Zurück in die Zukunft

96 zu Gast beim Vorbild-Verein Werder Bremen: Ismaël verspricht keinen Sieg, aber ein tolles Gefühl



Von Volker Wiedersheim

Hannover. Oh, Werder Bremen, du leuchtendes Vorbild!

Es gab beim Fußball-Bundesligisten Hannover 96 in dieser Saison kaum eine Woche, in der nicht irgendein prominenter „Roter“, allen voran Klubchef Martin Kind, das Loblied auf den Nord-Nachbarn sang. Attraktiver Angriffsfußball, zauberhafter Diego, ewig „roter“ Mertesacker, harmonisches Führungsduo Trainer Thomas Schaaf/Manager Klaus Allofs, das passt einfach. Ein bisschen würden die „Roten“ schon gern wie Werder werden.

So fährt der 96-Tross am heutigen Sonnabend (Anpfiff um 15.30 Uhr) nicht nur ins Weserstadion, um die minimale Chance auf den UI-Cup zu wahren. Die Reise zum Vorbild-Verein ist zugleich eine Erkundungstour in die eigene Zukunft – die für drei „Rote“ zugleich die Vergangenheit ist. Valérien Ismaël, Christian Schulz und Frank Fahrenhorst fahren also: zurück in die Zukunft.

„Le Chef“ Ismaël, der von den Bremern zunächst zum Rekordmeister Bayern München und schließlich weiter zu den 96ern wechselte, hat gemischte Gefühle vor der Wiederkehr ins Weserstadion. „Emotional nichts Besonderes“, sagt er.

Doch er erwartet auch, dass er „das Spiel sicher mehr genießen kann als den Besuch mit den Bayern“. Zwei Gastspiele des Rekordmeisters an der Weser verpasste er wegen Verletzungen. In der Saison nach dem Wechsel war er hingegen dabei. Es gab eine 0:3-Niederlage und als Dreingabe die übliche Reaktion der Fans, die einen der Ihren an die geliebt-gehassten Bayern verlieren: Pfiffe. „Dazu ist alles gesagt.“ Jetzt freut sich Ismaël auf die Rückkehr. „Das Weserstadion ist immer noch etwas Besonderes, denn da hat für mich alles angefangen.“ Gemeint ist der Start in der Bundesliga, wo er zuerst mit Werder Bremen und schließlich auch mit den Münchenern das Double von Meisterschaft und Pokalsieg schaffte.

Muss so einer nicht hadern, wenn er nicht mehr um Titel spielt, sondern sich für den UI-Cup krumm machen muss? Kein Spur davon, wenn Ismaël vom „richtigen Weg“ der 96er, von „Geduld als wichtigster Lektion“ und vom Schwung redet, den sich die „Roten“ im Werder-Spiel für die nächste Saison holen sollen. „Wir haben nichts zu verlieren und können doch sehr viel erreichen. Jeder muss begreifen, was für ein tolles Gefühl es ist, zum Saisonende nicht im Niemandsland zu verschwinden.“ Damit das klappt müssten die Bremer allerdings noch einmal so vorbildlich gegen 96 verlieren, wie es ihnen in der Hinserie gelungen ist: 4:3 stand es da am Ende in der AWD-Arena. Und wenigstens für einen kurzen Moment wären viele Bremer gern wie 96 gewesen.