Drei Gesellschafter steigen aus
Allianz von Kind und Roßmann bei Hannover 96?
Das Profigeschäft von Hannover 96 steht vor einer Neuordnung: Drei weitere Gesellschafter wollen ihre Beteiligungen abstoßen. "Es widerstrebt mir, wenn ein Einzelner mehr als 50 Prozent an einer Gesellschaft hält", sagt Unternehmer Michael Schiemann mit Blick auf Martin Kind. Als Käufer der jetzt angebotenen Anteile wird Dirk Roßmann gehandelt.

Hannover. Das Profifußballgeschäft von Hannover 96 steht offenbar vor einer grundlegenden Neuordnung: Nach dem Neustädter Unternehmer Detlev Meyer wollen nun drei weitere langjährige Gesellschafter der Hannover 96 Sales & Service (S&S), die das Profigeschäft steuert, ihre Anteile abstoßen. Offenbar gibt es Unmut darüber, dass 96-Präsident Martin Kind seine Anteile aufgestockt hat und ihm jetzt mit gut 52 Prozent die 96-Gesellschaft mehrheitlich gehört.

Nach HAZ-Informationen haben Michael Schiemann, Gregor Baum und Matthias Wilkening, die zusammen gut ein Viertel an der Gesellschaft halten, 96-Präsident Martin Kind ihre Anteilspakete angeboten. Der wiegelt jedoch ab und hofft auf den nach ihm zweitgrößten Anteilseigner Dirk Roßmann. Der Drogerieunternehmer gab sich gesprächsbereit. „Ich bin eher auf der Käuferseite“, sagte er der HAZ.

Kind hatte erst an Himmelfahrt damit überrascht, dass er durch die Übernahme von Meyers Anteilen auf einen Schlag zum Mehrheitsgesellschafter mit gut 52 Prozent wurde. Jetzt haben Schiemann, Baum und Wilkening den 96-Chef mit ihrem Vorstoß überrumpelt. „Es hat nichts mit der Person Martin Kind zu tun“, sagte Schiemann zu seinen Beweggründen, „wir sind sogar befreundet. Aber es widerstrebt mir, wenn ein Einzelner mehr als 50 Prozent an einer Gesellschaft hält. Da ist es mir völlig egal, wie der Einzelne heißt.“ Seine beiden Mitstreiter sähen das ähnlich, sagte er.

Baum wollte sich am Freitag dazu nicht äußern, Wilkening war nicht zu erreichen. „Ich habe Herrn Kind am Donnerstag unser Vorhaben telefonisch übermittelt“, sagte Schiemann. Freitag sei ihm der Vorgang dann schriftlich zugestellt worden. Offenbar gehen die drei Noch-Gesellschafter davon aus, dass der Clubchef und Vierfach-Geschäftsführer auch ihre Anteile übernehmen wird. Kind sagte dazu, dies sei überhaupt nicht in seinem Interesse. „Das muss ich zur Kenntnis nehmen. Ich muss mir das Ganze erst einmal in aller Ruhe überlegen“, so Kind weiter.

Gleichzeitig schmiedet der 72-Jährige bereits eine Allianz mit Dirk Roßmann. Der Drogerieunternehmer signalisierte Verhandlungsbereitschaft. „Wenn andere verkaufen wollen, werde ich mir überlegen aufzustocken“, sagte der 69-Jährige. „Ich hänge emotional an dem Verein.“ Deshalb könne er sich vorstellen, „einige wenige Prozent“ zu übernehmen. Er setze auf einen schnellen Wiederaufstieg der „Roten“. Außerdem sei das Unternehmen wirtschaftlich gut aufgestellt.

Roßmann ist mit rund 20 Prozent zweitgrößter S&S-Gesellschafter nach Kind, es folgen Schiemann mit 12,45, Baum mit 8,5, Wilkening mit 3,79 Prozent der Anteile. Eine geringe Beteiligung von 2,77 Prozent hält auch die Madsack Mediengruppe. Der S&S gehören 100 Prozent am 96-Profiunternehmen KgaA. Im Juli 2018 wird Martin Kind die Profiabteilung komplett übernehmen können – der Unternehmer hatte eine Änderung der „50+1“-Regleung der Deutschen Fußball-Liga erstritten.

Alleinige Macht für Kind ab 2018
Noch mehr Einfluss in zwei Jahren: Martin Kind wird die Profiabteilung Hannover 96 am 8. Juli 2018 komplett übernehmen . Mit diesem Schritt, der durch die vom 96-Klubchef 2011 gerichtlich erstrittenen Modifizierung der „50+1“-Regel der Deutschen Fußball-Liga ermöglicht wurde, haben die Geldgeber mehr Entscheidungsgewalt. Voraussetzung für die Mehrheitsübernahme durch Investoren ist, dass sie den Klub mehr als 20 Jahre lang ununterbrochen in erheblichem Maß gefördert haben.
Es gab in der Vergangenheit Unklarheit, auf wen sich diese Regelung bei Hannover 96 konkret bezieht. Nach HAZ-Informationen ist aber inzwischen juristisch geklärt, dass die „50+1“-Option einzig für die Familie Kind besteht. Damit gehört dann dem Unternehmer der Profifußball in Hannover.

Sollten weder Kind noch Roßmann am Ende Interesse an den Anteilen zeigen, könnte auch ein Dritter ins Boot geholt werden – Kind will das Kapital ohnehin erhöhen und könnte sich einen neuen Gesellschafter gut vorstellen. Das Problem dabei ist, dass es den Statuten nach eine hannoversche Lösung sein müsste. Eine Möglichkeit wäre auch, dass Schiemann, Baum und Wilkening ihren Vertrag aufkündigen würden. Das allerdings wäre eine langwierige Sache, die Frist liegt dem Vernehmen nach zwischen drei und fünf Jahren. Schiemann sieht dem Ganzen gelassen entgegen. „Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht“, sagte er, „wenn es dann so kommen sollte, müssten wir drei uns noch einmal zusammensetzen.“ Eine gemeinsames Weiterarbeiten scheint ausgeschlossen.

Das sind 
S&S und KGaA

Hannover 96 GmbH & Co. KGaA: Diese Abteilung, kurz KGaA, ist praktisch das 96-Profiunternehmen und nach der Ausgliederung 1999 Lizenznehmer bei der Deutschen Fußball-Liga. Auch das Nachwuchsleistungszentrum gehört zum Aufgabenbereich. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die 96 Management GmbH, deren Geschäftsführer Martin Kind ist.

Geschäftsführung: Martin Kind, Martin Bader, Björn Bremer.
Sportliche Leitung: Christian Möckel.
Aufsichtsratschef: Rainer Feuerhake.
Hannover 96 SALES & SERVICE GmbH & Co. KG: Der S&S gehören 
100 Prozent am 96-Profiunternehmen KGaA. Eine Sonderregelung bewirkt aber, dass die S&S erst ab dem 8. Juli 2018 in der 96-Profiabteilung auch das alleinige Sagen hat. Die S&S erbringt für die KGaA vor allem Dienstleisterfunktionen – etwa die Markenführung und -pflege sowie die Umsetzung des Ticketing und Merchandising. Das Gesellschaftskapital der S&S beträgt 
25,3 Millionen Euro – den größten Teil hält nun Kind mit 52,73 Prozent.

Geschäftsführer: Martin Kind, Martin Bader.


Quelle: www.haz.de