Torwart Richard Golz im BILD-Interview
...über seine 21 Jahre Bundesliga



Von HEIKO NIEDDERER

Still und leise geht heute neben Olli Kahns eine weitere große Torwart-Karriere zu Ende. Richard Golz (39) beendet nach 452 Bundesliga-Spielen seine Laufbahn. Seit August 2006 war er Ersatzmann bei 96. In BILD spricht er über Tore, Tränen und Fehlgriffe in 21 Profi-Jahren.

Das Interview.

BILD: Herr Golz, als Sie anfingen als Profi, stand die Mauer noch...

Richard Golz: „Ja, unglaublich, oder? Ich komme ja aus Berlin. Als ich zum HSV gegangen bin, war die Mauer noch da. Jetzt ist das eine Weltstadt, die sich total verändert hat. Aber ich habe mich ja auch ein bißchen verändert...

BILD: Können Sie sich noch an Ihr allererstes Bundesliga-Spiel erinnern?

Golz: „Na klar, das war 1987 mit dem HSV gegen Schalke. Zur Halbzeit stand es noch 0:0, dann haben wir 5:2 gewonnen. Vor dem Spiel kam Harald Schumacher zu mir und sagte: ‚Viel Glück kann ich dir nicht wünschen, aber bleib gesund.‘ Das war schon ein toller Einstand.“

BILD: Dass Sie überhaupt als 19jähriger ihr Bundesliga-Debüt gaben, lag an Uli Stein...

Golz: „Stimmt! Er war erster Torwart. Eine Woche vorher war das Supercup-Finale gegen Bayern. In der 87. Minute haben die das 2:1 gemacht, und Stein hat Torschütze Jürgen Wegmann im Reflex plötzlich mit der Faust geschlagen. Danach wurde er beurlaubt.“

BILD: Der berühmte Stein-Schlag. Was haben Sie in der Szene gedacht?

Golz: „Ich habe es genau gesehen und gedacht: ‚Was hat der gemacht, der hat den ausgeknockt. Normal müsste ich mich jetzt fertig machen zum Spielen.‘ Ich habe aber erstmal nichts gemacht, habe einige Zeit gebraucht um das zu realisieren. Nach dem Spiel kam dann ein Bayern-Spieler zu mir und sagte: ‚So, jetzt bist du nächste Woche die Nummer 1.‘

BILD: Was war anders zu Beginn ihrer Karriere in den 80ern?

Golz: „Das war eine ganz andere Zeit. Als ich zum HSV kam, waren da Lichtgestalten wie Stein, Jakobs, von Heesen. Die waren gerade Pokalsieger geworden und hatten ein paar Jahre vorher den Landesmeister-Pokal geholt. Da war ich Lichtjahre entfernt. Damals gab‘s noch eine strengere Hierarchie. Da konnte man froh sein, wenn man im Bus sitzen durfte...“

BILD: Durfte man sich damals noch eher mal ein paar Bier nach dem Training genehmigen?

Golz: „Man hat sich zumindest nicht so Gedanken gemacht über Regeneration oder was man isst und trinkt. Es gab Zeiten, da waren 50 Prozent der HSV-Spieler Raucher. Heute wissen alle Spieler, dass der Körper ihr Kapital ist.“

BILD: Sie hatten 12 Trainer in Ihrer Karriere. Wer war der Beste?

Golz: „Ich habe von allen etwas gelernt. Anders als alle anderen war Volker Finke in Freiburg. Er war wirklich der Prototyp des Fußballlehrers. Bei ihm habe ich unheimlich viel gelernt, vor allem taktische Dinge.“

BILD: Und Frank Pagelsdorf? Er setzte Sie in Hamburg auf die Bank...

Golz: „Das lief von Anfang an nicht so gut. Wir hatten vorher unter Magath eine schlechte Rückrunde, ich selbst habe grausig gespielt. Pagelsdorf hat viele Dinge verändert, und dann kam Butt zum HSV, ich war plötzlich auf der Bank.“

BILD: Wie war das, den HSV dann Richtung Freiburg zu verlassen?

Golz: „Da war schon viel Wehmut dabei, ich war ja 13 Jahre da. Meine Frau war damals schwanger, ich bin nur mit ein paar Sachen mit dem Auto nach Freiburg gefahren. Auf der Fahrt habe ich die eine oder andere Träne vergossen. Da habe ich erst realisiert, dass es jetzt vorbei ist mit dem HSV.“

BILD: Sind Sie traurig, dass bei 96 kein Bundesliga-Spiel mehr dazu gekommen ist?

Golz: „Es ist schade, dass ich jetzt verletzt bin und so aufhören muss. Wobei ein Bundesliga-Einsatz ja auch eher statistischen Wert gehabt hätte, dann wäre ich wohl bei den ältesten Spielern weit vorn dabei. Ich hätte aber vor allem gerne die Saison in der zweiten Mannschaft zu Ende gespielt und den Regionalliga-Aufstieg klar gemacht.“

BILD: Was kommt jetzt nach der Karriere?

Golz: „Es gibt gerade konkrete Gespräche mit Hannover und dem HSV über eine Arbeit im Nachwuchsbereich. Als Torwart- und Assistenztrainer. Ich möchte jetzt auf jeden Fall direkt weiterarbeiten. Ich habe Angst davor, einen dicken Bauch zu bekommen wie andere Trainer...“

BILD: Neben Ihnen beendet auch ein weiterer Keeper heute seine Karriere...

Golz: „Ja, Oliver Kahn. Wir haben ja fast zeitgleich angefangen, ich habe viele Spiele gegen ihn gemacht. Er ist einer der ganz Großen. Er wird in einem Atemzug mit Rudi Völler oder Uwe Seeler genannt werden, vielleicht sogar irgendwann mit Lichtgestalt Franz Beckenbauer.“