Der Auswärtssieg

Preußen Münster: Verdammt abgezockt und effizient

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Das 4:1. (Foto: Andy Bünning)

von Carsten Schulte

Rostock – Nach dem 4:1 des SC Preußen Münster bei Hansa Rostock beherrscht Rufat Dadashov naturgemäß die Schlagzeilen. Kein Wortspiel, das jetzt nicht gefunden würde, um die drei Tore des früheren Berliners zu feiern. Dabei war es ein rundum starker Auftritt des SCP.

Es gab im Spiel der Preußen diese Phase zu Beginn der zweiten Halbzeit. Münster hatte seine rasend schnelle Führung mit einem starken Auftritt bis zur Pause routiniert durchgebracht. Nach dem Wechsel kehrte Hansa mit dem spürbar großen Willen auf den Platz, die Sache zu drehen. So läuft das eben, wenn eine Mannschaft im Rückstand eh nichts mehr verlieren kann, aber viel gewinnen. Plötzlich stand der SCP unter Dauerdruck, ein ums andere Mal segelte der Ball Richtung Strafraum. Soukou, Breier, Bülow... auf den Rängen hofften und träumen die rund 12.000 Zuschauer von einer Aufholjagd.

Aber tatsächlich fischte Max Schulze Niehues im Preußentor alles weg, was wirklich notwendig war. Den Rest übernahm die Abwehrkette und zur Not auch mal der Stürmer Rufat Dadashov. Ob Rostock ohne den Handelfmeter noch ein Tor erzielt hätte? Das ist eine müßige Frage, aber so wurde das Spiel nach 60 Minuten wirklich heiß. Zwar war Schulze Niehues auch am Soukou-Schuss noch dran, aber nicht mehr mit genug (Hand-)Fläche und Kraft. Anschlusstor, neue Hoffnung.

Nun: Es kam die Szene, die irgendwie sinnbildlich stand für die Leistung des Teams an diesem Abend. Lion Schweers mit seinem langen Einwurf in die Mitte, Jannik Borgmann mit einer irgendwie typisch "verstaksten" Kopfballweiterlage, am langen Pfosten lauerte Dadashov und hämmerte das Ding kompromisslos zum 3:1 ins Tor.

Den Rostockern war der Zahn gezogen. Die Drangphase, 20 Minuten, war schlagartig beendet. Es war, als hätte der SCP die Luft aus dem Spielball gelassen.

Bis zum Schlusspfiff bekam Rostock nur noch eine wirklich heiße Szene, aber da scheiterte Biankadi am starken "MSN" im Preußentor. Sonst war nicht mehr viel.

Nach dem Spiel sprach Pavel Dotchev davon, dass Hansa wohl die besseren Chancen gehabt habe. Da unterschlug der ehemalige Preuße wohl die vier Tore der Adler geflissentlich komplett und vergaß auch die Großchance von Kevin Rodrigues Pires nach 73 Minuten. Toll freigespielt von Menig, starker Schuss, aber leider auch eine starke Parade von FCH-Keeper Gelios.

Aus Sicht der Preußen war das Sahnehäubchen der Spurt von Lucas Cueto, der nach Kobylanskis starkem Anspiel den Turbo wie am ersten Spieltag in Köln anwarf - und sich selbst mit dem starken Tor zum 4:1 belohnte. Tunnel für den Gegenspieler inklusive. Da war die Partie längst gelaufen, aber die Szene zeigte, wie sich der SCP in dieses Spiel warf.

Und was war passiert? Letztlich war der SCP genauso aufgetreten wie in vielen Spielen zuvor. Nur dass er die Zahl der individuellen Fehler am Dienstagabend auf einem extrem niedrigen Niveau hielt. Und dass er seine Chancen schon in der starken Anfangsphase humorlos, rigoros, kompromisslos nutzte.

Es stimmt durchaus, was Trainer Marco Antwerpen später in der Pressekonferenz sagte. Es war über Phasen ein Spiel, das so oder so hätte kippen können. Oder "enger" war, als es das 4:1 am Ende aussagt. Aber der Eindruck etwas weiter von der Trainerbank entfernt war eben auch, dass sich Rostock trotz aller Bemühungen am SCP einfach die Zähne ausbiss. Dass da wenig zu machen war an diesem Dienstagabend.

Rostock wollte dem starken Mittelfeld der Preußen mit einem ähnlich starken Bollwerk entgegensetzen. Aber das wirkte nicht wie erwartet. Stattdessen entpuppte sich die stabile Abwehrarbeit der Preußen als Sieggarant (neben der abgezockten Chancenverwertung von Dadashov, natürlich). Weil hinten keine Tore aus dem Spiel fielen, musste der SCP nicht einem Rückstand hinterherlaufen.

Niklas Heidemann und Fabian Menig waren beide beteiligt an Toren und unterstrichen ihre Wichtigkeit für das Offensivspiel. Rodrigues Pires war vielleicht nicht der auffälligste Spieler, aber beweglich, anspielbar und später auch an Chancen beteiligt. Martin Kobylanski traf diesmal nicht selbst, brachte aber die Bälle zum Mann und legte später das letzte Tor vor.

Jannik Borgmann wächst sichtlich mit seinen Aufgaben und lernt in jedem Spiel etwas dazu. Seine Körpergröße macht ihn bei Standards immer wichtiger - nicht zufällig traf er gegen Cottbus und war in Rostock am 3:1 beteiligt. Lion Schweers räumte mit Ole Kittner ab. Und ja: Rufat Dadashov erfüllt immer mehr die Erwartungen, die das Trainerteam an ihn richtet.

Die englische Woche hat für den SCP ideal begonnen. Sieben Tore in zwei Spielen sind irgendwie überraschend, nachdem der SCP zuvor in drei Spielen nur einmal getroffen hatte. Aber eben auch typisch für diese Liga. Wie hatte Dotchev die Leistung der Preußen genannt? Robust und schnörkellos. Genau das fordert das Trainerteam stets von der Mannschaft, und genau dies hat sie fast perfekt umgesetzt. Die Grundlage für den Auswärtssieg.


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