Neue perspektive im Niemandsland

Mach’s noch mal, 96: Gelingt ein weiterer Sieg gegen Werder Bremen, ist der UI-Cup wieder ganz nah



Von Volker Wiedersheim
Hannover. Ein bisschen Routine beim Saisonschlussspurt: 96-Trainer Dieter Hecking war am Mittwochabend beim Nordderby der Fußball-Bundesliga (siehe unten), um den nächsten Gegner der „Roten“ zu beobachten: Werder Bremen. „Keine neuen Erkenntnisse in Bezug auf uns“, vermeldete er nach der Partie, die der Gastgeber Hamburger SV verdient verloren habe. „Der HSV hatte nicht die richtigen Mittel, und Bremen ist eine der deutschen Topmannschaften.“ Es ist schon so: Wer die Grün-Weißen schlägt, darf stolz sein. So wie 96. Für Hecking ist das 4:3 der „Roten“ aus der Hinserie nach wie vor ein Höhepunkt der gesamten Bundesliga-Spielzeit. Er hält eine Wiederholung für möglich und findet deshalb, 96 habe im ausverkauften Weserstadion „ein richtig schönes Spiel vor der Brust“.

Wie schön das werden kann, das ergab sich zeitgleich zu Heckings Hamburg-Ausflug gut 400 Kilometer weiter südwestlich. Bayer Leverkusen verlor im Heimspiel gegen Hertha BSC Berlin (1:2). „Da kommt auf uns jetzt natürlich wieder die Frage zu: ,UI-Cup – ja oder nein?‘“, bemerkte Hecking. Vielleicht ein Hauch von Triumph, sicher aber die trotzige Genugtuung eines zu Unrecht Gerüffelten, schwangen in Heckings Stimme mit, als er gestern feststellte: „Ich freue mich, dass wir im ,Niemandsland‘ plötzlich doch noch eine Perspektive haben. Am 27. Spieltag hatte es geheißen, 96 kann die Saison beenden. Das kam nicht von uns, sondern von der Gegenseite“, grantelte er mit Blick auf überspitzte Medienberichte.

Das musste wohl einfach mal raus. Und so vermischte sich unversehens die Vorschau auf das Spiel gegen Bremen mit einer verkappten 96-Rückschau. Zwar haben die „Roten“ in einer Schwächephase nach dem Rückrundenstart den leicht erreichbar scheinenden Platz in einem europäischen Wettbewerb verspielt. Doch Hecking ärgert das nicht. „Ich glaube, dass das für die Entwicklung des Vereins und für die Mannschaft eine ganz, ganz wichtige Phase war. Wir haben dabei Dinge gelernt. Für uns als Verein, wie wir die Ruhe bewahrt haben: Das war etwas, was in Hannover vorher so nicht da war“, meinte der Trainer. Das spreche für die Arbeit „auch ganz oben“, aber auch mit der Mannschaft, wo die Phase sehr kritisch analysiert worden sei und dann die richtigen Schlüsse gezogen wurden. Schließlich haben sich die „Roten“ berappelt und sich noch einmal das Recht zu einer kleinen Liebelei mit dem UI-Cup und natürlich dem dafür wohl notwendigen Sieg in Bremen erarbeitet. Hecking will die Chance nutzen und fokussiert sich dabei auf Werders wunden Punkt: „Die haben Schwächen, das kann jeder am Torverhältnis sehen.“ Die sprichwörtliche Spielfreude hat Bremen 68 Tore beschert, doch die Kehrseite der offensiven Ausrichtung sind 44 Gegentreffer – viel mehr als bei den Tabellennachbarn. „Bremen wird zu Hause offensiv antreten. Und wir müssen das eindämmen und selber gut nach vorn spielen.“ Viele schauen dabei auf das direkte Duell des Deluxe-Dribblers Diego gegen den zuweilen als Zerstörer verschrienen 96er Altin Lala. Tatsächlich hängt viel davon ab, wer von den beiden den besseren Tag erwischt. Doch 90 Minuten Paarlauf sind nicht geplant. „Altin gibt den ersten Torschuss ab. Der soll nicht die ganze Zeit Diego hinterherlaufen“, kündigte Hecking schmunzelnd an. Der Trainer glaubt, von allen Konkurrenten den schwersten Gegner zu treffen. „Sollten wir aber wider Erwarten in Bremen drei Punkte machen, haben wir am letzten Spieltag alle Möglichkeiten.“