05.02.2016 | 20:02 Uhr | Fabian Mast
Hannover 96
Abmahnungen wegen Ebay-Ticketverkauf
Seit einem Jahr verschickt eine Anwaltskanzlei im Auftrag von Hannover 96 teure Abmahnungen an Fans, die ihre Eintrittskarten im Internet verkaufen. Eine legale Ticketplattform gibt es noch nicht, obwohl sie schon lange angekündigt ist.

Hannover. 122,60 Euro hat Matthias Fricke (Name geändert) im Dezember bei Ebay für zwei Heimtickets für die Partie gegen Bayern bekommen. Kein gutes Geschäft: Die Anwaltskanzlei Becker & Haumann aus Dortmund schickte eine Rechnung in Höhe von 1524,40 Euro - Frickehatte gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Hannover 96 verstoßen. Seit einem Jahr mahnen die Juristen Kartenverkäufer ab, eine legale Alternative gibt es aber immer noch nicht.

„Wir wollen den Schwarzmarkt eindämmen“, begründet Stadionchef Thorsten Meier das Vorgehen, zu dem sich die Bundesligisten vor einem Jahr nach einem Vorstoß der Deutschen Fußball-Liga (DFL) verpflichtet haben. Das käme am Ende auch den Fans zugute, weil so mehr Karten im regulären Verkauf bleiben, sorgt bei Betroffenen aber auch für Ärger: „Ich sehe ein, dass ich einen Fehler gemacht habe. Aber der Verein hätte mich doch wenigstens vorher mal kontaktieren können“, sagt das langjährige 96-Mitglied Fricke, den viele durch sein 96-Banner kennen, die bei jedem Heimspiel am Zaun hängt (und beinahe auch bei jedem Auswärtsspiel).

Der Weiterverkauf von Fußalltickets insbesondere über Internet-Auktionen ist per AGB untersagt. Das ist nicht neu, schafft aber immer wieder kleine Grausamkeiten: Weil es die Verkäufer nicht besser wissen oder nicht damit rechnen, erwischt zu werden. Vor allem aber zeigen die Fälle ein Versäumnis auf: Wer verhindert ist, hat wenig Möglichkeiten, gekaufte Stadiontickets wieder loszuwerden. Dabei hat 96 schon vor einem Jahr eine neue Plattform für die Ticketzweitverwertung angekündigt - doch passiert ist nichts. „Das Thema ist immer noch präsent“, sagt Meier. Die DFL will auf „bundesliga.de“ eine teamübergreifende Plattform schaffen. Einige Vereine warten auf das Ergebnis, andere überbrücken das mit eigenen Plattformen. 96 gehört zur ersten Gruppe.

Wenn der Verein per Anwalt gegen die Fans vorgeht, trifft es sie ins Mark. 96 weiß das, auch die Anwälte wissen das. „Hannover 96 legt besonderen Wert auf den Dialog mit seinen Anhängern und Kunden, die, wie unserer Mandantin bewusst ist, mit dem Verein in aller Regel emotional eng verbunden sind“ steht in dem Schreiben der Kanzlei - mit dem Hinweis auf eine Telefon-Hotline für „Rückfragen und Einwendungen“. Davor allerdings warnt Anwalt Dirk Dreger, der in Kamen tausende Abmahnfälle dieser Kanzlei vertritt, darunter aktuell 40 96-Fälle: „Das ist wie bei der Polizei. Ein falscher Satz, und er kann zum Nachteil ausgelegt werden.“

Zumindest bei schwerwiegenden Fällen rät er zu einem Anwalt, zumal auch die Unterlassungserklärung wie ein Schuldeingeständnis gewertet werden könnte - auch Fricke ist so ein Fall, weil er bis vor zwei Jahren häufiger bei Ebay Tickets verkauft hat. Bei einzelnen Vergehen sei die Kanzlei Becker & Haumann laut Dreger aber durchaus kulant. Grundsätzlich seien die Ticket-AGB der Vereine auch rechtens, bestätigt durch mehrere Amtsgerichte.

„Wir arbeiten nicht als Abmahn-industrie“, versichert Anwalt Ulf Haumann, „bei Bedarf klären wir die Verhältnismäßigkeit und sprechen mit dem Verein über die Kosten.“ Auch Stadionchef Meier sagt: „Wenn einer die Karte, die er für 44 gekauft hat, zum selben Preis verkauft, sagt keiner was.“ Post vom Anwalt könnte es aber dennoch geben - jeder entdeckte Verstoß wird zunächst verfolgt.

„Ich würde das Geld am liebsten dem Nachwuchsbereich spenden oder Obdachlosen, die mal ins Stadion wollen“, sagt Fricke. Immerhin: 96 steckt das Geld grundsätzlich in soziale Projekte - der Großteil der Summe verbleibt jedoch in der Kanzlei.


Quelle: www.neuepresse.de