Hannover: "Nicht geschafft, aus der Passivität zu kommen"
Schaafs lange Mängelliste - Andreasen angeschlagen

Die ersten Tests unter seiner Ägide verliefen für Hannover am Montag durchwachsen. In den Spielen gegen Drittligist Wehen (2:1) und Ligakonkurrent Hertha BSC (0:1) sah Thomas Schaaf jeweils durchwachsene Darbietungen seiner Spieler. Für den neuen 96-Trainer ist alles auch eine Sache des Kopfes.

Aus Hannovers Trainingslager in Belek berichtet Michael Richter



Eigentlich bräuchte es wahrscheinlich einige Zeit, damit sich die vielen Ideen, die Thomas Schaaf seinem Team in diesen Tagen im Trainingslager in Belek vermitteln will, auch in einem erfolgreichen Spiel niederschlagen. "Doch Zeit", stellt der neue Trainer nach den ersten zwei Testspielen ohne Umschweife fest, "Zeit haben wir nicht. Wir müssen voll im Prozess sein und sehen, dass wir alles bewältigen können."

Die Mängelliste beim Tabellenvorletzten der Bundesliga ist nach wie vor lang. War es am Montagmittag die B-Elf noch gelungen, gegen einen nachlassenden Gegner Wehen Wiesbaden einen 0:1-Rückstand in einen 2:1-Sieg umzumünzen (Doppeltorschütze: Artur Sobiech), so kam die A-Formation am Abend gegen Hertha BSC Berlin zu keiner Phase des Spiels für einen Erfolg infrage. "Wir haben es nicht geschafft, aus der Passivität herauszukommen, wir haben uns auch zu sehr auf Einzelaktionen verlassen."


In einem 4-2-3-1 hatte Schaaf seine Elf agieren lassen. Vor der gewohnten Viererkette mit Hiroki Sakai, Marcelo, Christian Schulz und Miiko Alobornoz postierte sich eine Art Dreierverbund, in dem zentral Manuel Schmiedebach immer wieder Richtung Zehnerposition vorschob, während Leon Andreasen und Salif Sané als klassische Sechser absicherten. Auf den Flügeln stießen Kenan Karaman (rechts) und Edgar Prib (links) oft engagiert, aber wenig effektiv nach vorne zur einzigen Spitze Adam Szalai, die sich trotz einigen läuferischen Einsatzes ebenfalls erfolglos bemühte.

"Wir haben diszipliniert agiert und gut in der Ordnung gestanden - das war gut", fand Schaaf zwar auch Lob, "doch den nächsten Schritt, mehr für uns und unser Spiel zu tun, haben wir nicht geschafft." Außer einer guten Kopfballchance für den aufgerückten Marcelo im ersten Durchgang sprang im Prinzip keine einzige klare Torgelegenheit für 96 heraus.
Im Testspiel umgeknickt

Stattdessen verhalf ein Fehler von Leon Andreasen, der später mit dem linken Sprunggelenk umknickte und angeschlagen ausschied, zum Tor des Tages. Der Däne spielte dem Hertha-Torschützen Vedad Ibisevic den Ball bei einem undurchdachten Rückpass quasi in den Fuß. "Schlimmer als der Fehler, der immer einmal passieren kann, war die Aktion selbst", kritisierte Schaaf, "denn es war eine Situation, in der wir eigentlich nach vorne spielen mussten."

Dass seine Spieler in der aktuellen Phase jedoch eher den vermeintlich sichereren Weg nach hinten wählen, statt forsch nach vorne zu spielen, sei angesichts der Misserfolge in der Hinrunde auch eine Sache des Kopfes. Schaaf: "Das Selbstbewusstsein, in dieser Situation nach vorne zu spielen, fehlt. Viele Aktionen und Bewegungen sind aber vom Selbstbewusstsein und einem gewissen Selbstverständnis abhängig." Auch hier müssen ganz offensichtlich noch Blockaden gelöst werden.
Fehlende Durchschlagskraft und Torgefahr

Ob der Kader auch weitere Verstärkung von außen benötigt, bleibt vorerst offen. Geschäftsführer Martin Bader und Kaderplaner Christian Möckel beobachten den Markt aufmerksam. Deutlich wurde gegen Hertha die weiterhin fehlende Durchschlagskraft und Torgefahr, die auch die in der B-Elf phasenweise glänzenden Felix Klaus und Artur Sobiech wohl kaum liefern können.

Über diese beiden Offensivspieler hinaus konnten gegen Wehen lediglich Innenverteidiger Andre Hoffmann und Neuzugang Hotaru Yamaguchi (defensives Mittelfeld) andeuten, als Alternativen für eine vermeintliche Stammelf zu taugen. Neuzugang Marius Wolf (1860 München) spielte wegen Problemen am Hüftbeuger noch nicht vor, der junge Iver Fossum (von Strömsgodset IF gekommen) wirkte gegen Wehen in zentraler Position nach den zuvor kräftezehrenden Trainingseinheiten gegen Wehen über weite Strecken überfordert.

Am Mittwoch steht gegen den VfB Stuttgart zumindest noch ein weiterer Test im Trainingslager für Hannover an, über ein zweites Spiel gegen einen unterklassigen Gegner wurde zunächst noch verhandelt - eine Entscheidung folgt.


Quelle: www.kicker.de