Preußen-Aufsichtsratschef Westermann: „Wir sind nicht geneigt, aufzugeben“

Münster -
Wie geht es weiter am Standort Berg Fidel? Ist ein Neubau in Bösensell theoretisch denkbar? Wie schlecht geht es Preußen Münster finanziell? Wann kommt die Ausgliederung? Warum braucht es jetzt den Derbysieg? Antworten auf diese Fragen lieferte Aufsichtsratschef Frank Westermann im Interview.

Von Thomas Rellmann

In der Woche vor einem Derby zwischen Preußen Münster und VfL Osnabrück hat es oft in besonderem Maße geknistert in der Stadt. Vor dem Evergreen am Samstag (14 Uhr) ist das etwas anders. Das liegt weniger am Absturz der beiden Mannschaften in den Tabellenkeller, sondern zumindest beim SCP an den komplizierten außersportlichen Problemfeldern: Stadion, Finanzen, Ausgliederung. Den Stand der Dinge hat der Aufsichtsratsvorsitzende Frank Westermann im Gespräch mit unserem Redaktionsmitglied Thomas Rellmann in aller Klarheit offengelegt.

Ihr Sportchef Malte Metzelder hat es schon betont: Trainer Benno Möhlmann steht trotz Krise nicht zur Debatte. Deckt sich das mit Ihrer Wahrnehmung?

Westermann: Ja, er hat unser komplettes Vertrauen. Wir werden versuchen, die Dinge gemeinsam zu lösen.

Sie und Präsident Christoph Strässer kommen aus fußballfremden Bereichen. Auf wessen Urteil verlassen Sie sich?

Westermann: Malte Metzelder steht an der operativen Spitze eines Gremiums mit Bernhard Niewöhner aus dem Vorstand sowie Christoph Metzelder, Jochen Terhaar und Walther Seinsch aus dem Aufsichtsrat. Auch in sie besitzen wir beide absolutes Vertrauen.

Stichwort Seinsch. Er kam als Hoffnungsträger, tritt aktuell aber kaum auf.

Westermann: Am Donnerstag haben wir eine Sitzung mit beiden Gremien, auch mit ihm. Dabei geht es aber nicht um den Coach. Generell war es so festgelegt, dass Walther Seinsch sich im Hintergrund hält. Er ist aber über jeden einzelnen Schritt im Bilde. Nur die Gespräche mit der Verwaltung, den Institutionen, die langwierigen Diskussionen erspart er sich – die sind auch mühsam.

Stattdessen stehen auch Sie dort in erster Reihe. Was sind die nächsten Schritte in puncto Stadion?

Westermann: Zunächst war auch ich letzte Woche irritiert, dass der Bebauungsplan Hammer Straße frühestens im Frühjahr 2018 greifen soll. Den Standort müssen wir ja natürlich im Auge behalten vor dem Hintergrund der Aussagen aus der Ratsmehrheit, dass die von uns und der Verwaltung identifizierten Grundstücke in Münster nicht weiterverfolgt werden sollen. Die Sanierungsoption müssen wir uns offen halten, doch der Zeitplan wurde ja so oft verschoben – da habe ich inzwischen auch die Bedenken, dass das Vorhaben mit juristischen Problemen behaftet ist mit Blick auf das Wasserschutzgebiet. Da wird taktiert, das ist eine Katastrophe für präzise Planungen. Wir sind da mit Verzögerungsmechanismen konfrontiert.

Also raus aus Münster und knapp hinter die Stadtgrenze nach Bösensell?

Westermann: Wir sind jetzt erst recht gezwungen, den Nahbereich der Stadt in die Prüfung einzubeziehen. Die Zusammenarbeit mit der Verwaltung war konstruktiv, das Ergebnis ist aber frus­trierend. Zumal die Zahlendarstellung der Politik zur Parkplatzgestaltung sachfremd und fehlerhaft war. Also ja, das ist eine sehr ernsthafte Option.

Wie bedroht ist der Verein durch die unklare Lage?

Westermann: Ernsthaft, sofern wir keine adäquate Spielstätte finden. Ohne eine zumindest zweitligataugliche Vermarktungsmöglichkeit ist keine Perspektive gegeben. Das ist die einhellige Meinung aller Kompetenzträger aus der Branche. Und wie sollen wir denn bei den Fragezeichen zur Hammer Straße planen?

Das Stadionthema betrifft die Zukunft. Ganz akut sind die Vereinssäckel aber auch leer. Die Lizenzierung gelang erst mit viel Mühe, es fehlte Geld für späte Transfers. Wie schlecht geht es dem SCP denn wirklich?

Westermann: Am Donnerstag wird auch das ein Thema sein. Hans-Jürgen Eidecker als neuer Mann und Martin Jostmeier aus dem Vorstand sind da sehr tief in der Prüfung. In ein, zwei Wochen soll der Abschlussbericht für die Saison 2016/17 vorliegen, dann haben wir Klarheit, dann werden wir präzise Stellung nehmen können. Der Ablauf der jetzigen Spielzeit ist gesichert, aber unsere beiden Spezialisten werden auch die Jahre zuvor sehr genau auswerten, auch mit Blick auf die notwendige Ausgliederungsbilanz.

Trotzdem bleibt die Frage, wie aus dem in den ersten drei, vier Drittliga-Jahren gesunden Club danach ein Sorgenkind werden konnte.

Westermann: Zuletzt hat der DFB die Planzahlen neu und restriktiv ausgelegt. Daher mussten wir bei der Lizenzierung nachlegen. Die 3. Liga ist ein riesiges Problem in ihrer Wirtschaftlichkeit, das haben auch unsere Vorgänger erkannt. Klar ist, dass wir eine andere wirtschaftliche Basis finden müssen für die Zukunft. Und dass wir die interne Absprache einhalten und nur ausgeben, was vorhanden ist. Die Grundlage dafür ist, unabhängig vom Stadion die Ausgliederung der Profi-Sparte.

Wie gut liegen Sie dafür im Zeitplan?

Westermann: Am Montag hatten wir hierzu eine Zwischenbesprechung. Die Wirtschaftsprüfer von KPMG, mit denen wir zusammenwirken, haben den Stand der Dinge erläutert und erste Schritte eingeleitet. Sie arbeiten auf höchstem Niveau und haben auch schon andere Vereine begleitet. Ende 2017, Anfang 2018 soll es so weit sein. Das ist sportlich, aber wir werden alle Abläufe transparent machen. Die GmbH & Co. KGaA wäre für unseren Verein die richtige Form. Der SCP bliebe zu 100 Prozent Gesellschafter der Komplentär-GmbH. Zu dem Thema haben wir auch interessante Ansätze mit dem Fanprojekt besprochen, die berücksichtigt werden sollen.

Genau dieser Dachverband der Anhänger beklagte zuletzt aber auch fehlende Kommunikation, gerade mit Blick auf Sanktionen in der Kurve ...

Westermann: Diese Themen behandelt Siggi Höing aus dem Präsidium, da bin ich der falsche Ansprechpartner. Ich kann nur sagen, dass die Gespräche mit den Fan-Vertretern sehr vernünftig gelaufen sind.

Vorletzter gegen Viertletzter: Derby zwischen Preußen und Osnabrück wird zum Krisengipfel
Der Stadion-Neubau steht in den Sternen, für die Ausgliederung brauchen Sie das Votum der Mitglieder, die fehlenden Gelder machten die Kaderplanung sehr schwer, die Mannschaft steht auf einem Abstiegsplatz. Kommt da bei Ihnen und Ihren Mitstreitern ab und an der Gedanke auf, alles hinzuschmeißen?

Westermann: Klares Nein! Egal, ob Ehemalige, Sponsoren, Unterstützer – es bringt nichts, irgendwelche Gräben aufzureißen. Intern haben wir ein sehr homogenes Team mit vernünftigen, sachlichen, kompetenten Leuten. Es macht Freude. Wer Preußen im Herzen hat, muss sich mit dem Club positiv auseinandersetzen. Wir sind überhaupt nicht geneigt, aufzugeben, sondern bitten vielmehr die Öffentlichkeit um mehr Unterstützung für unsere Idee und unseren Club.

Am Samstag erleben Sie Ihr erstes Derby als SCP-Funktionär im eigenen Stadion. Spüren Sie so etwas wie Vorfreude?

Westermann: Durchaus. Diesmal muss es klick machen. Wir brauchen jetzt so ein Spiel wie gegen den FSV Frankfurt in diesem Frühjahr. Mit dem späten Tor zum 2:1 damals hat die Mannschaft das Blatt zum Guten gewendet.

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