Die Jungs denken an mich

Enke über SMS aus Hannover, seinen Treueschwur und den Konkurrenzkampf



Von seiner Frau Teresa musste sich Robert Enke gestern Mittag verabschieden, sie flog nach Hannover. Die NP sprach mit dem 96-Torwart auf Mallorca über die Nationalmannschaft.

Wie haben Sie die Familientage mit Ihrer Frau hier empfunden?

Das war für die Stimmung sehr wichtig. Es war toll. Man hat sich untereinander kennengelernt, auch die Frauen. Jetzt hat man einen Cut. Die Arbeit auf dem Platz beginnt, und die ist sehr anstrengend. Da hat man vielleicht nicht mehr so viel Energie, sich um die Frauen zu kümmern, und muss eher einen ausgedehnten Mittagsschlaf machen.

René Adler hat gesagt, er wolle von Ihnen und Jens Lehmann lernen. Wie fühlt man sich als Lehrmeister?

Es geht für ihn, das war bei mir nicht anders, darum, das Torwarttraining mit dem Andy und die Arbeit mit den Fitnesstrainern kennenzulernen. Aber er wird sich schnell einfügen, das wird kein Problem. Ob ich ihm da noch so viele Tipps geben kann, ist die Frage. Er ist ja für sein Alter schon sehr weit.

Wie sehen Sie Ihre Position im Konkurrenzkampf?

Es gab zu dem Thema weder mit Andy Köpke noch mit Joachim Löw ein Gespräch darüber. Klar ist: Jens Lehmann startet aus der Pole-Position.

Und dahinter ist alles offen?

Das weiß ich nicht. Andy Köpke hat ja bei der Vorstellung gesagt, dass es keinen Grund gibt, die Reihenfolge Lehmann-Enke-Adler zu ändern. Allerdings weiß ich genau, dass man sich nicht eine Sekunde ausruhen darf. Jeder will auf die nächsthöhere Position. Deswegen werde ich in jeder Einheit topkonzentriert und motiviert zur Sache gehen. Bei Turnieren dürfen zwar alle auf die Bank, aber ich gehe schon davon aus, dass gesagt wird, wer reinkommt, wenn etwas passiert. Ich hoffe natürlich, dass ich das sein werde.

Ist es ein Handicap, dass Sie mit 96 nicht international spielen?

Wenn ich richtig rechne, spielt Leverkusen nächste Saison auch nicht im Europapokal. Daher besteht da Chancengleichheit mit René Adler. Ich habe es ohne internationale Spiele zurück in die Nationalelf geschafft, das Wichtigste ist, jede Woche Bundesliga zu spielen.

Sie hatten Kontakt zu Timo Hildebrand?

Ja, wir haben telefoniert. Wir waren ein paar Mal zusammen bei der Nationalmannschaft, und man kann einschätzen, was es für ihn bedeutet hat. Es war ein Schlag für ihn, er war vier Jahre immer dabei. Es ist schwierig, da die richtigen Worte zu finden. Aber ich hatte den Eindruck, er hat sich gefreut, dass man sich gemeldet hat.

Können Sie die Zeit hier bei dem Konkurrenzdruck überhaupt genießen?

Schon. Natürlich haben wir hier Top-Bedingungen, was das Hotel, das Wetter, den Trainingsplatz angeht. Aber ich genieße es auch einfach, auf diesem höchsten Niveau zu arbeiten mit den besten Spielern Deutschlands und mich auf so ein Highlight vorzubereiten. Ich kann das schon auch genießen, es gab ja auch andere Zeiten in meiner Karriere. Deswegen kann ich das sehr gut einschätzen und weiß das zu schätzen.

Sie haben den 96-Fans nach dem Saisonfinale ein Wiedersehen im August versprochen. Das wurde als Treueschwur interpretiert. War das richtig?

Es war vielleicht nicht plakativ und bewusst als Treueschwur gemeint. Aber so etwas sagt man auch nicht einfach so daher. Ich habe das in dem festen Glauben getan, dass es so sein wird. Es gibt keinen Ansatz dafür, dass es nicht so sein wird.

Haben Sie Kontakt zu 96-Spielern?

Ja, Mike Hanke hat mir gesimst, Hanno Balitsch auch. Mit dem Trainer werde ich auch telefonieren. Also: Die Jungs denken an mich.

In einer Umfrage nach dem Länderspiel in Österreich haben sich 60 Prozent der Teilnehmer für Sie als Nummer eins ausgesprochen. Was halten Sie davon?

Find ich gut. Nein, es gab so viele Umfragen, das kann man ja gar nicht mehr ernst nehmen. Es ist ja schön, wenn die Torwart-Position aufgewertet wird. Aber wenn vor der WM 2006 die erste Nachricht in der Tagesschau ist, wer die Nummer eins im Tor ist, dann passt irgendwas nicht. Fußball ist sehr wichtig, aber es gibt mit Sicherheit Wichtigeres.