Ismaël blickt ernst drein und schweigt

Von Norbert Fettback
Hannover. An Valérien Ismaël kommt Hannover 96 eben nicht vorbei, wenn es gegen den FC Bayern München geht. Als Erster ist der Franzose sogar schon nominiert worden; er wird aus diesem Anlass sogar einen Auftritt an der Seite von Dieter Hecking haben. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Die Rede ist (noch) nicht vom Bundesligaspiel am Sonntag in der AWD-Arena, sondern von der Pressekonferenz, die der hannoversche Klub stets zwei Tage vor einem solchen Ereignis ansetzt. Ob Ismaël gegen seinen früheren Klub tatsächlich spielen wird, dürfte auch danach nicht viel klarer sein, so viel ist bereits sicher.
Trainer Dieter Hecking hat das Thema in den vergangenen zwei Tagen öffentlich links liegen lassen. Gestern hat er auf eine entsprechende Frage nur lapidar geantwortet, die Innenverteidigung werde auch am Sonntag von zwei Spielern gebildet. Ismaël, der nach seinem Wechsel aus München noch kein Pflichtspiel für die „Roten“ absolviert hat, sagte wiederum gar nichts, sondern verwies auf die heutige Pressekonferenz. Angesichts der kniffligen Situation eine deutlich klügere Reaktion als das offene Zurschautragen seiner Unzufriedenheit mit der Reservistenrolle wie beim jüngsten Heimspiel gegen den Karlsruher SC.
Wer Hecking kennt, der dürfte eine Ahnung davon haben, wie sehr ihm die Diskussionen darüber, ob Ismaël nun spielt oder nicht, aufs Gemüt schlägt. Gerade nach dem schlechten Auftritt seiner Mannschaft gegen den KSC und vor dem seit Langem mit Spannung erwarteten Gastspiel des FC Bayern hätte er Wichtigeres zu tun, als sich mit gekränkten Eitelkeiten eines Einzelnen zu beschäftigen. Mit dem Blick aufs große Ganze bei 96 muss sich der Fußballtrainer auch als Diplomat beweisen, ohne Grundsätze über Bord zu werfen.
Ismaël etwa hat er zu verstehen gegeben, dass er in keinen Spieler gleich das Vertrauen verliere nach einem schwächeren Spiel – und dem Franzosen zugleich klargemacht, dass dessen Zeit komme werde. „Ich werde diese Trainingswoche ganz genau beobachten“, sagte Hecking. „Das gilt auch für Vinicius und Frank Fahrenhorst.“ Und damit für die beiden, die sowohl gegen Hamburg als auch gegen Karlsruhe die Innenverteidigung bildeten, während Ismaël zuschauen musste.
Wer gestern Nachmittag genau hinsah, der konnte einen konzentrierten Vinicius erleben, dem nach einer tollen Aktion von Szabolcs Huszti (Hecking: „Das Gleiche gegen Willy Sagnol am Sonntag!“) ein Bilderbuchtor per Kopf gelang. Und wer genau hinschaute, der sah auch einen sehr ernst dreinblickenden Ismaël, der mit dieser und jener Aktion unzufrieden gewesen sein dürfte. Auch wenn die Fitnesswerte des 32-Jährigen inzwischen auf dem allgemeinen 96-Niveau sind: Viele Monate ohne Trainings- und Spielrhythmus sind offenbar nicht ohne Folgen.
Zur Erinnerung: In der Bundesliga hat Ismaël zuletzt am 15. April 2007 gespielt – gegen Bayern Leverkusen, als er in der 89. Minute eingewechselt wurde. Sein letzter Einsatz über die volle Distanz datiert vom 13. Mai 2006 (3:3 gegen Borussia Dortmund). Ob man ihm und vor allem 96 einen Gefallen tut, das Bundesliga-Comeback ausgerechnet gegen den FC Bayern zu geben, dürfte eine der kniffligsten Fragen sein, die Hecking seit seinem Amtsantritt in Hannover zu beantworten hat.