Eine völlig verkorkste Saison

Bei den stark abstiegsbedrohten Rostockern steht auch der an der Küste hofierte Trainer Frank Pagelsdorf in der Kritik



Von Kerstin Hebeler
Rostock. Es hatte etwas Mitleid erregendes, als HSV-Spieler Joris Mathijsen am vergangenen Sonnabend eine Flanke des Rostocker Kapitäns Enrico Kern ins eigene Tor lenkte und damit Hansa Rostock zumindest den Ehrentreffer bei der 1:3-Niederlage gegen den Hamburger SV schenkte. Mitleid erregend nicht für den klar dominierenden HSV, sondern für die konsternierten Gastgeber. Denn diese erweckten nicht den Anschein, als ob sie in dem für sie wegweisenden Spiel aus eigener Kraft zum Torerfolg gekommen wären. „Wir haben uns miserabel präsentiert“, gestand ein zerknirschter Torhüter Jörg Hahnel, der für den verletzten Stefan Wächter den Dienst verrichtete.

Mit der Niederlage gegen den HSV ist der Abstieg von Hansa Rostock kaum noch zu verhindern. Fünf Punkte trennen die Mannschaft als Tabellenletzter vom rettenden 15. Platz. Sie müsste die drei verbleibenden Spiele allesamt gewinnen, um den Klassenerhalt vielleicht noch erreichen zu können. Punkten die Rostocker heute nicht in Hannover, könnten sie bereits frühzeitig als Absteiger feststehen.

Es wäre irgendwie das passende Ende einer völlig verkorksten Saison des Aufsteigers mit einer überforderten Klubführung, einem offensichtlich ratlosen Trainer und einem eben doch nicht bundesligatauglichen Spielerkader. Zugute halten muss man den Rostockern, dass diese Probleme auch auf widrige äußere Umstände zurückzuführen sind. Das – nach den Worten von Aufsichtsratschef Horst Klinkmann – „Armenhaus der Liga“ hat mit 27 Millionen Euro den kleinsten Etat aller 18 Bundesligisten zur Verfügung, ein Leistungsträger wie Stefan Beinlich hat verletzungsbedingt kaum einmal gespielt und ein im Schlussverkauf angeheuerter Victor Agali war doch kein Schnäppchen, sondern mit bislang gerade einmal einem Treffer ein Totalausfall. Und mit Torhüter Stefan Wächter hat die Mannschaft ihren besten Mann durch Kreuzbandriss auf der Zielgeraden verloren.

Schon der Saisonstart war nicht nur wegen der Ausmusterung von Manager Stefan Studer eine Bruchlandung. Die Mannschaft verlor zu Beginn fünfmal in Folge und fing sich nur zwischenzeitlich. Seit Beginn der Rückrunde saust sie der 2. Liga im freien Fall entgegen. Eine verlässliche Stammformation hat Trainer Frank Pagelsdorf ebenso wenig gefunden wie ein brauchbares taktisches System. Offensichtlichstes Manko: Rostock erzielt keine Tore und erarbeitet sich auch kaum Chancen. Dass sich das heute Abend gegen Hannover 96 ändern wird, ist zweifelhaft, zumal Rostock stark ersatzgeschwächt antritt. „Noch sind drei Spiele zu absolvieren. Wir haben in dieser Saison schon dreimal in Folge gewonnen. Möglich ist alles“, sagt Trainer Frank Pagelsdorf. Es sind nur Durchhalteparolen.

Die Art und Weise, wie sich Hansa Rostock aus der Bundesliga verabschiedet, wird voraussichtlich die Zukunft des Cheftrainers mitbestimmen. Nach der Pleite gegen den HSV ist erstmals die Führungsriege vom an der Küste hofierten Pagelsdorf abgerückt, der einen Vertrag bis 2009 hat. „Bei einem Abstieg ist die Zukunft aller, die Verantwortung tragen, offen“, sagt Aufsichtsratschef Klinkmann. Und Klubchef Dirk Grabow, der unlängst Pagelsdorf eine Jobgarantie ausgestellt hatte, bekundet: „Die drei Spiele werden wir definitiv mit Frank Pagelsdorf zu Ende spielen. Danach werden wir die Saison analysieren.“