Für Preußens Zukunft hängt fast alles am erhofften Stadion-Neubau

Münster - Nun ist die siebte Drittliga-Saison des SC Preußen in Folge Geschichte. Wieder einmal lieferte Münster zwei ziemlich unterschiedliche Halbserien, eine sehr mäßige erste, eine erfrischende zweite. Das ist gar nicht so ungewöhnlich, ruft an der Hammer Straße aber regelmäßig Erinnerungen und teils sogar Kopfschütteln hervor. Von Thomas Rellmann

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Das Stadion an der Hammer Straße ist seit 1926 Heimat des SC Preußen. Bleibt das auf Sicht so, muss der Verein neue Wege generieren, um finanzielle Mittel zu finden. Foto: Uwe Renners

Der Traum von der 2. Liga ließ sich seit 2011 nicht erfüllen. Das führt zu Lethargie, zu Unmut, vor allem aber zu nachlassendem Zuschauerinteresse. So gering wie diesmal war der Zuspruch (6634 im Schnitt) noch nie. Alles schon mal da gewesen, die Besucherzahlen sinken von Jahr zu Jahr, diesmal sogar rapide.

Dabei gibt es etliche vergleichbare Clubs, die gerne mit dem SCP tauschen würden. Die, die zuletzt abgestürzt sind (Chemnitzer FC, RW Erfurt, Stuttgarter Kickers) oder die, die seit Jahren vergeblich versuchen, wieder heranzurücken (RW Essen, RW Oberhausen, Alemannia Aachen, Kickers Offenbach, Viktoria Köln, SV Elversberg). Auch unter den Meistern und Relegationsteilnehmern der Regionalliga (unter anderem 1. FC Saarbrücken, Waldhof Mannheim, 1860 München, Energie Cottbus, KFC Uerdingen) wird es wieder Tränen geben.

Husarenritt möglich

Wie lange die Preußen den Status quo noch wahren können, steht in den Sternen. Natürlich kann mal ein Husarenritt ohne prominente Namen und große Investitionen gelingen, wie es vereinzelte Zweitliga-Aufsteiger vormachten. Doch die Wahrscheinlichkeit ist auch mit einem innovativen Coach wie Marco Antwerpen und einem stimmigen Kollektiv wie der aktuellen Truppe nicht gerade riesig. Dass es bei ähnlichen oder gar besseren Voraussetzungen auch in die andere Richtung gehen kann, musste der allseits anerkannte Vorgänger Benno Möhlmann nach starker Rückrunde und dem folgenden Absturz erkennen.

Was beide Trainer eint: Sie waren in der Hoffnung in ihre erste eigens vorbereitete Saison gegangen, den Kader signifikant verstärken zu dürfen. Beide Mal wurden sie enttäuscht. Kein Geld für begehrte Profis – also ist Improvisation gefragt. Die Krux: Zwar hat die Ausgliederung im Januar geklappt, und die Schulden des e.V. sollen in Kürze verschwinden (die Umwandlung der Darlehen in Anteile für die Kreditgeber aus den Gremien war bisher formal nicht möglich), doch der Wohlstand ist längst nicht ausgebrochen.

Hauptsponsor gesucht

Eher im Gegenteil. Ein neuer Hauptsponsor ist noch nicht gefunden und wird sich auch nie dem Betrag nähern, den bisher Tuja zahlte (mindestens 750 000 Euro pro Saison, liga-üblich sind etwa 300 000). „Ich bin trotzdem zuversichtlich in diesem Punkt“, sagte Vorstandsmitglied Bernhard Niewöhner. Gefordert ist gerade Vermarkter Lagardere.

Dazu kommt die unendliche Stadiongeschichte. Bösensell ist als neuer Standort auserkoren. Dass die Preußen auch dort auf Widerstand treffen, lässt sich schon an den Reaktionen ablesen, nachdem Präsident Christoph Strässer eigentlich ganz harmlos von „positiven Signalen der Ratsfraktionen“ berichtet hatte. Bis Ende des Jahres, so Aufsichtsratschef Frank Westermann, sollen Fakten geschaffen werden. Ob bis dahin grünes Licht leuchtet? Offen. Ein Schwebezustand, wie so vieles.

Steht und fällt mit Seinsch

Kommt keine neue Arena, wird es ungleich schwerer, Investoren für die GmbH & Co. KGaA zu finden. Denn hier steht und fällt alles mit Aufsichtsratsmitglied Walther Seinsch, der mindestens für die Akquise zuständig ist und ohne Bau-Auftrag keine Versprechungen gemacht hat und machen wird. „Für ein neues Stadion braucht man aber auch eine attraktive Mannschaft“, wirbt Sportdirektor Malte Metzelder.

Er verbreitet immerhin dezenten Optimismus mit Blick nach Bösensell. „Es ist ein zartes Gebilde, aber es geht voran. Wir sehen gute Ansätze.“ Alle Seiten, also die Politik aus Senden und Münster sowie der SCP, haben sich, so Metzelder, verständigt, nur noch nach außen zu gehen, wenn es Fakten gibt.

Komplizierte Zeiten

Es bleiben komplizierte Zeiten für das Bundesliga-Gründungsmitglied. Der Schlüssel liegt irgendwo zwischen A 43, Bahnstrecke und Albachten. Die Forderungen der Mehrheitsparteien in Münster nach einem Bekenntnis pro Hammer Straße ohne nennenswerte Zusicherungen sind für den Club fast Randaspekte in dieser Debatte. Und auch der Support-Stopp der aktiven Fan­szene (keine Gesänge mehr) nach der Ausgliederung beschäftigt viele.

Wenigstens die Mannschaft machte zuletzt Spaß, in ihr stecken viele gute Typen, eine Portion Lokalpower und durchaus Qualität. Optimisten träumen daher von einer Saison, wie sie der SC Paderborn hinlegte. Dann würde der Zuschauerschnitt sicher in die Höhe schnellen, selbst die Stadionneubau-Befürworter bekämen zusätzliche Argumente. All das ist leichter gesagt als getan.


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