Kommentar
Preußen Münster und die AfD - soll der Verein politisch sein?

von Carsten Schulte

Münster – Kurz vor dem Abflug ins Trainingslager hat sich der SC Preußen Münster noch fix eine politische "Debatte" eingehandelt. Auslöser war ein energisches "Nein, Danke" in Richtung der AfD Münster. Haltung zeigte der Klub und das darf er auch.

Am Samstagmittag hatte der SC Preußen Münster via Twitter ein kleines Bild versendet. Ein kurzer Gruß vor der Abfahrt ins sonnige Trainingslager. Eine kleine Sonne darin, die spanische Flagge, alles ganz entspannt.

Dann kam die AfD Münster, in der Vergangenheit in Sachen Preußen Münster vollständig unauffällig, auf die Idee, diesen Tweet weiterzuleiten. Soweit ein ganz normaler Vorgang auf Twitter. Beiträge werden "geliked" und "retweetet". Davon lebt die Plattform und darin besteht ja auch der Reiz.

Aber wie das so ist: Fans kann man sich nicht aussuchen, aber man muss sie nicht mögen. Dem SCP passten diese Fans nicht und daher schrieb der Klub eine höfliche, aber bestimmte Antwort:

Auf manche Likes & Retweets können wir gerne verzichten @AfD_Muenster - Eure Politik passt nicht zu unserem SCP! #dankeaberneindanke

Erwähnen sollte man in diesem Zusammenhang, dass der SC Preußen die AfD nicht exklusiv kritisiert hatte. In der Vergangenheit hatte der Klub seine Kanäle in sozialen Medien immer wieder genutzt, um sich gegen Rassismus und gegen Homophobie zu wenden. Darin wird eine innere Überzeugung deutlich, die der AfD fremd ist, die sie aber ebenso aushalten muss wie die Gesellschaft selbst wohl eine Partei wie die AfD.

Es wurde einer der meistbeachteten Tweets des Vereins, wenn nicht DER meistbeachtete. Bis zum frühen Samstagabend erhielt der Beitrag weit über 900 "Herzchen" und wurde über 250-mal geteilt. Viele Fans anderer Vereine schickten dem SCP ein paar Herzchen für diese Haltung.

Nur der AfD Münster gefiel das nicht. Die Partei erhält nun Aufmerksamkeit, die ihr in Münster ansonsten fast vollständig abgeht - und freut sich darüber diebisch. Vor die Wahl gestellt, diese Aufmerksamkeit weiter zu fördern oder zu schweigen, sollte man ruhig Stellung beziehen.

Die AfD und ihre "Politiker" vertreten nachweislich anti-demokratische Haltungen. Das gilt nicht für jedes einzelne Mitglied, aber für die Gesamtheit der Partei. Ihre Mitglieder sind nicht selten am weit rechten Rand des politischen Spektrums zu verorten. Populistische Hetze und Angstmacherei gegen Minderheiten gehören zum normalen Umgangston. "Wir werden Preussen06 zum Dank für die uns verschaffte Aufmerksamkeit jetzt täglich retweeten" schrieb die Partei in freudiger Erregung. Dabei hatte die AfD das intellektuelle Niveau dieser Mini-Debatte selbst tiefer gelegt.

Die Reaktion der AfD auf Preußen Münsters ursprünglichen Tweet war bezeichnend genug. Als Grund für die "Überreaktion" des Klubs verwies die AfD kruderweise auf einen mittlerweile selbst weit über drei Jahre alten Tweet um den heutigen Preußen-Präsidenten. Der stand 2013 mit vielen anderen wegen des Pädophilie-Themas in der Kritik* - und zwar wegen Diskussionen vor 36 Jahren.

Soweit verständlich? Weil Strässer vor 36 Jahren etwas Dummes gesagt oder geschrieben hatte, sei der SC Preußen Münster heute nicht gut auf die AfD zu sprechen... Wer darin eine Logik erkennt, wählt AfD.

Darf ein Verein sich also politisch positionieren? Nein, er darf nicht.

Er sollte.

Er muss es vielleicht sogar.

Fußball gilt - trotz aller Probleme - als übergreifender Sport, als verbindendes Element quer durch soziale Schichten. Die Vielfalt wohnt dem Fußball inne, ohne sie wäre der Fußball trostlos. Auf den Rängen des Stadions herrscht deswegen kein Friede-Freude-Eierkuchen, aber ein grundlegender Konsens.

Die AfD probt derweil bekannte Diskussionsmasche. Sie tarnt sich als Opfer und kreischt "Ausgrenzung!".

O-Ton: Ihr spaltet! Meinungsvielfalt sieht anders aus! Ihr grenzt damit andersdenkende Preussen-Fans aus!

Es sei den Damen und Herren der Partei vielleicht noch einmal erklärt: Der SCP sperrt euch nicht aus. Ihr könnt Fans bleiben, wie ihr wollt. Sogar den Eintritt im Preußenstadion könnt ihr zahlen und euch über Tore freuen. Das hält der Fußball nämlich aus.

Der SC Preußen widerspricht aber euren kruden Haltungen, eurer politischen Überzeugung, eurer menschenverachtenden Einstellung. Das ist genau diese Freiheit der Gedanken, die ihr sonst immer für euch reklamiert.

Und wenn es so etwas wie schlüssiges Handeln gibt, dann ist ja viel interessanter, wie die AfD ihrerseits mit Kritik umgeht: Viele jener Nutzer, die sich dem Tweet des SC Preußen Münster anschlossen, wurden von der AfD Münster nun blockiert und aus der Diskussion geworfen.

Es ist halt immer problematisch, wenn man sich demaskiert und als das sichtbar wird, was man in Wirklichkeit ist: das Gegenteil von offen und freundlich. Und das kann man gar nicht oft genug sagen, schon gar nicht als Fußballverein.


Quelle: www.westline.de