Hier spricht der Fan-Boss

Wolfsburg von der Tradition kein Derby +++ Fans haben andere Ansprüche als Kunden +++ 50 Stadionverbote ausgesprochen



Von HEIKO OSTENDORP

Seit Saisonbeginn ist Frank Watermann (43) der Chef der 96-Anhänger. Vorm Derby in Wolfsburg spricht der bei 96 angestellte Fan-Beauftragte im BILD-Interview über seinen Job, die Fan-Szene und die Stimmung in der AWD-Arena.

BILD: Wolfsburg für Sie ein besonders heißes Spiel?

Watermann: „Nein, nicht wirklich. Wir fahren zwar mit über 4000 Fans rüber, aber es ist nicht heißer als sonst. Für mich ist es auch eher geografisch ein Derby, nicht von der Tradition.“

BILD: Was hat sich seit Ihrem Dienstantritt geändert?

Watermann: „Durch mich ist der Kreis geschlossen. Es ist einer da, den die Fans immer ansprechen können, der sich um ihre Probleme kümmert und sie lösen kann.“

BILD: Was noch?

Watermann: „Die Fanrunde findet vierteljährlich statt. Wir fahren zu allen Auswärtsspielen der Nationalelf. Und das Verhältnis zwischen Mannschaft und Fans ist viel entspannter geworden.“

BILD: Zuletzt lief die Kampagne ‚Fans statt Kunde‘ als Reaktion auf eine Aussage von Martin Kind.

Watermann: „Jeder ist irgendwo Kunde. Aber als Fans haben wir andere Ansprüche, als ‚normale Kunden‘. Damit sollte man uns nicht vergleichen.“

BILD: Die Aussage von Trainer Dieter Hecking, demnächst hinter verschlossenen Türen zu trainieren, sorgte bei vielen für Unverständnis.

Watermann: „Ich kann es verstehen, wenn der Trainer hin und wieder mal ohne Zuschauer trainieren will. Ich habe bei meiner Arbeit auch keine Gäste, die mir über die Schulter gucken. Aber es sollte nicht generell so kommen.“

BILD: Wie beurteilen Sie die Fan-Szene allgemein?

Watermann: „Der Trend ist absolut positiv. Es gibt ein paar Randgruppen, die auf Gewalt aus sind – nicht nur in Hannover. Aber meiner Meinung nach muss man auf diese Leute zugehen und mit Repressionen vorgehen.“

BILD: Auch bei 96 sind Stadionverbote immer wieder ein Thema.

Watermann: „Wir haben derzeit rund 50 Stadionverbote, das ist unterm Durchschnitt. Aber man kann immer noch was verbessern.“

BILD: Zum Beispiel die Stimmung im Stadion?

Watermann: „Man kann keinen zwingen mitzusingen, das kommt auch immer aufs Spiel an. Aber ich bin mir sicher, dass wir in Zukunft noch mehr Stimmung von den Fans erwarten können.“

BILD: Was halten Sie von Stimmung über den Lautsprecher, wie es bei 96 schon mal getestet wurde?

Watermann: „Ich glaube, 96 hat es nicht nötig, über Lautsprecher künstlich Stimmung zu erzeugen.“

BILD: Ihre Meinung zu bengalischen Feuern?

Watermann: „Was Pyros oder Bengalos angeht, spreche ich mich ganz klar dagegen aus, da es die Gesundheit gefährden kann. Aber grundsätzlich kann man die Stimmung auch kaputt reglementieren.“

BILD: Wie mit dem drohenden Verbot der 96-Hymne „Alte Liebe“?

Watermann: „Es wäre schade, wenn ‚Alte Liebe‘ nicht mehr gespielt wird, es würde was fehlen. Es gehört einfach zu 96 dazu, allerdings auch nicht um jeden Preis.“

BILD: Mit „Shalala“ von Fury in the Slaughterhouse gibt es schon einen Ersatz...

Watermann: „Das ist nicht so mein Fall. Wenn man einen Ersatz finden will, sollte das in enger Absprache mit den Fans passieren.“