«CAPTAIN? ICH WÄRE BEREIT FÜR DIESES AMT»



Matias Delgado sieht auch ohne Streller, Frei und Schär genug Leader beim FC Basel

Von Marcel Rohr, Rottach-Egern

Ein Gespräch auf Deutsch? Matias Delgado lächelt verlegen und signalisiert zuerst: lieber nicht. Dann legt er trotzdem los und zirkelt die ersten Sätze auf Hochdeutsch wie Freistösse um eine Mauer. «Zweimal pro Woche gehe ich nach dem Training in den Unterricht. Ich kann Italienisch, Spanisch, Englisch… aber nichts ist so schwer wie dieses Deutsch, heieiei.»

In der Kabine, das betont der Spielmacher, sei es unmöglich, Deutsch zu reden, «das Sprachenwirrwarr unter den Mitspielern ist zu gross. Aber wenn der neue Trainer deutsch redet, verstehen wir das alle.»

Der neue Trainer beim FC Basel heisst Urs Fischer und sucht Leader. Nach den Abgängen von Marco Streller, Fabian Frei und Fabian Schär muss möglichst schnell eine neue Hierarchie wachsen. Mitentscheidend dabei ist die Wahl des Captains. Matias Delgado sagt: «Ich würde dieses Amt übernehmen. Ja, ich bin bereit dazu.»

Das sind Worte eines Anführers. Als Captain war «MED» (Matias Emilio Delgado) in der abgelaufenen Spielzeit die Nummer drei hinter Streller und Frei. Als Kumpel und Mitspieler wird der Argentinier von allen hochgeschätzt – aber reicht das, um die Mannschaft eine ganze Saison lang zu führen?

Picasso unter Anstreichern

Delgado ist einer der besten Spielmacher, die der Schweizer Fussball je gesehen hat. Er haut nie auf den Ball, er streichelt ihn. Er hat immer eine Idee, er sieht immer einen Mitspieler, genau wie Hakan Yakin früher. Delgado ist der Picasso unter Anstreichern, ein Genie.

Aber selbst ein Genie hat Schwächen. Bei Delgado sind es die Laufwege im Mittelfeld, die Meter zwischen den Strafräumen, die sich in der zweiten Halbzeit mitunter lang wie Autobahnen anfühlen können. Wie sagte Urs Fischer am Sonntag zur BaZ? «Freunde, Fussball ist ein Laufspiel. Auf gehts!»

MED lehnt sich in seinem Polster­sessel im Mannschaftshotel zurück und lächelt. Er kennt diese Diskussionen, er weiss um seine Schwächen. Die biologische Uhr tickt unerbittlich in seinem Körper. Ticktack, ticktack, im Dezember wird er 33. Marco Streller beschloss in diesem Alter, seine Karriere zu beenden. Er wollte durch die grosse Türe in den Sonnenuntergang.

Delgado sagt: «Im Kopf bin ich sogar noch besser als früher.» Früher: Das war seine erste Zeit in Basel, zwischen 2003 und 2006. Als er die Liga mit Zuckerpässen und Traumtoren verzauberte, ehe es ihn zu Besiktas Istanbul verschlug. Dort war er zu Beginn der Saison 2008/2009 sogar Captain, aber am Ende passte es nicht mehr in der Türkei.

Die drei Jahre in der Wüste bei Al-Jazira in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) waren etwas vom Besten in seinem Leben – ausserhalb des Fussballplatzes. «Du gehst an den Strand, bist entspannt. Kannst gut essen, gut trinken. Richtiges Leben.» Der Clubfussball dagegen war Mickey Mouse. Nichts für ehrgeizige Picassos wie ihn.

Viel besser als unter Yakin

Seit zwei Jahren ist er zurück in Basel. Das erste Jahr unter Murat Yakin war eines zum Vergessen. Der Trainer wusste nicht wohin mit ihm, also blieb meistens nur die Bank. Das zweite Jahr unter Paulo Sousa dagegen war gut, «phasenweise sogar sehr gut, ich war viel besser als unter Murat Yakin». Die Statistik untermauert diesen Satz. 34 Wettbewerbsspiele, 1937 Minuten, 10 Tore, 10 Assists.

Nur in der Champions League spielte er keine Rolle. Da hatte es keinen Platz für den Ballstreichler, Paulo Sousa bevorzugte andere auf der Spielmacher-Position. «Das hat unglaublich wehgetan», erinnert sich Delgado, «aber die Jungs haben sehr gut gespielt ohne mich.»

Wie hat Urs Fischer gesagt? «Ein Captain muss die Mehrheit der Spiele machen, sonst ist das unglaubwürdig.» Es gibt andere im Team, die sportlich unbestrittener wären als Delgado: Tomas Vaclik, der Keeper. Marek Suchy, der beinharte Verteidiger. Taulant Xhaka, der kleine Kämpfer. Oder Behrang Safari, ein weiterer Wortführer.

«Ich finde, wir haben immer noch genug Leader im Team, auch ohne Pipi Streller», sagt Delgado noch und erwähnt Walter Samuel. Und schiebt nach: «Ein Leader ist einer, der auf dem Platz den Ball will, immer!» Eine Captainbinde allein macht keinen Leader. Er muss den Ball wollen.»

Delgado liebt den Ball. Er will ihn immer, Laufwege hin oder her. «Fussball ist mein Leben. Ich geniesse jede Sekunde auf dem Platz.» Bis 2017 läuft sein Vertrag. Vielleicht werden es zwei Jahre als neuer Captain. Delgado ist bereit dazu.


baz.ch


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