Nach der EM Wettstreit mit Adler und Neuer



Robert Enke will sich bei den Positionskämpfen vor der EM als Nummer zwei im deutschen Tor gegen René Adler behaupten. Der 96-Star bewirbt sich damit auch schon um die Erbfolge von Jens Lehmann.

PALMA. Sie haben ihre von der langen Bundesliga-Saison doch etwas müden Muskeln gestern in dem mit Kunstrasen, Vorhängen und Fahnen aufgemöbelten Fitnessbereich des Estadio Son Moix getrimmt – und man darf sich ruhig vorstellen, dass René Adler und Robert Enke gegenseitig die physische Performance des Kontrahenten kritisch gemustert haben.

Enke hat es ja bei 96 als Vollzeitkraft auf 34 Bundesliga-Einsätze gebracht, Adler stand für Leverkusen 33-mal in der Liga sowie zehnmal im UEFA-Cup im Tor, was eine gewisse mentale wie körperliche Erschöpfung rechtfertigen würde. Jens Lehmann dagegen kam nach nur sieben Premier-League- und zwei Champions-League-Einsätzen recht ausgeruht nach Mallorca. Sie hatten ihn bei Arsenal schon in den Vorruhestand verabschiedet, in der DFB-Auswahl dagegen gibt der 38-Jährige den Seniorchef im Tor.

Lehmanns Position als Nummer eins bei der EM ist unumstritten. Dahinter allerdings muss Enke (30) den Angriff des jungen Hüpfers René Adler abwehren. Der 23-Jährige wird ja schon als „Mann der Zukunft“ gefeiert, in einer Medienkampagne wurde über prominente Fürsprecher wie Franz Beckenbauer vor der Nominierung des EM-Kaders eine starke Lobby für Adler aufgebaut.

Seine Berufung ist allerdings ebenso gerechtfertigt wie die von Enke und die Nichtberücksichtigung von Timo Hildebrand, der in Valencia wiederholt kleine Unsicherheiten zeigte. Die Bundesliga-Konkurrenten spielten beide eine starke Saison, wobei Adler sich mehrmals durch spektakuläre Paraden auszeichnen konnte, während Enke selten Gelegenheit dazu bekam und seinen Job im 96-Tor meist unaufgeregt, aber dadurch nicht schlechter versah.

Adler, dessen Entwicklung von BTT (Bundestorwarttrainer) Andreas Köpke wohlwollend begleitet wird, wurden zudem Wackler im Zuge der medialen Begeisterung um den neuen „Bundes-Adler“, wie er in der Leverkusener Mannschaft schon genannt wird, eher verziehen. Der Name wurde zur Vorlage, natürlich „fliegt keiner schöner“ als der Blondie vom Rhein.
Enke allerdings genießt als starke Persönlichkeit und wegen seines nahezu kompletten Torwart-Spiels als sprintstarker Ausputzer hinter der Abwehr und Souverän im Strafraum sowie auf der Torlinie trotz der vielen Gegentore bei 96 hohe Wertschätzung bei Joachim Löw.

Wenn Lehmann sich vor oder bei der EM verletzen sollte, gilt der 96-Liebling auch seiner Erfahrung wegen als erster Anwärter auf den Vertreter-Job.
„Robert Enke ist erstmal die Nummer zwei“, stellt NP-Kolumnist Fredi Bobic fest. „Wenn Robert gebraucht werden sollte, wird er voll da sein. Adler ist zunächst zum Kennenlernen und Reinschnuppern dabei.“
Wenn Lehmann seinen Rücktritt nicht plötzlich noch bis zur WM 2010 hinauszögern will, beginnt jedoch nach der EM ein neuer Wettstreit um die Nummer eins im DFB-Tor.

„Dann wird ganz neu gemischt“, glaubt Bobic. „Neben Enke und Adler wird Manuel Neuer dazukommen. Dann werden Löw und Köpke sehen wollen, wer sich am besten durchbeißen kann.“ Es werde kaum sofort die neue Nummer eins bestimmt, „es dürfte viel rotiert werden in den Länderspielen“, vermutet Bobic. „Da kann viel passieren.“
Eine Chance, die Enke nutzen sollte.