DAS GROSSE INTERVIEW MIT DEM HOFFNUNGS-TRAINER
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STENDEL „Wir können nicht nur mit 20-Jährigen spielen“

Den Abstieg konnte er nicht mehr verhindern. Aber Daniel Stendel (42) hat Hannovers Fans die Hoffnung zurück gegeben. Zur Belohnung bekam er einen Chef-Vertrag bis 2018. Das Trainer-Interview.
BILD: „Daniel Stendel ist der beste Mann!“ Das rufen die Fans. Was fühlen Sie dabei?
Stendel: „Das freut mich natürlich. Denn es zeigt, dass die Leute zufrieden sind. Aber dafür sorgt die Mannschaft mit ihrem Spiel. Das ist eine Team-Geschichte – und ich zähle mich dazu.“

BILD: Aber in der Kurve waren Sie noch nicht.
Stendel: „Das halte ich nicht für gerechtfertigt. Ich stehe ja auch nicht auf dem Platz. Ich freue mich über die Stimmung, die war schon beeindruckend.“
BILD: Acht Punkte in der Bundesliga, Pokalsieg mit der U19. Erleben Sie gerade die schönsten Wochen Ihrer Trainer-Karriere?
Stendel: „Ja, das kann man so sagen. Ich bin ja schon ein paar Jahre dabei, es hat sich stetig gesteigert.“
BILD: Wie groß ist der Unterschied von der U19 zur Bundesliga?
Stendel: „Für mich geht es darum: Wie kann ich das umsetzen, was ich im Kopf habe. Wie mutig und wie offensiv können wir spielen. Als Trainer muss man bei den Spielern Überzeugung schaffen für die eigenen Ideen. Das gilt in der Bundesliga genauso wie in der U19.“

BILD: Sie haben u.a. bei Rangnick und Magath gespielt. Was für ein Trainer-Typ sind Sie?
Stendel: „Beide haben mich geprägt, aber ich bin Daniel Stendel. Die wichtigsten Dinge sind für mich Disziplin, Teamgeist und Zusammenhalt. Wir sind so viel miteinander unterwegs, da muss der Trainer sehen, dass er alle beieinander hält.“
BILD: Was geht gar nicht?
Stendel: „Wenn sich jemand über das Team stellt, die eigenen Interessen wichtiger sind als die der Mannschaft. Darauf reagiere ich empfindlich.“
BILD: Dürfen die Spieler Sie eigentlich duzen?
Stendel: „Es war gemischt. Die Dänen zum Beispiel duzen irgendwie automatisch. Normalerweise sagen die Spieler aber Trainer und Sie. Im Nachwuchsbereich habe ich irgendwann darauf geachtet, zur Begrüßung Spielern die Hand zu geben und nicht einzuschlagen. Das hat auch was mit Respekt zu tun.“
BILD: Sie waren fast weg von 96. Stimmt es, dass sie in Wolfsburg und beim HSV verhandelt haben?
Stendel: „Ich habe mit 96 im vergangenen Jahr darüber gesprochen, dass ich mich weiter entwickeln will. Ich glaube, das ist legitim. Aber es gab keine konkreten Verhandlungen. Am Ende hofft man ja doch, dass die Arbeit anerkannt wird bei dem Verein, bei dem man schon jahrelang arbeitet. Das ist ja jetzt passiert.“
BILD: Wie wichtig ist für einen Trainer Erfahrung?
Stendel: „Das ist schon wichtig – in allen Bereichen. Ich kann jetzt außer den sechs Wochen keine große Erfahrung als Trainer im Profibereich vorweisen. Das versuchen wir im Team auszugleichen. Mit Martin Bader, Christian Möckel oder Co-Trainer Martin Gellhaus. Ich denke, wir passen gut zusammen.“

BILD: Mit Spielern wie Anton, Sarenren und Arkenberg haben sie auf Talente gesetzt. Wie viel Jugend verträgt eine Mannschaft?
Stendel: „Unser Ziel ist, dass wir einen Tick jünger werden. Wir wollen dem Nachwuchs eine Chance geben. Aber es ist schon klar, dass wir nicht nur mit 19- oder 20-Jährigen auflaufen können.“
BILD: Nicht?
Stendel: „Ich finde es gut, wenn der Druck da ist von Spielern, die noch was erreichen wollen, auf Spieler, die schon etablierter sind. Am Ende spielen die, die besser sind. Wir versuchen die beste Mannschaft auf den Platz zu stellen, nicht die jüngste.“
BILD: Für Kapitän Christian Schulz war da kein Platz mehr...
Stendel: „Wir alle wissen, was er für den Verein geleistet hat. Er ist ein verdienter Spieler. Ihn nur mit dabei zu haben, damit haben wir uns schwer getan. Und das ist ja auch nicht sein Anspruch. Er wollte noch spielen, das konnten wir ihm hier nicht zusichern. Es war keine Entscheidung gegen Schulle – sondern für das, was wir in Zukunft wollen.“
BILD: Aufstieg ohne Erfahrung, geht das?
Stendel: „Wir haben ja nicht nur junge Spieler. Ich mache mir da überhaupt keine Sorgen. Wir werden eine Mannschaft zusammenstellen, von der wir alle total überzeugt sind. Ich hoffe, dass viele Spieler bleiben.
BILD: Sané, Kiyotake, Schmiedebach...
Stendel: „Ja, das sind alles wichtige Spieler. Sie waren absolute Leistungsträger. Aber man weiß nicht, was passiert. Die könnten wir nicht so einfach ersetzen. Das muss man ganz ehrlich sagen.“
BILD: Das Ziel ist der direkte Wiederaufstieg. Wie will 96 das schaffen?
Stendel: „Die 2. Liga ist eine ganz neue Situation. Wir wollen offensiv verteidigen, sehr hoch stehen, viel in der gegnerischen Hälfte sein und möglichst oft den Ball haben – damit wir Tore schießen können.“
BILD: Ist das Ihre Spiel-Philosophie?
Stendel: „Ja, wir wollen als Einheit agieren. Es soll erkennbar sein, dass da ein Team auf dem Platz steht. Wir wollen mit Herz und Leidenschaft spielen.“
BILD: Und wenn der Aufstieg geschafft ist, dann gehen Sie auch in die Kurve...
Stendel: „Der Aufstieg wäre ein guter Zeitpunkt.


Quelle: www.bild.de