FREUD UND LEID GANZ NAH BEIEINANDER


Derlis Gonzalez gewinnt mit Paraguay gegen Brasilien – verliert aber seinen Onkel

Concepcion (Chile). Was für ein bewegender Abend für Derlis Gonzalez, was für ein Wechselbad der Gefühle. Der Paraguayer war in der Viertelfinal-Partie der Copa America gegen Brasilien der entscheidende Mann auf dem Platz und führte sein Land zum überraschenden 5:4 (1:1, 0:1)-Triumph nach Elfmeterschiessen.

Sportlich gab es für Gonzalez nichts zu mäkeln. Während der 90 Minuten war er der auffälligste Akteur Paraguays, mit seiner wirbligen Spielweise ein steter Unruheherd. Die brasilianische Hintermannschaft bekam ihn nie in den Griff. Und Gonzalez übernahm viel Verantwortung. 18 Minuten vor Schluss glich er mit einem souverän verwandelten Handspenalty zum 1:1 aus, in der Kurzentscheidung verwertete er den entscheidenden Versuch Paraguays wiederum ganz cool zum 4:3-Endstand.

Paraguays nächster Coup

«Niemand glaubte an uns. Aber wir haben gezeigt, dass wir noch nie eine so gute Einheit waren», freute sich der 21-Jährige nach dem zweiten Copa-Coup gegen Brasilien in Folge. Bereits an der Copa vor vier Jahren in Argentinien waren die Brasilianer im Penaltyschiessen des Viertelfinals gegen Paraguay ausgeschieden. «Die Tränen der Teamkollegen zu sehen, ist unbezahlbar. Nun wollen wir mehr.» Im Halbfinal wartet mit Argentinien aber gleich der nächste harte Brocken auf Paraguay. Nicht nur Gonzalez war also überglücklich, auch im Teamhotel des FC Basel am Tegernsee wurde das Resultat am Rande des Trainingslagers freudig zur Kenntnis genommen.

«Das ist natürlich toll für ihn», sagt FCB-Trainer Urs Fischer. Doch der neue rotblaue Chefcoach ist sich bewusst, dass dieser Erfolg für den FC Basel auch Schattenseiten hat: «Nun fehlt uns Derlis noch länger, er wird nach dem Turnier wohl erst Anfang August einsatzfähig sein.» Dies, weil Gonzalez nach der Copa knapp zwei Wochen Ferien erhält und das anschliessende Aufbautraining ähnlich viel Zeit beanspruchen wird. Zudem wecken solche Auftritte im internationalen Rampenlicht immer auch Begehrlichkeiten anderer Clubs.

Brasiliens nächste Enttäuschung

Das ist jedoch Zukunftsmusik. Gonzalez’ Gedanken dürften sich trotz des grossen sportlichen Triumphs momentan nicht um Fussball drehen, sondern in erster Linie um seine Familie. Nach Spielschluss musste der Matchwinner nämlich eine Schock-Nachricht erfahren. Sein erst 44-jähriger Onkel hatte beim Feiern mit Freunden einen Herzinfarkt nicht überlebt. Gonzalez twitterte das Bild des verstorbenen Familienmitglieds und schrieb dazu: «Warum heute, Onkel? Warum? Du gingst, weil ich bei dir für so viel Freude und Zufriedenheit sorgte. Ich kann es nicht glauben.»

Derweil muss Brasilien ein Jahr nach der vernichtenden 1:7-Niederlage im WM-Halbfinal gegen Deutschland die nächste grosse Enttäuschung verarbeiten. Die vom neuen Nationaltrainer Carlos Dunga stark veränderte «Seleção» wähnte sich in den Partien seit dem blamablen Out an der Heim-WM auf einem guten Weg. Die kontinentale Meisterschaft belehrte Brasilien, das bereits in den Gruppenspielen trotz Siegen gegen Peru (in letzter Minute) und Venezuela nicht zu überzeugen vermochte, eines Besseren. Dem fünffachen Weltmeister fehlte nach der Sperre gegen Neymar ein Spieler, der für Überraschungsmomente und Kreativität hätte sorgen können.

Gegen Paraguay agierten die Brasilianer erneut schwach. Auch die frühe Führung durch Robinho nach schönem Angriff (15.) brachte keine Sicherheit ins eigene Spiel. Schlimmer noch. Die Verunsicherung wurde immer grösser. Sinnbildlich dafür steht Thiago Silvas dämliches Hands im eigenen Strafraum, das Gonzalez mit dem 1:1 bestrafte. Im sofort folgenden Penaltyschiessen nach regulärer Spielzeit scheiterten Everton Ribeiro und Doug­las Costa – auf klägliche Weise. Das passt zurzeit perfekt ins Bild der einst so stolzen Fussballnation.

baz.ch


FCB-Fan kasch nid wärde, FCB-Fan das muesch syy