12.04.2016 | 11:06 Uhr
Hannover 96
Slomka im Check: Potenzieller neuer Trainer?
Unter den Trainerkandidaten für die kommende Zweitligasaison ist auch ein altbekannter Hannoveraner. „Herr Slomka, das können wir bestätigen, steht auf der Liste“, sagte Clubchef Martin Kind. Mirko Slomka (48) war in den 90er Jahren Jugendtrainer bei 96, zwischen 2001 und 2004 in Hannover Co-Trainer unter Ralf Rangnick und von 2010 bis 2013 Cheftrainer. Was spricht für die erneute Rückkehr desTrainers? Was dagegen? NP-Redakteur Dirk Tietenberg analysiert die Lage.

Hannover. Erfolge: Unter Mirko Slomka feierte 96 die erfolgreichste Zeit der Vereinsgeschichte in der Europa League. In der Zeit marschierte 96 durch Europa und blieb in der Liga stabil. Auch im Erfolg führte Slomka die Mannschaft mit Konsequenz. Solange er an der Kontertaktik mit seiner „Zehn-Sekunden-Regel“ festhielt, blieb 96 erfolgreich. An diese Zeit erinnern sich auch 96-Boss Kind und die 96-Gesellschafter. Deshalb ist Slomka bei ihnen Favorit. Der ständige Stress mit dem damaligen 96-Manager Jörg Schmadtke wirkte sich in der Frühzeit sogar leistungsfördernd aus. Die Mannschaft stand im Spannungsfeld zwischen Trainer und Manager selbst unter Spannung.

Kompetenz: Sein früherer Spieler Altin Lala hält Slomka „für einen gut ausgebildeten Trainer, 96 hatte eine Super-Zeit mit ihm“. Slomka lernte bei Rangnick, führte Schalke durch die Champions League und rettete eine chaotisch zusammengestellte Hamburger Mannschaft in der Relegation. Slomka führte die 96-Mannschaft über einen langen Zeitraum fast verletzungsfrei durch die Doppelbelastung Europa und Bundesliga. Die Anfälligkeiten der Spieler kamen erst in der späten Slomka-Zeit, nachdem er den damaligen Co-Trainer Norbert Düwel und Fitmacher Ingo Geisler mit neuen, eigenen Leuten ersetzt hatte.

Lokalfarbe: Slomka ist Hannoveraner. Das ist ein Hauptgrund, warum 96 überhaupt auf ihn kommt. Kind bevorzugt immer eine hannoversche Lösung, wenn sie zu haben ist. Der Trainer und der Boss kennen sich gut. Slomka gehört zur städtischen Gesellschaft und zum Bild der Stadt wie das Sprengel-Museum oder die Kröpcke-Uhr. Außerdem kennt der Trainer immer noch Teile der Mannschaft, Mitarbeiter und Strukturen.

Entschlossenheit: Slomka scheut keine harten Entscheidungen. Beispiel Torhüter. Vor zehn Jahren machte er Manuel Neuer zur Nummer eins bei Schalke für den damals einflussreichen Torwart Frank Rost. Bei 96 machte er Ron-Robert Zieler zur Nummer eins und schickte überraschend Florian Fromlowitz auf die Bank. Neuer, Zieler – aus beiden machte Slomka Nationaltorhüter.

Konflikte: Die Zusammenarbeit mit dem Trainer Slomka ist nicht einfach. Deshalb gibt es Vorbehalte bei 96, den Medien und den Fans. Ist er im Amt, wird er möglichst schnell seine Macht ausspielen. Hohes Konfliktpotenzial hat die Zusammenarbeit mit Geschäftsführer Martin Bader, weil Slomka nicht Baders Wunschkandidat ist. Bader sucht nach starken Gegenkandidaten: Einer ist Kosta Runjaic. Mit dem erfahrenen Zweitligatrainer hat Bader nach NP-Informationen gesprochen. Bader und Slomka, kann das gutgehen? Der Bruch nach Slomkas Machtkampf mit Schmadtke im Frühjahr 2013 gilt heute als Ausgangspunkt für die miese sportliche Situation, in der 96 jetzt steckt.

Zweitligaerfahrung: Slomka ist nach der Entlassung in Hamburg seit 19 Monaten ohne Trainerjob. Die meisten Gegenkandidaten sind noch nicht so lange aus dem Geschäft. Slomka hat sich nach dem Aufstieg vor 14 Jahren als 96-Co-Trainer nicht mehr als Kenner der zweiten Liga hervorgetan. Ein Minuspunkt, weil der kommende Trainer die zweite Liga schon beherrschen sollte. Erfolg hatte Slomka bei 96 mit Konterfußball –
 von einem Aufstiegsanwärter erwartet man allerdings Dominanz und Kreativität. Die 96-Gegner werden sich meistens hinten reinstellen.

Nachwuchs: 96 treibt die Durchlässigkeit der eigenen Jugend ordentlich voran. Für Talenteförderung im Profikader stand Slomka bis auf den zaghaften Versuch mit dem goldenen Jahrgang 1996 (Tim Dierßen, Valmir Sulejmani, Niklas Teichgräber) eher nicht. Das kann sich in der zweiten Liga ändern, wenn der Leistungssprung nicht so extrem ist wie in der Bundesliga.

Comeback-Statistik: „Aufgewärmtes schmeckt selten gut“, hatte Sky-Experte Christoph Metzelder zuletzt über das mögliche Slomka-Comeback gesagt. 96 machte selbst Erfahrungen mit Peter Neururer. Neururers zweite Amtszeit dauerte keine elf Monate – immerhin rettete er 96. Armin Veh scheiterte bei beiden Comebacks. In Stuttgart wurde er 2007 Meister, in seiner zweiten Amtszeit blieb er nur zwölf Spieltage. Frankfurt stieg mit Veh auf und erreichte die Europa League. Sein Frankfurt-Comeback in der 2015/16 dauerte nur bis zum 6. März.


Quelle: www.neuepresse.de