaz nach der Premiere allerdings nicht zumute – und irgendwie gelang es ihm, sich an den wartenden Journalisten und deren Fragen vorbeizumogeln.
Als Tarnat in der Schlussviertelstunde mit Muskelproblemen im linken Oberschenkel vom Feld musste, habe er die Optionen erwogen, sagte 96-Trainer Dieter Hecking. Eine Möglichkeit wäre auch gewesen, Christian Schulz nach hinten links zu ziehen und Dariusz Zuraw ins Spiel zu bringen. Schließlich habe er sich aber doch für Bikmaz entschieden: „Ich habe mir gedacht, ich werfe ihn einfach mal rein. Er zeigt zwar im Training noch ab und zu mal Schwächen, aber letztlich war die Zeit reif für ihn. Allerdings hätte ich ihm die Chance schon lieber bei einem 2:0 für uns gegeben“, erklärte Hecking.
Tarnat, den Bikmaz ablöste, hatte bis zu seiner Auswechslung eine weitgehend solide Vorstellung geboten. Lange präzise Pässe und ein oft ausgebufftes Zweikampfverhalten, in Sachen Routine ist der erfahrene Abwehrmann immer wieder auf Ballhöhe. Sein Manko ist die Schnelligkeit, im Spiel gestern war es mangelnde Entschlossenheit gegen Stefan Kießling, die schließlich zum ersten Gegentreffer führte.
Die Einwechslung von Bikmaz war also ein bisschen ein Tausch von Erfahrung gegen Frische – und ein Zukunftsmodell? Wenn Tarnat seine Karriere bei den „Roten“ beendet, könnte Bikmaz eine Lösung sein. Dauerhaft oder nur übergangsweise? Für den Posten des linken Außenverteidigers gibt es bei Hannover 96 auch den ambitionierten Junioren-Auswahlspieler Konstantin Rausch, der schon mit im Wintertrainingslager auf Teneriffa war und von Hecking bereits für Testspieleinsätze gelobt wurde. In der Bundesliga wartet der 17-Jährige allerdings weiter auf sein Debüt, bisher gab es nur den Platz auf der Ersatzbank.
Noch ist eigentlich Christian Schulz erste Wahl, wenn Tarnat ausfällt. Zwar kam Schulz als defensiver Mittelfeldmann nach Hannover, doch er kann auch „hinten links“, die Position, die er bei seinem ehemaligen Verein Werder Bremen über Jahre ausgefüllt hat. Aber es bleibt dabei: Mehr als eine Übergangslösung ist Schulz für die Abwehrkette nicht, er soll vor allem im Mittelfeld agieren.
Und dann ist da noch Sören Halfar, der zu Beginn der Saison nach Paderborn ausgeliehen wurde und dort zunächst in der 2. Bundesliga spielte. Inzwischen kickt Halfar mit der Paderborner Reserve in der 5. Liga. Keine guten Aussichten für ein Comeback in Hannover.