29.03.2010 |

FCB schlägt club-unabhängigen TV-Richter und Professionalisierung des Verfahrens vor Der FC Basel 1893 wird innerhalb der „Swiss Football League“ mit einem entsprechenden Vorstoss innert möglichst baldiger Frist eine Änderung bei den Besetzungsmodalitäten des Einzelrichters der Kommission „Disziplinarrichter im Spielbetriebswesen“, im Volksmund „TV-Richter“ genannt, anstreben. Zusätzlich wird der FCB eine angemessene Professionalisierung und Neuregelung dieses Verfahrens verlangen.

Anzeige Der FCB vertritt die Meinung, dass die Position dieses Einzelrichters, der aufgrund von TV-Bildern Unsportlichkeiten, die vom Schiedsrichter während des Spiels nicht erkannt wurden, nachträglich ahnden kann, künftig zwingend durch eine „clubneutrale“ Persönlichkeit besetzt sein muss. Das Amt des Einzelrichters soll demnach nicht mehr durch eine von einem Verein der „Swiss Football League“ (SFL) gestellte Persönlichkeit oder durch einen Richter besetzt werden können, der nachweislich in direkter Verbindung mit einem Verein der Liga steht.



Der FCB macht diesen Vorstoss zur Verbesserung der Glaubwürdigkeit der äusserst delikaten Verfahren und Urteile, in denen sich ein Richter an die Stelle des an sich auf dem Feld allein entscheidenden Schiedsrichters setzt. Ausserdem geht es auch um den Schutz der Person des Richters und des fairen sportlichen Wettbewerbs in der Liga. Konkret veranlasst sieht sich der FCB zu dieser Initiative, weil es seiner Ansicht nach nicht tragbar ist, wenn ein einem Verein nahe stehender Richter in alleiniger Instanz einen Spieler eines direkten Ligakonkurrenten mit Sperren belegen kann. Diese aktuelle Praxis widerspricht nach Meinung des FCB den Regeln, wonach die Unbefangenheit einer Strafbehörde ohne Abstriche gewährleistet sein muss.



Jüngstes Beispiel ist das Verfahren, das TV-Richter Urs Studer dieser Tage gegen den FCB-Spieler Valentin Stocker aufgrund zweier Szenen im Spiel des FCB vom 21. März 2010 in St. Gallen eingeleitet hat. Urs Studer ist Einzelrichter, seit er 2003 von den Berner Young Boys für dieses Amt portiert wurde. Damit ist die unerwünschte Konstellation eingetreten, wonach Disziplinarrichter Studer, der auch in der offiziellen Adressliste der SFL explizit dem BSC Young Boys zugeordnet wird, einen Spieler des unmittelbaren Konkurrenten mit Spielsperren belegen kann oder soll.



Bereits vor dem „Fall Stocker“ hatte Urs Studer nach dem Auswärtssieg des FCB gegen Neuchâtel Xamax vom 14. Februar 2010 den FCB informiert, dass er ein Disziplinarverfahren gegen den FCB-Spieler David Abraham eröffnet habe. Darauf hat der FCB in seiner Stellungnahme den TV-Richter sowie den Vorsitzenden der Disziplinarkommission davon in Kenntnis gesetzt, dass das Intervenieren nicht nur in der Sache unrichtig sei, weil dadurch die SFL-Reglemente und die Vorgaben der FIFA zum TV-Beweis nicht beachtet würden. Vielmehr machte der FCB die Verbandsrichter auch darauf aufmerksam, dass das ohnehin sportlich und rechtlich ausgesprochen delikate Eingreifen in die Spielleitungskompetenz des Schiedsrichters durch einen Richter aufgrund von TV-Bildern auf keinen Fall durch eine Person erfolgen dürfe, die den verfassungsmässigen Anforderungen an die richterliche Unbefangenheit nicht genügen könne. TV-Richter Studer ist nämlich in bisher allen Disziplinarverfahren, die Spieler der Young Boys betrafen, völlig zu recht wegen Befangenheit in Ausstand getreten. Damit hat er selbst seine mangelnde Unabhängigkeit in jenen Fällen zum Ausdruck gebracht, die Spieler des direkten Konkurrenten um den Meistertitel betreffen.



Der FC Basel 1893 wird aus den geschilderten Gründen auch im aktuellen Verfahren gegen seinen Spieler Stocker den Ausstand des TV-Richters wegen Befangenheit verlangen. In der Sache vertraut der FCB darauf, dass der Verband und die Disziplinarrichter nach Berücksichtigung aller Beweise genügend Bewusstsein für die rechtlichen und faktischen Aspekte des „Falls Stocker“ entwickeln und davon absehen, den Spieler Stocker für die fraglichen Zweikampfszenen, die als Tatsachenentscheid des Schiedsrichters zu gelten haben, mittels Sperren zu bestrafen.



Zusammenfassend will der FCB, der dezidiert die Meinung vertritt, wonach der sportliche Wettbewerb auf dem Feld ausgetragen werden soll, folgende Revisionen der Reglemente vorschlagen:



•Der Einzelrichter muss eine clubneutrale Person sein und sich in aller Deutlichkeit an die auch von staatlichen Gerichten geltenden Ausstandsregeln halten.
•Ein Verfahren darf künftig nur innerhalb einer zeitlichen Frist von maximal 24 Stunden nach Abschluss eines Spieltages eröffnet werden. Diese Änderung soll in Kraft gesetzt werden, nachdem auch im Fall Stocker der FCB zum wiederholten Mal erst fünf Tage nach einem Ereignis zu einer Stellungnahme aufgefordert und damit das Verfahren eingeleitet wurde. Die aktuell viel zu lange Fünftagefrist, die erst ab Kenntnisnahme zu laufen beginnt, fördert das höchst unsympathische Denunziantentum und die Beeinflussung des Richters durch die mediale Berichterstattung.
•Der Einzelrichter darf ausschliesslich und strikte nur diejenigen Fälle grob unsportlichen Verhaltens beurteilen, die eindeutig und nachweislich vom Schiedsrichter nicht gesehen werden konnten. Erst mir der konsequenten Beschränkung von TV-Urteilen auf solche Fälle hält sich der Einzelrichter an die Vorgaben der FIFA, wonach Tatsachenentscheide des Schiedsrichters unumstösslich sind.
•Der Einzelrichter ist erst nach Abschluss eines Verfahrens befugt, den Medien Auskunft zum Fall zu geben. Dies regt der FCB an, nachdem sich der Einzelrichter in verschiedenen Fällen, die keineswegs nur den FCB betrafen, während eines laufenden Verfahrens ohne Not in den Medien geäussert hat, zum Teil zum Gegenstand selbst, zum Teil bereits vor der Urteilssprechung über allfällige Sanktionen. Diese Kommunikationspraxis widerspricht den fundamentalen Grundsätzen einer unabhängigen Rechtssprechung.
Der FCB betont dabei, dass er mit diesen Vorstössen in keiner Weise die Integrität des aktuellen Einzelrichters anzweifelt. Vielmehr geht es dem FCB einzig darum, in der Verbandsrechtsprechung eine minimale Professionalisierung zu erreichen und in den beanstandeten Punkten eine Neuregelung der Verfahren zu verlangen.


fcb.ch


FCB-Fan kasch nid wärde, FCB-Fan das muesch syy