Bundesliga

Labbadia: „Die Jungen sind noch nicht so weit“



Im Training am Dienstag hatte Bruno Labbadia nur sieben Feldspieler zur Verfügung. In den nächsten Tagen wird das nicht besser – die Nationalspieler sind unterwegs. Keine guten Bedingungen für die Analyse mit dem Team nach dem 1:6 beim FC Bayern.

Herr Labbadia, können Sie es sich mit ein bisschen Abstand erklären, wie es zur 1:6-Klatsche beim FC Bayern München kommen konnte?
Wir haben es eine halbe Stunde lang gut ­gemacht und dann 60 Minuten lang katastrophal gespielt, das muss man ganz klar so sagen. Ich hätte viele Dinge so nicht mehr erwartet von meiner Mannschaft. Wir haben vor allem in Ballbesitz haarsträubende ­Fehler gemacht.

Was genau ist schiefgelaufen?
Wir haben unseren Plan nicht umgesetzt. Eigentlich wollten wir mit langen, hohen Bällen hinter die Abwehr des FC Bayern kommen. Stattdessen haben wir es immer wieder mit riskanten Pässen ins Zentrum versucht, wo die Mittelfeldspieler Luiz Gustavo und Toni Kroos nur auf unsere Pässe gewartet haben. Dazu waren wir noch unkonzentriert. Die Folge waren Ballverluste im Zentrum – und genau die darfst du dir insbesondere gegen den FC Bayern nicht erlauben.

War es nicht etwas naiv, beim FC Bayern über 90 Minuten die eigene, auf Ballbesitz ausgerichtete Spielweise durchbringen zu wollen?
Die meisten Mannschaften, die sich dort nur hinten reinstellen, kassieren dann auch die Tore. Unser Anspruch ist es, dominant zu spielen, zu agieren. Wir haben unsere Spielweise schon in der vergangenen Rückrunde verfeinert, da haben wir ja öfters vier Tore in einer Partie geschossen. Es gibt Teams, die stellen sich hinten rein und warten ab – wir tun das nicht.

Beim FC Bayern ging das aber nach hinten los.
Im ersten Bundesliga-Spiel gegen den VfL Wolfsburg haben wir uns schwergetan, als der Gegner die Räume eng gemacht hat. Da ist uns zu wenig eingefallen. Auch vor der Europa-League-Partie bei Dynamo Moskau wussten wir, was uns erwartet. Das haben wir den Spielern aufgezeigt – und in Moskau haben wir genau das besser gemacht. Beim FC Bayern haben wir es wieder nicht hinbekommen. Bei unserer Spielweise muss aber jeder Pass sitzen. Das ist unser Anspruch.

Erschreckend war auch, dass sich Führungsspieler wie William Kvist oder Serdar Tasci nicht gegen das Debakel stemmten. Haben Sie sich die Jungs schon zur Brust genommen?
Die meisten sind ja unterwegs auf Länderspielreise, ich habe zurzeit sieben Feldspieler im Training, das macht eine Aufarbeitung schwieriger. Aber mit denen, die da sind, werde ich sicher Gespräche führen.

Müssen Serdar Tasci oder Christian Gentner also so etwas wie eine Brandrede befürchten?
Dass wir insgesamt so weggebrochen sind, hätte ich nicht erwartet. Das war ein Rückschritt, ganz klar. Wir werden sehr kritisch damit umgehen und auf Fehler hinweisen. Aber wir werden unsere Pläne nicht über den Haufen schmeißen. Wir haben einen ­klaren Plan. Und davon weichen wir nicht ab. Die Vorbereitung war gut, in den Partien vor dem Bayern-Spiel haben wir ordentlich agiert, deshalb stellen wir sicher nicht alles infrage.

Ein 1:6 schüttelt man aber dennoch nicht so einfach aus den Kleidern.
Das Team ist in den vergangenen Monaten eng zusammengerückt, schon der Kampf gegen den Abstieg in der Saison 2010/2011 hat uns zusammengeschweißt. Da mussten wir nach einer Niederlage manchmal innerhalb von zwei Tagen aufstehen – und wir haben es hinbekommen. Und ich bin überzeugt davon, dass wir es auch jetzt schaffen.

Sie werden erst einen Tag vor der Partie gegen Düsseldorf am übernächsten Samstag Ihren Kader komplett beisammen haben. Christian Gentner gab die Marschroute vor, gegen die Fortuna von null anzufangen und das Spiel in München komplett aus den Köpfen zu streichen. Ein guter Vorschlag?
Klar ist, dass wir die Partie gegen den FC Bayern genau aufarbeiten werden – dann werden wir uns aber auch auf Düsseldorf konzentrieren müssen.

Ein Thema wird sicher auch die Position des Spielmachers und dessen Anforderungen sein. Tamas Hajnal ist seit Wochen ein Schatten seiner selbst, seine Leistung in München war miserabel. Was ist los mit ihm?
Tamas muss das Spiel wieder mehr in die Hand nehmen, er kann das. Er beruhigt das Spiel zurzeit zu wenig, und er gibt den Takt auch nicht vor. Uns hat beim FC Bayern eine Anspielstation gefehlt. Auch deshalb gab es die Ballverluste – weil die Jungs, die den Ball dann bekamen, immer in Bedrängnis waren.

Tunay Torun kann auf der Zehnerposition ran. Bekommt er bald eine Chance von Beginn an?
Tunay hat zwei schwierige Jahre hinter sich. Er hatte einen Kreuzbandriss, und dann ist er mit Hertha BSC abgestiegen. Er hat das Zeug dazu – aber zurzeit sind seine Leistungen noch etwas schwankend. Ich hoffe, dass er in den Länderspielen mit der Türkei Selbstvertrauen tankt. Ob er gegen Düsseldorf spielt, werden wir sehen.

Werden Sie den drei 19-jährigen Jungprofis Raphael Holzhauser, Kevin Stöger und Antonio Rüdiger, die in dieser Saison in den Bundesliga-Kader aufgerückt sind, bald eine Chance geben?
Sie machen eine normale Entwicklung durch, sie sind aber aktuell noch nicht so weit. Das kann sich aber schnell entwickeln.

Warum sind sie nicht so weit?
Das hat unterschiedliche Gründe. Zum Beispiel sind die Intensität und das Tempo in der Bundesliga höher als in der dritten Liga.

Was fehlt wem genau?
Das bespreche ich mit den Spielern selbst.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


Mummi [Linked Image]