Hannover-Kapitän im Interview | SCHULZ „Ich würde auch in der 2. Liga bleiben“

Er war Nationalspieler (4 Länderspiele), Meister und Pokalsieger mit Werder, spielte mit 96 Europa League.

Jetzt steht Christian Schulz (32/seit 2007 bei den Roten) vor seinem ersten Abstieg.

BILD: „Die Lage ist prekär“, sagten Sie im Januar-Interview im Flieger nach Belek. Wie würden Sie die Lage heute beurteilen?

Schulz: „Tja, da waren es noch 17 Spiele. Jetzt sind es nur noch acht, wir brauchen ein Riesenwunder. Aber wenn wir in Frankfurt gewinnen...“

BILD: Klar, Sie müssen das sagen.

Schulz: „Natürlich ist die Situation sehr deutlich, aber im Fußball passieren manchmal komische Dinge. Jeder Einzelne ist in der verdammten Pflicht, bis zum Schluss alles zu versuchen.“

BILD: Nach dem Köln-Spiel fühlten Sie sich „blutleer“. Was geht in Ihnen vor?

Schulz: „Die Situation ist alles andere als angenehm. Ich bin der Stadt und dem Verein so eng verbunden und habe so viele tolle Jahre erlebt. Es ist sehr hart!“

BILD: Können Sie zu Hause abschalten?

Schulz: „Wenn ich meine Kleine im Arm habe, gelingt das kurzzeitig. Aber nein, du nimmst die Situation mit nach Hause. Sie lässt dich nicht los, weil es so intensiv ist. Mir persönlich ist natürlich auch bewusst, was an der Bundesliga alles dranhängt. Da geht‘s auch um Existenzen und Arbeitsplätze.“

BILD: Wie begegnen Ihnen die Hannoveraner, wenn sie Sie auf der Straße oder beim Tanken treffen?

Schulz: „Meistens sind es aufmunternde Worte. Seit einigen Wochen kommt auch der ein oder andere Negativ-Kommentar. Aber das gehört dazu.“

BILD: Warum hat 96 das Ruder nicht rumreißen können?

Schulz: „Viele nennen Darmstadt als Knackpunkt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich gerade eine tolle Euphorie rund um die Mannschaft entwickelt. Aber auch danach waren noch jede Menge Spiele. Man muss auch deutlich sagen, dass bei Thomas Schaaf alle Spieler ihre Chance bekommen haben. Leider sind die Ergebnisse ausgeblieben.“

BILD: Ist das die schlechteste 96-Mannschaft, in der Sie gespielt haben?

Schulz: „Wenn du am 26. Spieltag Letzter bist, fehlen einem die Argumente. Diese Mannschaft ist aktuell auf jeden Fall die erfolgloseste – aber nicht die untalentierteste. Wir haben viele gute junge Spieler, deshalb war ich auch immer überzeugt, dass wir nicht absteigen.“

BILD: Wie geht‘s mit Ihnen weiter? Ihr Vertrag läuft aus...

Schulz: „Ich bin mit der Stadt und dem Verein verwurzelt. 96 ist mein absolut erster Ansprechpartner. Natürlich kann ich mir vorstellen, 96 auch in der 2. Liga die Treue zu halten und in Hannover zu bleiben, wenn das der Verein auch will. Wenn wir absteigen, fühle ich mich sogar in der Pflicht mitzuhelfen, um wieder in die 1. Liga zurückzukehren.“

BILD: Haben Sie schon mal an ein vorzeitiges Karriere-Ende gedacht?

Schulz: „Nein! Ich bin mir zwar bewusst, dass ich im Spätherbst meiner Karriere bin. Aber ein Karriere-Ende ist noch überhaupt nicht in meinem Kopf. Mir geht‘s gut, ich bin fit und möchte gern noch einige Jahre spielen. Eines ist mir diese Saison übrigens klar geworden...“

BILD: Was?

Schulz: „In dieser schwierigen Situation habe ich erst bemerkt, wie gut und schön meine Karriere bisher verlaufen ist. Darüber bin ich sehr froh.“

BILD: Was erwarten Sie von den nächsten Wochen?

Schulz: „Die nächsten zwei Monate werden brutal. Die Situation macht jeden von uns fertig. Aber wie gesagt, es ist unsere Pflicht, bis zum Schluss alles zu geben.“

BILD: Stichwort Fans. Sie waren nach der Köln-Pleite vor der Kurve. Haben Sie Hass gespürt?

Schulz: „Unsere Fans waren enttäuscht, das kann ich absolut nachvollziehen. Es sind von ein paar wenigen Leuten allerdings Worte gefallen, die nicht okay sind. Das gehört sich nicht. Insgesamt haben uns unsere Fans all die Wochen grandios angefeuert. Leider konnten wir nicht viel zurückgeben und das tut weh.“


Quelle: www.bild.de