14.09.2016 | 10:00 Uhr
NP-ANALYSE
Diese Knöpfe muss 96-Trainer Stendel drücken
Selbst nach dem starken Start mit Siegen in Kaiserslautern (4:0) und gegen Fürth (3:1) war noch Luft nach oben bei 96. Stattdessen zeigt die Formkurve runter. Die Mannschaft nutzt die Fähigkeiten nicht mehr, die in ihr stecken. 96-Trainer Daniel Stendel muss in dieser Woche wieder die richtigen Knöpfe drücken, damit das Aufstiegsprogramm am Sonntag in Bielefeld wieder anfängt zu laufen.
HANNOVER. Pressing: In der ersten Viertelstunde drückte 96 die Dresdner weit in deren Hälfte. Bei Ballverlusten begann sofort das Pressing, alle machten mit bei der Jagd auf die Dynamo-Spieler. Das lässt sich zwar keine anderthalb Stunden lang durchhalten, aber 96 verlor schon nach dem Gegentor (18. Minute) den Instinkt und setzte nicht mehr energisch genug nach. 96 sollte das Pressing Kräfte sparender und gezielter nutzen, sonst passiert das Gleiche wie gegen Dynamo und auch schon gegen Bochum (1:1): Das Spiel wird wild und unberechenbar. Bricht der Gegner nämlich durchs Mittelfeld, fängt sich 96 gefährliche Konter. Da kommt der Sicherheitsknopf ins Spiel.

Sicherheit: Mit allen Verteidigern weit vorne zu verteidigen, bedeutet ein zu hohes Risiko. Mit der Hereinnahme von Innenverteidiger Stefan Strandberg baut 96 nun eine neue Sicherheitsbarriere auf. Ein Innenverteidiger und ein Außenverteidiger müssen sich früh genug nach hinten orientieren, damit 96 nicht ständig in Konter rennt. Schon in der Vorbereitung war das die Schwäche. In jedem Zweitligaspiel bekamen die Gegner mindestens drei Tempogegenstöße, die normaler-weise zum Gegentor führen. Bis-her wehrte Philipp Tschauner fast alle Konter ab. Aber das geht nicht immer gut, wie das 0:1 in Bochum durch Johannes Wurtz beweist. Zum Thema Sicherheit gehört auch, dass sich 96 in den stärkeren Phasen hinten mal ordentlich sortiert. Bisher wirkt die Abwehr anfällig für Angriffe, weil 96 fast ausschließlich auf Offensive setzt.

Effektivität: Den Effektivitätsknopf hat nach dem 3:1 im Fürth-Spiel irgendjemand ausgeschaltet. 96 nutzte zum Saisonstart fast jede Chance. Nachdem Artur Sobiech sich verletzt hatte, ging auch die verlässliche Trefferquote. Niclas Füllkrug hat noch gar nicht getroffen. Der Ricklinger Junge braucht einen Schub, am besten von Sobiech. Die beiden harmonieren gut, das haben die Vorbereitung und das Training gezeigt. Die Doppelspitze sollte ein dauerhaftes Betriebssystem der Zukunft werden. Sobiech, Füllkrug, dazu Martin Harnik – diese drei haben ihre Treffsicherheit schon bewiesen. Von Harnik muss sowieso wieder mehr Torgefahr kommen. Stendel drückte bereits im Training mit klaren Ansagen den Hallo-wach-Knopf bei Harnik: Er soll mitmachen bei der Torejagd und sich nicht rechts außen verstecken.

Standards: Ecken und Freistöße waren mal eine Stärke von 96. Nun verpuffen Standardsituationen im Nichts. Sebastian Maiers Freistöße mögen kunstvoll geschlenzt sein, sind aber nicht hart und präsize genug. Zehn Eckbälle hatte 96 gegen Dresden, nicht einmal kam Dynamo dadurch in Gefahr. Dabei hatten Maier und Miiko Albornoz sich zum Saisonstart gute Tricks zurechtgelegt, standen beide an der Eckfahne, spielten mal kurz, mal lang, zogen Ecken vom Tor weg. Da war 96 unberechenbar und gefährlich. Die Ecken gegen Dresden waren einfallslos und unpräzise reingehämmert. Was Stendel tun kann? Standards üben, wieder clevere Tricks zulassen.

Köpfchen: Was für die Standards gilt, gilt fürs gesamte Spiel. 96 wirkt ideenärmer und nicht mehr frisch im Kopf wie noch zum Saisonstart. Dass Salif Sané die Sicherungen durchgehen wie bei der roten Karte gegen Dresden, ist nur ein Signal. 96 muss sich wie-der cleverer anstellen, wenn ein Spieler wie Stefan Kutschke ein-gewechselt wird, der nur den besten 96-Mann aus dem Spiel nehmen will. Manuel Schmiedebach hat in Partien wie gegen Lautern und Fürth stets die Spiel-Temperatur im Blick gehabt und bestimmt, ob 96 nun härter spielen sollte oder cooler agieren muss. Da kann der Kapitän den Takt vorgeben – und Stendel kann die erfahrenen Spieler Harnik, Strandberg, Felix Klaus oder Sobiech daran erinnern, dass sie dem Kapitän dabei helfen sollen. Trotz erster Saison-Niederlage gegen Dresden gilt für 96: Ruhe bewahren, Kopf einschalten.


Quelle: www.neuepresse.de