17.04.2016 | 12:43 Uhr
Trainerfrage
Denkt Hannover 96 bei Stendel um?
Hannover 96 kommt kaum noch an einer Weiterbeschäftigung des eigentlichen Übergangstrainers Stendel vorbei. Clubchef Kind ist nach dem ersten Heimsieg in diesem Jahr voll des Lobes und rückt von der bisherigen Ansage ab, kurzfristig einen neuen Coach holen zu wollen.

Hannover. Das perfekte Bewerbungsschreiben vom eigentlichen Übergangstrainer Daniel Stendel beeindruckte Martin Kind selbst am Sonntag noch in Teheran. Auf der Reise von niedersächsischen Wirtschaftsbossen zusammen mit Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in den Iran setzte sich auch beim Clubchef von Hannover 96 allmählich die Erkenntnis durch, in Stendel den geeigneten Mann für den Neuaufbau und der zweiten Liga gefunden zu haben. "Wir schauen uns die weitere Entwicklung an, es sind alle Optionen offen", sagte Kind am Telefon zu den Chancen Stendels, Chefcoach des wahrscheinlichen Bundesliga-Absteigers zu werden.

Zwei Tage nach dem ersten Heimsieg 2016 durch das 2:0 (0:0) gegen die allerdings auch ganz schwache Borussia aus Mönchengladbach sind die Aussichten Stendels plötzlich glänzend, seine Aufbauarbeit über das Saisonende hinaus fortzuführen. Bislang hieß es immer, der bisherige A-Jugendcoach kehre im Sommer in diese Funktion zurück, und in Kürze solle ein Coach für die neue Saison präsentiert werden. Von dieser Linie wich Kind nach den Eindrücken vom Freitag deutlich ab. Einen neuen Coach wird es kurzfristig nicht geben, die Clubführung will sich anschauen, ob Stendel den eingeschlagenen Weg fortführt.

Bislang ist der 42-Jährige mit dem abgeschlagenen Tabellenletzten auch nach zwei Spielen gegen die Champions-League-Anwärter Hertha BSC und Gladbach ungeschlagen. Dies nötigte nicht nur Kind Respekt ab: "Das Auftreten der Mannschaft unter Stendel ist natürlich super. Er war mutig und hat konsequente Entscheidungen getroffen. Das gefällt mir." Trotz der jüngsten Erfolgserlebnisse unter Stendel wird sich am Abstieg Hannovers wohl kaum mehr etwas ändern. Nach dem 30. Spieltag beträgt der Rückstand auf den Relegationsrang zehn Punkte. Schon am nächsten Spieltag könnte der erste Bundesliga-Abstieg seit 1989 feststehen - selbst bei einem Sieg in Ingolstadt. Dies unterscheidet die Situation von der Vorsaison, als Vor-Vorgänger Michael Frontzeck fünf Spieltage vor dem Saisonende geholt wurde, noch eine realistische Chance auf den Klassenverbleib hatte und diese auch nutzte.

In der Euphorie wurde Frontzeck weiterverpflichtet, trat Ende 2015 aber wegen anhaltender Nörgeleien an seiner Arbeit zurück. Auch aufgrund dieser Erfahrung spricht Kind noch vorsichtig davon, eine Entscheidung diesmal "mit Realismus und Vernunft" treffen, aber eben nicht mehr, schon kurzfristig einen neuen Chefcoach präsentieren zu wollen. Folgt das vormals völlig leblose 96-Team Stendel weiterhin so wie bisher, kommt der Club an Stendel kaum mehr vorbei.

In nur zwei Spielen sammelte der frühere 96-Profi reichlich Argumente für sich und hat Fans und Mannschaft längst auf seiner Seite. "Ich habe richtig Bock auf diese Aufgabe", gestand Stendel am Freitag. Von den Fans war er da bereits mit Sprechchören gefeiert worden, von den Spielern gab es begeisterte Plädoyers. "Irgendetwas ist mit der Mannschaft passiert", meinte Nationalkeeper Ron-Robert Zieler: "Der Trainer nimmt uns sehr gut mit. Er schafft es, uns zu motivieren." Das größte Argument pro Stendel ist aber, dass der notwendige Umbruch bereits im vollen Gange ist - und das erfolgreich.

Stendel setzt bedingungslos auf die beiden 19-Jährigen Waldemar Anton und Noah-Joel Sarenren-Bazee, die in Berlin und gegen Gladbach von Beginn an spielten und am Freitag mit ihrer Co-Produktion zum bahnbrechenden 1:0 (49. Minute) begeisterten. Vor allem dies überzeugte auch Kind. "Das war eine mutige Entscheidung. Die beiden haben sich ja unglaublich präsentiert", lobte der Clubchef.


Quelle: www.neuepresse.de