Marco Streller: «Ich leide selber am meisten»


Basel trifft im 2. Cup-Halbfinal auf YB. Unter Druck steht Marco Streller, der erst drei Saisontore erzielt hat. Der Stürmer wird nun selbst von eigenen Fans kritisiert.


Unter Druck: Marco Streller traf in dieser Saison erst drei Mal.
Marco Streller, im letzten Heimspiel des FC Basel gegen Xamax gab es für Sie Pfiffe von einem Teil des eigenen Publikums. Polarisieren Sie inzwischen sogar in Ihrer Heimat?
Ich glaube nicht, dass die Leute gegen mich sind. Sie bringen einfach ihre Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck, dass ich die Tore nicht erziele. Immerhin habe ich die Muttenzer Kurve auf meiner Seite. (Pause) Ich leide ja selber am meisten darunter, dass ich nicht wie gewünscht treffe. Aber die Hauptsache bleibt an solchen Abenden immer der Sieg.

Trotzdem: Drei Saisontore können nicht Ihr Anspruch sein.
Auf keinen Fall! Aber es geht schnell: Wenn ich wieder treffe, ist auch die Welt automatisch wieder in Ordnung.

Kommen gelegentlich Zweifel auf?
Ein Stürmer darf nicht zweifeln. Gut, mit 20 Jahren habe ich mir vor dem Tor vielleicht weniger Gedanken gemacht. Jetzt und besonders nach einer längeren Phase ohne Treffer überlegt man wahrscheinlich schon etwas mehr im gegnerischen Strafraum. Das ändert nichts daran, dass man als Stürmer in erster Linie an Treffern gemessen wird.

Als die Schweizer Fans Sie vor der Euro 08 im Spiel gegen Liechtenstein auspfiffen, reagierten Sie überaus heftig und kündigten Ihren Rücktritt aus dem Nationalteam an. Können Sie heute besser einstecken?
Mir ist noch bewusster geworden, wie schnell es rauf und runter geht. Nehmen wir andere Beispiele, einen Kuranyi bei Schalke, einen Gomez in Stuttgart: Heute werden sie vergöttert, morgen ausgebuht. Wenn ich für die Mannschaft Druck auf mich nehmen kann, tue ich das gerne. Ich bin stark genug dafür.

Aber ein Fussballer möchte auch Applaus bekommen. Wann dürfen Sie sich wieder feiern lassen?
Es gibt eine Gerechtigkeit, und ich bin überzeugt, für den FC Basel noch in dieser Saison Entscheidendes vollbringen zu können. Nach jedem Tiefschlag ist es bis jetzt wieder aufwärtsgegangen. Ich fühle mich körperlich gut, laufe viel und habe grosse Lust auf Fussball.

Vor dem gegnerischen Tor aber fehlt mir die Sicherheit, aber die kann ganz sicher nicht über Nacht einfach verschwunden sein.

Trainer Christian Gross setzte bislang auf Sie und nicht auf Eren Derdiyok. Können Sie nachvollziehen, wenn dadurch Unverständnis aufkommt?
Der Trainer hat seine Gründe, warum er wie aufstellt, warum er wie spielen lässt. Ausserdem weiss ich - auch aus meiner Zeit in Stuttgart - dass Meister wird, wer über Spieler verfügt, die ihre zugeteilten Rollen akzeptieren. Und wer letztendlich eine stark besetzte Bank besitzt. Im Dreikampf in der Super League wird das nicht anders sein.

YB verfügt über eine sehr starke Bank.
Basel auch.

Wer hat die bessere?
Die Young Boys haben extrem gute Möglichkeiten, wenn es darum geht, im Lauf eines Spiels die Offensive zu verstärken. Aufs Ganze gesehen glaube ich aber, dass alles sehr ausgeglichen ist. Auch Zürich hat sich wieder gefangen. Am Ende werden Nuancen entscheiden.

Wie wichtig ist der Cup für den FCB?
Unser Ziel ist wieder das Double.

Dass Basel auf dem ungeliebten Kunstrasen in Bern antreten muss . . .
. . . es bringt nichts, sich über dieses Thema weiter auszulassen. Aber klar ist: Wenn wir Cupsieger werden, kann uns niemand vorwerfen, dass wir ihn nicht verdient haben. Wir mussten in diesem Wettbewerb immer auswärts antreten.

Sie haben nach Ihrer Rückkehr aus Stuttgart zum FCB im Sommer 2007 erklärt, mit den Baslern Grosses erreichen zu wollen. Wie weit sind Sie mit dem Vorhaben?
Ein Double ist bereits geschafft, jetzt soll das Gleiche noch einmal erreicht werden. Zusammen mit der Qualifikation für die Champions League wäre das die erfolgreichste Zeit des FCB. Ich habe den Ehrgeiz, dass man von dieser Ära später noch reden wird.

Haben in Ihrer aktuellen Situation Gedanken ans Nationalteam überhaupt noch Platz?
Ein Ziel ist und bleibt es zurückzukehren. Wenn ich wieder dabei bin, dann zuerst wohl als Joker. Alex Frei und Blaise Nkufo sind zweifellos zu Recht gesetzt.


FCB-Fan kasch nid wärde, FCB-Fan das muesch syy