Eine kommentierte Übersicht
Zankapfel Preußenstadion und SCP: Das sagt der Oberbürgermeister Markus Lewe


von Carsten Schulte

Münster – Der SC Preußen Münster steckt in einer schwierigen Situation. Die neuen Stadion-Pläne haben alle bisherigen Planungen über den Haufen geworfen - und jetzt zu einem handfesten Parteien-Zoff geführt. Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) mischt kräftig mit...

Preußen Münster liefert perfekten November - Boden­haf­tung erwünscht Rein statis­tisch gesehen hätte Preußen Münster aus dem November 2016 nicht mehr heraus­holen können: Neun Punkte bedeuten das erreich­bare Maximum in der 3. Liga, dazu quali­fi­zierte sich der SCP mehr

Nach dem energischen Kurswechsel in Sachen Stadion, der durch die personellen Wechsel der vergangenen Tage noch zementiert wurde, hat der SC Preußen Münster sich in der Stadtpolitik nicht gerade beliebt gemacht. Scheinbar ruhig, wenngleich auch ausgesprochen zäh, arbeitete die Stadt derzeit noch an einem neuen Bebauungsplan für die Hammer Straße.

Der Klub allerdings hat hinter diesen "Sportpark Berg Fidel" einen Haken gemacht. Ein Stadionumbau an der Hammer Straße liegt auf Eis. Jetzt gilt nicht mehr Klein-Klein und behutsam, sondern forsch und groß. Die Hammer Straße ist zumindest für einen Stadionbau abgehakt, soll maximal Sitz des Vereins und Standort eines künftigen Nachwuchsleistungszentrums bleiben.

Über die Pläne kann ja durchaus abweichend diskutiert werden. Aber der Parteien-Zank, der sich daraus entwickelt hat, gehört in die Schublade "Wahlkampf auf schlechtem Niveau".

Denn mit Ruhm bekleckert hat sich ja keine Partei im Laufe der vergangenen 25 Jahre. Ungezählte Sitzungen im Haupt- und Finanzausschuss, quälende Ratsdebatten um jeden Euro, den die Stadt in ihre eigene Immobilie Preußenstadion stecken sollte. Und nie selten ging eine Entscheidung ohne Vorwürfe in Richtung SC Preußen ab.

Jetzt ließ Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) Dampf ab. Auf dem (ebenfalls stimmungsarmen) CDU-Parteitag habe Lewe die SPD vor einer "Legendenbildung" gewarnt und überdies indirekt Kritik an den Verein gerichtet. Wegen der Abkehr von den bisherigen Stadionplänen. So berichten es am Mittwoch die Westfälischen Nachrichten.

Mit dem alten Vorstand habe es eine klare Absprache über den Standort Hammer Straße gegeben.

Das ist ja richtig. Nur ist der alte Vorstand eben nicht mehr im Amt und daher sind Absprachen auch keine Absprachen mehr. Das mag ärgerlich sein und man kann über die Sinnhaftigkeit der neuen Pläne bestens streiten. Aber Tatsache ist, dass Absprachen mit nicht mehr amtierenden Personen in etwa so verlässlich und bindend sind wie Absprachen mit einem alten Stadtrat, der dann neu gewählt wird. Veränderte Realitäten nennt man das, eigentlich Alltag in der Politik. Wenn Lewe also an der Abkehr von alten Plänen Kritik übt, dann müsste er sich dringend die Frage stellen, wie verlässlich denn politische Beschlüsse aus früheren Stadträten waren.

Noch etwas dazu: Als der Preußen-Aufstieg 2011, übrigens gerne mitgefeiert von Münsters Politik (siehe Foto), zu einem Umbau-Druck führte und der SCP schnelle Hilfe in Sachen Flutlicht und Rasen benötigte, da wurde eine politische Debatte geführt, die mit "beschämend" noch höflich umschrieben wäre. Und der damalige Preußen-Präsident Dr. Marco de Angelis wurde von der Stadtpolitik nicht weniger als gezwungen, eine Standortfestlegung auf die Hammer Straße abzugeben. Der "Zwang" bestand damals aus der deutlich erkennbaren Haltung "warum sollen wir Geld ausgeben, wenn der Verein in fünf Jahren sowieso ausziehen will?". Unter Zeitdruck und weil schlicht überhaupt keine Alternative vorhanden war, legte sich der Klubvorstand auf die Hammer Straße fest.

Die Politik selbst hatte es jedem Investor schon lange vorher de facto unmöglich gemacht, sich zu engagieren. Der politische Wille war klar formuliert und beschlossen: 5 Millionen Euro für ein neues Stadion oder einen Stadionumbau, aber kein kostenloses Grundstück mehr. Das und auch die Erschließung müsste der Verein oder ein Investor übernehmen...

Die 5 Millionen musste der SCP 2008 in die neue Haupttribüne investieren und spätestens ab diesem Zeitpunkt war die Nieberdingstraße auch für die Stadtpolitik völlig uninteressant.

Nichts weiter als eine Floskel war das, was seitdem immer wieder erzählt wird: "Wir haben doch den Standort planerisch gesichert." Ja, genau. Weitestgehend wachsweich im Flächennutzungsplan. Und genau damit endete auch die Tätigkeit für dieses Areal. Die Stadt rührte keinen Finger mehr, um den Standort realistisch verfügbar zu machen. Im Gegenteil: Sie ließ sogar zu, dass Anwohner, Unternehmen und Behörden dort umfangreich sesshaft wurden.

Preußen Münster ist für die Stadt ein größeres Aushängeschild als der Prinzipalmarkt

Lewe bezieht sich auf die Aussage von Preußen-Präsident Christoph Strässer, der im Rahmen des Fanstammtisches gesagt hatte, bundesweit könnten mehr Menschen etwas mit dem SC Preußen Münster anfangen als mit dem Prinzipalmarkt. Das hört man als standort-bewusster Münsteraner nicht gern, aber das dürfte Realität sein. Ob Menschen in Frankfurt, Heidelberg, München wirklich mit dem Wort "Prinzipalmarkt" etwas anfangen können? Vermutlich erst, wenn man ihnen die üblichen Stimmungs-Bilder aus "Wilsberg" oder "Tatort" zeigt. Atmosphäre unter Giebeln. "Ach ja, der!" Aber die Chance, dass jemand den Fußballklub Preußen Münster kennt, ist ungleich größer. Weil der SC Preußen im Gegensatz zum Prinziparlmarkt jede Woche in Deutschland unterwegs ist.

An dieser Stelle erneut die Frage: Kennt der Oberbürgermeister (oder irgendwer sonst) eigentlich Mönchengladbach außer durch einen Fußballverein? Kaiserslautern? Hoffenheim? Wie wäre es mit Darmstadt oder mit Mainz? Würde er in einem Test die lokalen touristischen Aushängeschilder eher identifizieren als die heimischen Fußball-Klubs? Das ist übrigens auch eine einfache Kontrollfrage für jeden Fan.

Übrigens: Schon CDU-Amtsvorgänger Jörg Twenhöven sagte genau das. Dass "die Leute Preußen Münster besser kennen als den Prinzipalmarkt." (Minute 1:35)

Wenn also Lewe hier der SPD "mangelndes Verständnis [...] von Münsters Identität" vorwirft, dann müsste er es dem eigenen Parteimitglied und Vorgänger auch. Man nennt so etwas im Fußball auch Eigentor.

Der Parteien-Zank

Bemerkenswert heftig hatte schon Mitte November die CDU-Fraktion den SCP kritisiert. Der Verein müsse zu "Klarheit" zurückfinden. Das Thema Stadion sei kein "Wünsch dir was". Und das von einer Fraktion, die die Wiederreröffnung des früheren Bahnhaltepunktes "Preußenstadion" schon mal ohne jede planerische oder finanzielle Grundlage und ohne Anhörung der Deutschen Bahn im Rat beschließen lassen wollte.

"In Ruhe und Übersicht" wollte die CDU die Stadionfragen geklärt haben. Ruhe und Übersicht sind in etwa auch die Begriffe, die angesichts einer jahrzehntelangen ergebnislosen Stadiondiskussion sofort einfallen...

Derweil meldete sich CDU-Urgestein Ruprecht Polenz mehrfach zu Wort. Bemerkenswert seine Aussage: Der damalige Oberbürgermeister Jörg Twenhöven (CDU) habe vom Rathausbalkon gar kein neues Stadion versprochen. Stattdessen habe Twenhöven sinngemäß gerufen: "Ihr bekommt ein Stück für Stück umgebautes Stadion am alten Standort Hammer Straße, den wir mit Bedacht in eine moderne Arena verwandeln!" Vermutlich darüber hatte tausende und abertausende Preußenfans auf dem Prinzipalmarkt so gejubelt. Immerhin habe er, also Polenz, neben Twenhöven gestanden und könne sich daran erinnern.

Die SPD reagierte prompt. "Märchenerzählen" machte sie bei der CDU aus. Die habe sich um die Nieberdingstraße überhaupt nicht mehr gekümmert. Und habe zugleich an der Hammer Straße nur noch die notwendigsten Sanierungsarbeiten vorgenommen. Stichwort "mittelmäßig akzeptabel".

Woraufhin die CDU reagierte mit dem Hinweis, Wohnungsbau sei doch in Münster viel wichtiger als der SCP und sein Stadion. Plötzlich gilt der 2002 im Rat getroffene Beschluss, Grundstücke an der Nieberdingstraße zu erwerben, als "Verschleuderung" von städtischen Geldern.

Die CDU wolle sich angesichts der "Führungswirren" im Verein für einen zügigen Abschluss der Sanierung des alten Preußen-Stadions einsetzen. Was auch immer das heißen soll. Denn um eine "Sanierung" ging es ja bei den Absprachen mit dem alten Vorstand des SCP längst nicht mehr, sondern um einen Umbau in eine zweitliga-taugliche Arena.

Vielleicht hätte die CDU einfach der Stadtverwaltung etwas Beine machen müssen, die sich für den neuen Bebauungsplan "Sportpark Berg Fidel" am Ende über zweieinhalb Jahre Zeit gelassen haben wird. "Klientelpolitik" warf die CDU der SPD vor. Was die Frage aufwirft, welche Interessen die CDU hier wohl bedienen will.

Die SPD warf der CDU darauf hin vor, sich aus der "Sachdebatte" um die Zukunft des SCP zu verabschieden. Wobei angemerkt sei, dass es in den vergangenen Jahren selten eine Sachdebatte war, sondern eher eine um Befindlichkeiten und persönliche Vorlieben.


Quelle: www.westline.de