Hannovers Kapitän Schulz im kicker-Interview
"Okay, dann machen wir es eben ein drittes Mal"

Als Tabellenvorletzter mit nur 14 Punkten besitzt Hannover 96 eine schwierige Ausgangsposition. Mit dem kicker spricht Kapitän Christian Schulz (32) im Trainingslager in Belek über die bevorstehende Rückrunde, Trainer Thomas Schaaf, sein eigenes Amt als Kapitän - und über Rekorde, die er nach über 13 Jahren als Bundesliga-Profi erreichen kann.



kicker: Hannover im Aufbruch, doch der Blick auf die Tabelle trübt die Stimmung. Wie ernst steht es um 96, Herr Schulz?

Christian Schulz: Die aktuelle Tabellensituation ist nicht schön und sie kann auch am Ende der Saison noch schwierig sein. Unser Blick ist auf den ersten Platz über dem Strich gerichtet. Über alles brauchen wir nicht nachdenken. Es geht darum, nach den vielen noch anstehenden Spielen die Ausgangslage so zu verbessern, dass wir vor den letzten zwei Spielen mindestens zwei Plätze weiter oben stehen.

kicker: Am letzten Spieltag geht es zu den Bayern. Davor empfangen Sie in Hannover das aktuelle Schlusslicht Hoffenheim. Hoffen Sie da auf ein Abstiegs-Endspiel oder fürchten Sie es?


Schulz: Ich habe jetzt mit Hannover 96 schon zwei Abstiegs-Endspiele erlebt. 2010 in Bochum und 2015 gegen Freiburg. Es ist immer gut gegangen, aber ich muss das nicht unbedingt haben. Es wäre mir lieber, wenn wir früher schon etwas besser stehen. Aber okay, wenn es so kommen sollte, dann machen wir es eben ein drittes Mal.

kicker: Ist es für Sie ein anderes Gefühl, seit Sie im Sommer das Kapitänsamt bei 96 übernommen haben?

Schulz: Ich habe mich auch vor meiner Zeit als Kapitän schon in der Verantwortung gesehen. Jetzt kommt dazu, dass du viele Sachen anschieben musst, auch organisatorisch. Auf dem Platz muss ich als Kapitän, müssen wir aber alle noch ein Stück zulegen und den Glauben an uns und den möglichen Klassenerhalt aufrechterhalten.

Wir waren insgesamt eher zu brav als zu aggressiv, Reibereien gehören dazu.
Christian Schulz

kicker: Wie schätzt der Kapitän seine Truppe ein?

Schulz: Der Charakter der Mannschaft ist in Ordnung, jeder ist leistungswillig. Wir waren aber insgesamt eher zu brav als zu aggressiv. Reibereien, solange sie im Rahmen bleiben, gehören auch dazu. Aber es ist natürlich auch immer ein schmaler Grat.

kicker: Thomas Schaaf machte Sie zum Profi, aber war er nicht auch der Trainer, unter dem Sie Bremen schließlich lieber verließen?

Schulz: Das hatte mit Thomas Schaaf nichts zu tun. Ich war auch vorher schon sechs Jahre im Verein, dann noch sechs als Profi. Es war eine erfolgreiche Zeit. Wir wurden Meister, spielten Champions League. Irgendwann störte es dann, immer als Eigengewächs zu gelten. Und da sagst du dann, du musst einfach mal raus. Meiner Entwicklung tat der Wechsel gut.

kicker: Jetzt gibt es das Wiedersehen mit Thomas Schaaf bei 96. Schließt sich da ein Kreis?

Schulz: Das hat einen gewissen Charme. Er war mein erster Trainer als Profi, wahrscheinlich ist er auch einer der letzten... Seine Zeit in Bremen spricht absolut für ihn. Und er hat mich zum Profi gemacht, er hat mir das Vertrauen gegeben. Jetzt sieht man sich auf einer anderen Ebene wieder. Damals war ich ein junger und zurückhaltender Spieler. Jetzt, als Kapitän und erfahrener Profi, ist es eine andere Geschichte.


kicker: Kann Thomas Schaaf Hannover nach oben bringen, ist er ein "Spieler-Verbesserer"?

Schulz: Ich weiß und kann beurteilen, was Thomas Schaaf auf die Beine gestellt hat. Ich weiß, welche Spieler und welche Ideen, Fußball zu spielen, er in Bremen entwickelt hat. Ich hoffe auf diesen Effekt. Ich denke, dass dieser auch hier in Hannover greift, wo wir viele junge Spieler haben, die noch reifen wollen und müssen.

kicker: Wie steht es um Ihre eigene Zukunft?

Schulz: Mein Vertrag geht bis zum Sommer. Das einzige, was ich sagen kann: Ich bin dann 33. Noch geht es mir körperlich gut, so dass noch ein paar Jahre folgen könnten. Aber natürlich macht man sich schon Gedanken über die Zeit danach. Auf jeden Fall will ich dem Fußball verbunden bleiben. Wann und wie der Wechsel stattfindet, ist offen. Natürlich wäre es schön, den Weg in Hannover weiterzugehen. Dort bin ich nun schon sehr lange und fühle ich mich mit meiner Familie wohl.

kicker: Bei den Bundesliga-Einsätzen belegen Sie mit aktuell 349 Spielen für Bremen und Hannover unter den derzeit aktiven Spielern Rang drei hinter Claudio Pizarro (397) und Stefan Kießling (361). Sind Sie darauf stolz?

Schulz: Ganz ehrlich, im Großen und Ganzen sind das schon Zahlen, die du gerne liest. Sie sprechen für eine runde Karriere. Wenn du mit 18 anfängst und dir einer sagen würde, in 15 Jahren hast du einmal über 350 Bundesligaspiele, dann wäre das schon eine Hausnummer. Es freut mich, wenn man das würdigt und man mich anhand dessen als bodenständigen, kontinuierlichen Menschen sieht.

kicker: 246 Spiele davon absolvierten sie im 96-Trikot. Steven Cherundolo ist Ihnen vereinsintern um 56 Spiele voraus. Besteht der Ehrgeiz, noch Hannovers Rekord-Bundesligaspieler zu werden?

Schulz: Rekordspieler in Hannover werde ich so schnell wohl nicht... Ein Trost: Insgesamt hätte ich Stevie ja erreicht. Aber er hat eben alle seine Bundesligaspiele für Hannover gemacht.


Quelle: www.kicker.de