Anstrengender Kantersieg
Preußen Münster: Geführt, gejubelt, gewackelt, gewonnen

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Martin Kobylanski jubelt. (Foto: Schulte)

von Carsten Schulte

Münster – Zugegeben, das war am Ende ein bisschen seltsam. Ja, natürlich freute sich der SC Preußen Münster über drei wichtige Punkte gegen Energie Cottbus. Diesmal sogar "zu Null". Aber da waren eben auch noch viele Wackler im Spiel, vor allem in der zweiten Hälfte. Auch deswegen verfiel beim SCP niemand in allzugroße Jubelstimmung.
Erleichterung war aber zu spüren.

Es tat dem SC Preußen Münster so gut, mal selbst einem Spiel eine frühe Richtung zu geben. Wie oft hatten die Adler zuletzt nach Niederlagen sagen müssen, sie seien ja 40 Minuten, 60 Minuten gut im Spiel gewesen. Nun: Heute war es Gästetrainer Pele Wollitz, der nach dem Spiel etwas bitter anmerkte: "Auch wenn es nur drei Minuten waren: Wir sind gut ins Spiel gekommen."

Drei Minuten. Nicht einmal so lange dauerte es, ehe Martin Kobylanski fast lässig jubelnd Richtung Eckfahne rannte, die Arme breit ausgestreckt. Mit den Händen das Trikot runter, die Last abgewischt. Münster 1, Cottbus 0.

Ein Tor, das für Energie richtig bitter war. Eine Minute zuvor hatte sich Daniel Stanese mit René Klingenburg einen Press-Schlag geliefert. Klingenburg überstand das gut, Stanese musste verletzt raus - die erste Diagnose deutet eine schlimmere Verletzung an, wie Wollitz später bemerkte. Und eben jener Stanese hatte in der Szene danach schlichtweg keinen Stand mehr, um Martin Kobylanski zu stellen. Rufat Dadashov hatte ihn mit einem rasant ausgeführten Einwurf in Szene gesetzt, Kobylanski behielt die Ruhe, setzte den Ball knackig neben den linken Pfosten.

Das ging schnell, das ging wie ein Sturm über Cottbus hinweg. Und das löste spürbar auch einige Verkrampfungen beim SCP. Kaum war der Jubel verklungen, da war wieder Kobylanski im Blick. Sein Pass zu Fabian Menig war klasse, doch der ließ sich dann zu weit abdrängen. Keine weitere Gefahr.

Münster war spürbar motiviert, setzte nach und Cottbus früh unter Druck. Das Ergebnis? Klingenburgs weiter Ball auf Tobias Rühle kam im perfekten Moment, kein Abseits. Rühle mit Volldampf Richtung Avdo Spahic, dann mit der prima Ablage auf Kobylanski, der zum 2:0. Alles klar? So einfach, wenn es denn läuft. Fast der identische Jubel, die gleiche Stelle, ein Jubel im Doppelpack. Das schöne Déjà-vu, das der SCP an diesem Abend erleben konnte.

Mit der Führung stellte sich der SCP fast automatisch etwas tiefer auf und setzte von dort aus die Nadelstiche. Cottbus reagierte genervt, auf der Bank der Gäste herrschte in dieser Phase reichlich Unruhe. Es flogen Flasche, es wurden Stühle umgetreten. Richtig miese Laune bei den Gästen. Die berappelten sich aber auf dem Feld langsam. Es war kein Spiel der großen Torchancen. Mehr eine Partie, die um jeden Zentimeter umkämpft war.

Beispielhaft Niklas Heidemann, der einen gefährlich Ball fast artistisch in letzter Sekunde raustrat. Dann sprang Streli Mamba unter einer weiten Hereingabe von rechts vorbei. Dann blockte Simon Scherder stark gegen einen Schuss des eingewechselten Kevin Weidlich. Solche Szenen hatten Vorrang, Torchancen eher nicht. In den Minuten vor der Pause war es aber eher Cottbus, das noch einmal deutlich zulegte: Erst wehrte Schulze Niehues richtig stark ab, dann köpfte Kapitän Marc Stein frei am Pfosten vorbei. Der SCP in dieser Phase vor dem Pfiff mit etwas Glück.



Die zweite Halbzeit darf mit Fug und Recht als zerfahren bezeichnet werden. Aber der SCP gestaltete sie für sich selbst eigentlich gut. Cottbus hatte sich viel vorgenommen, aber leistete sich ein überflüssiges Foulspiel im Halbfeld. Freistoß für den SCP nach Foulspiel an Rühle, eine Sache für Martin Kobylanski. Eine scharfe Hereingabe von links, am kurzen Pfosten durfte sich plötzlich Jannik Borgmann austoben - und der verlängerte den Ball prima zum 3:0. Was für ein Auftakt!

Cottbus' Pläne damit natürlich umgestoßen. Aus dem A-Block der Haupttribüne begannen die fast üblichen "Wollitz-raus"-Rufe. Ein Spaß, den sich die Fans dort jedesmal machen, wenn der frühere Osnabrücker Trainer mit irgendeinem Team in Münster vorbeischaut.

Das Tor war allerdings auch irgendwie der Schlusspunkt auf das Spiel des SCP. Fast bis zum Ende drängte Cottbus in die Preußen-Hälfte, fast alles spielte sich vor der verlassenen Westkurve ab. Münster geriet unter Druck, was dem Trainer missfiel. "Das wird so in Rostock wieder nicht reichen", kritisierte er das Verhalten des Teams. "Wir müssen schauen, dass wir da wieder in Ballbesitz kommen. Du musst es nach einem 3:0 dem Gegner weiter schwer machen - und das hat mir nicht gefallen."

Immerhin: Der SCP hielt die Null am Ende. "Das tat natürlich gut", so Antwerpen. Aber es wirkte eben auch phasenweise arg hektisch, was der SCP da insgesamt ablieferte.

Vor 6.800 Zuschauern gab es eigentlich bis in die Schlussphase keine Preußen-Chance mehr. Erst nach 87 Minuten bekam der gerade eingewechselte und lange verletzte Philipp Müller noch die schöne Chance zum 4:0. Aber sein Schuss landete in den Armen von Spahic.

Allerdings war auch Cottbus nicht wirklich torgefährlich. Eine Chance gab es nur nach 61 Minuten - aber die hatte es in sich! Maximilian Zimmer zog aus 15 Metern ab, aber Max Schulze Niehues riss die Arme hoch und klatschte den Ball ab. Eine starke Parade, hier hielt der Keeper die Null fest.

Das war es nach echten Chancen. Aber es war nicht die letzte Szene. Die hatte Simon Scherder, der sich nach zwei eigentlich überflüssigen Fouls kurz vor Ende die Gelb-Rote Karte abholte. Er wird in Rostock wieder fehlen. Ein Wermutstropfen in einem Spiel, das ansonsten für den SCP insgesamt ein Ansporn sein sollte.

Geführt, gejubelt, dann in der zweiten Halbzeit gewackelt, aber doch gewonnen. Das verschafft Luft für Dienstagabend.


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