Hannover-Verteidiger Marcelo im BILD-Interview | MARCELO »Musste für Schwestern Vater sein“



30.07.2015 - 00:00 Uhr

Für die Roten hat Marcelo (28) letzte Saison alle 34 Spiele gemacht, ist zum Führungsspieler geworden.

BILD traf den Verteidiger im Trainingslager zum Interview.

BILD: Marcelo, ihr drittes Jahr bei 96. Wie läuft’s mit der deutschen Sprache?

Marcelo (antwortet in fast perfektem Deutsch): „Sehr gut. Ich spreche schon ganz gut und verstehe viel. Ich arbeite sehr hart und hoffe, ich kann in der nächsten Saison für BILD ein komplettes Interview auf Deutsch geben (lacht).“

BILD: Sie sprechen wirklich sehr gut. Haben Sie noch Unterricht?

Marcelo (jetzt in perfektem Englisch): „Ja, ich nehme noch Stunden. Aber was ich durch die Jungs in der Kabine lerne, ist Wahnsinn. Und ich muss ja jetzt auch viel mehr Deutsch reden.“

BILD: Warum?

Marcelo: „Der Trainer will, dass wir Deutsch sprechen. Wenn wir eine Videoanalyse machen oder Besprechung haben, redet der Trainer auch nur auf Deutsch. Ich denke, das ist auch richtig so.“

BILD: Sie machen oft Sonderschichten nach dem Training.

Marcelo: „In der Vorbereitung will ich jede Zeit nutzen, um richtig fit zu sein für den Saisonstart. Ich denke, ich bin jetzt so fit wie nie zuvor.“
Vergrößern Marcelo am Pool
Ganz lässig: Marcelo am Pool im schönen Team- Hotel „Brandlhof“
Foto: Lars Kaletta

BILD: Mit Co-Trainer Christoph Dabrowski üben Sie zusätzlich auch oft Kopfbälle. Warum?

Marcelo: „Ich will mehr Tore machen. Ich bin groß, eigentlich ein guter Kopfball-Spieler. Meine Quote muss einfach besser werden. Das ist ein persönliches Ziel von mir.“

BILD: Sie geben viele Kommandos auf dem Platz. Wer ist eigentlich zu Hause der Chef. Sie oder Ihre Frau?

Marcelo: „Ich bin natürlich der Boss (lacht). Nein, Spaß. Wir haben eine tolle Beziehung, entscheiden alles gemeinsam. Ich möchte einfach ein guter Ehemann und Vater sein.“

BILD: Was ist Ihnen bei der Erziehung Ihrer beiden Kinder wichtig?

Marcelo: „Ich möchte, dass sie ehrlich sind und gewisse Dinge schätzen. Wir können uns gutes Essen, Kleidung oder Ähnliches leisten. Das ist nicht selbstverständlich. Viele Menschen können das nicht, das versuche ich ihnen beizubringen.“

BILD: Wie war Ihre Kindheit in Brasilien?

Marcelo: „Wir waren arm, aber wir hatten genug zu essen. Wir waren eine große Familie. Wenn einem etwas gefehlt hat, haben wir Sachen untereinander getauscht. Aber wir hatten kein Geld, um uns die Sachen der Reichen zu kaufen. Als meine Eltern sich trennten, wurde es aber noch schwieriger.“

BILD: Wie alt waren Sie da?

Marcelo: „Ich war 14 und meine Mutter musste auf einmal für drei Kinder sorgen. Für meine beiden Schwestern und für mich. Das war nicht einfach.“

BILD: Wie sind Sie damit umgegangen?

Marcelo: „Als ich beim FC Santos in der Jugend war und ein bisschen Geld bekam, habe ich versucht, meiner Familie zu helfen. Vom ersten Profivertrag bei Santos habe ich meiner Mutter dann eine Wohnung gekauft. Auch jetzt helfe ich, wo ich kann. Das ist für mich selbstverständlich.“

BILD: Was war das Schlimmste damals für Sie?

Marcelo: „Das Härteste war, als meine Schwester verstanden hat, dass mein Vater uns verlassen hat. Sie war 17. Das war sehr schwer für mich zu sehen. Ich bin dann ein bisschen wie ein Vater für die beiden geworden, war ja der einzige Mann. Aber...“

BILD: Ja, bitte.

Marcelo: „Es war damals aber auch eine schwere Zeit für mich. Ich habe meinen Vater sehr vermisst, hatte ein enges Verhältnis zu ihm. Ich habe gelernt, dass ich so etwas meinen Kindern nicht antun möchte. Heute habe ich aber wieder ein richtig gutes Verhältnis zu ihm.“


Quelle: www.bild.de