11 Saisontore - und Teamgeist pur
Adriano Grimaldi: Preußen Münster hat wieder einen Leitwolf

von Jan Ahlers

Münster – Im zweiten Heimspiel in Serie lieferte Adriano Grimaldi nicht nur eine bärenstarke, sondern eine alle anderen überragende Leistung ab. Lange fieberte der Deutsch-Italiener auf diese verletzungsfreie Phase hin, nun erweist er sich mehr und mehr als Spieler der Rückrunde. Trainer Benno Möhlmann sieht allerdings weiteres Verbesserungspotenzial.

Einige Zeit lang wurde im SCP-Umfeld den alten Preußen-Recken förmlich hinterhergetrauert, mit denen sich noch jeder identifizieren konnte: Daniel Masuch, Jens Truckenbrod, Stefan Kühne – Münster hatte gleich mehrere Führungspersönlichkeiten im Team, war erfahren und willensstark zugleich. Nun fällt es gar nicht so leicht, sich mit neuen Gesichtern vertraut zu machen, neue Persönlichkeiten als Anführer zu akzeptieren.

Adriano Grimaldi ist seit der Übernahme der Kapitänsbinde erster Ansprechpartner und untermauert das mit Leistung. Zwei Tore und zwei Vorlagen waren es gegen Fortuna Köln, zwei Tore und eine Vorbereitung gegen den FSV Zwickau: Werte, die lange kein Adlerträger mehr vorgelegt hatte, weil Stürmer meist auf das Toreschießen und alle anderen allenfalls auf das Servieren der Treffer spezialisiert waren. Aber ein Spieler, der sich Bälle erobert, vorlegt und eiskalt abschließt? Grimaldi ist vielseitig und hat seinen früheren Ruf als Chancentod längst abgelegt.

Grimaldi zwischen Bescheidenheit und Understatement

„Das Wetter war geil, das volle Stadion war geil, die Stimmung ebenso – es gab so viele positive Voraussetzungen, da mussten wir uns mit unserem Spiel förmlich anschließen“, freute sich Grimaldi nach Abpfiff und verdeutlichte: „Wir haben es geschafft, aus unserem Zuhause eine Festung zu machen. Das wird uns auch so schnell nicht mehr genommen.“ Seine persönliche Leistung hing er nicht die große Glocke: „Manchmal steht ein Stürmer da, wo er stehen muss – aktuell habe ich wohl einfach den Riecher dafür.“ Nach teils sehenswert erzielten Toren befand sich diese Aussage schon nah am Understatement.

Dabei verlief der Weg von Grimaldi nicht völlig störungsfrei. Ein Jahr lang kämpfte der 26-Jährige immer wieder mit kleineren und größeren Verletzungen, die ihn bis Anfang 2017 zurückwarfen. Auch musste er sich nach einem Interview vor dem Derby gegen seinen Ex-Verein VfL Osnabrück, das dessen positive Zeit bei den Lila-Weißen thematisierte, kritische Banner gefallen lassen. Grimaldi ließ sich nicht beirren und unterstrich am Sonntag durch das Feiern auf dem Zaun: Ich bin Preuße durch und durch.

Weckrufe nach Enttäuschungen - "ein Bierchen" für den Klassenerhalt

Und wie wird nun der Klassenerhalt gefeiert? „Wir werden uns nicht bis zum Tode besaufen, jeder darf sich aber ein Bierchen gönnen. Wir haben den Verbleib am Ende souverän geschafft, das ist wahrlich nicht schlecht – auch wenn viele gerne mehr wollen, höhere Ziele ansetzen.“

Grimaldi selbst hatte etwa nach den Auswärtsspielen in Osnabrück oder Mainz noch entnervt kundgetan: So funktioniert es nicht! Umso größer ist die Erleichterung, "dass wir als Team die Kurve bekommen haben. Für mich war das 1:1 in Unterzahl gegen Halle der wichtigste Moment", erzählte der Mannschaftsführer. Seine Weckrufe hatten offenbar gefruchtet.

Langfristige Bindung wäre ein Glücksfall

Trainer Benno Möhlmann lobte seinen Kapitän derweil ebenso, merkte parallel aber an: „In den Auswärtsspielen vermisse ich diese Leistung bisher noch, da verspringen ihm die Bälle auch mal etwas weiter.“ Dass Preußen Münster, dieses in der Hinrunde noch gesichtslose Team, auch durch Grimaldis Mitwirken zueinandergefunden hat, ist dennoch nicht von der Hand zu weisen.

Obgleich der Vertrag von Grimaldi noch bis 2018 läuft, sollte sich Münster bald erste Gedanken über eine vorzeitige Verlängerung machen - auch wenn diese nicht günstig ausfallen wird. Adriano Grimaldi hat das Potenzial, den Status eines Fabian Klos bei Arminia Bielefeld oder eines Anton Fink beim Chemnitzer FC zu erreichen. Diesen Spieler langfristig zu binden, kann sich über kurz oder lang als ein echter Glücksfall für den SC Preußen erweisen.


Quelle: www.westline.de