Bundesliga

Das Problem mit dem doppelten Harnik

Martin Harnik steckt einmal mehr im Tief. Und da der Vertrag des Stürmers zum Saisonende ausläuft, gibt es viel zu bedenken. Für ihn, aber auch für den VfB Stuttgart.


Frustrierter Abgang: der VfB-Stürmer Martin Harnik (rechts) trottet nach seiner
Auswechslung in Berlin an Trainer Alexander Zorniger vorbei.

Es ist gerade mal eine Woche her, da ist ein veränderter Martin Harnik nach Stuttgart zurückgekehrt. Mit Kurzhaarfrisur, Bart und dem Schwung aus der geschafften EM-Qualifikation. Zwei Tore hatte der Stürmer zum fulminanten und sporthistorischen Erfolg der Österreicher beim 4:1 in Schweden beigetragen.

Auch für den VfB hat Harnik schon einige Treffer erzielt, 50, um genau zu sein. In 158 Bundesligaeinsätzen. Das ergibt eine durchaus beachtliche Quote. Doch im Falle des 28-Jährigen erscheint es angebracht, eine statistische Rubrik zu schaffen, die es noch gar nicht gibt: Wie viele Tore hat der Angreifer eigentlich nicht erzielt? Und wenn Huub Stevens zu den Datenerfassern zählen würde, dann würde der Ex-Trainer das Ganze um eine Kategorie erweitern: Wie viele Gegentore hat Harnik eigentlich mit zu verantworten?

Der Niederländer hatte während seiner Zeit beim VfB intern immer wieder darauf hingewiesen, dass die Stuttgarter über die Außenbahnen so anfällig seien, weil Martin Harnik und auch Filip Kostic die Defensivarbeit vernachlässigten. In Berlin lieferte Harnik (im Gegensatz zu Kostic) aber kein frisches Material für die Sonderrubriken. Der gebürtige Hamburger blieb unauffällig – was dazu führte, dass er bei seiner Auswechslung frustriert vom Platz trottete.

Nichts hatte sich für ihn nach dem Höhenflug mit dem Team Austria beim VfB wirklich verändert und der Boden der Ligatatsachen sich wieder als hart erwiesen. So steuert Harnik auf eine Situation zu, die noch belastender werden kann. Sportlich mit der Mannschaft, aber auch persönlich, da sein Vertrag zum Saisonende ausläuft. „Wir haben vereinbart, dass wir uns Ende September zusammensetzen und besprechen, wie es weitergeht“, sagt Robin Dutt.
Kein Ultimatum, aber eine Erklärungsfrist

Als Ultimatum will das der VfB-Manager nicht verstanden wissen. Auch wenn zuletzt kolportiert wurde, Harnik könnte sich ziemlich schnell auf der Tribüne wiederfinden, wenn er sich nicht langfristig zu den Stuttgartern bekennt. Als eine Erklärungsfrist ist der gesetzte Termin aber durchaus zu interpretieren. Denn Dutt will in der Personalie Harnik möglichst rasch Klarheit haben. „Ich will wissen, wie der Spieler plant, damit ich weiß, wie ich selbst planen muss“, sagt der Sportchef.

Dutt agiert so früh in der Saison in der Überzeugung, dass der Spieler natürlich das Recht hat, seine Optionen zu prüfen – der Verein aber auch. Dabei will sich der Manager jedoch weder von Tagesergebnissen noch von Einzelleistungen leiten lassen. Beides würde gerade ja nicht für Harnik sprechen, der aber zu den Leistungsträgern im Team gehört. Und dies ist genau die Schwierigkeit: Einerseits ist Harnik in den vergangenen Jahren des Abstiegskampfs immer Teil des Problems gewesen, weil er schon über Monate hinweg seiner Form hinterherrannte. Andererseits ist die Offensivkraft auch immer Teil der Lösung gewesen, wenn er durch seine Tore und seine mitreißende Art zur Rettung beitrug.
Auch Didavi muss sich zu seiner Zukunft äußern

Wegen des zweiten Teils schob Dutt im Sommer Harniks Wechselgedanken einen Riegel vor. Zum einen hätte er auf die Schnelle kaum Ersatz gefunden. Zum anderen hätte ein Transfer Signalwirkung auf andere abwanderungswillige Profis gehabt – wie Daniel Didavi, dessen Vertrag auch 2016 endet und der sich bis Ende September ebenfalls zu seiner Zukunft äußern soll.

In der Summe ergibt sich so für Harnik in fünf Jahren VfB eine Bilanz, die den Club glauben lässt, es gäbe gleich zwei Harniks. Und um das zu zeigen, benötigte der Angreifer oft nicht einmal mehrere Spiele. Ihm reichen 90 Minuten, manchmal sogar 90 Sekunden. Weshalb das Management nun über Grundsatzfragen in Bezug auf den doppelten Martin nachdenkt.

Will der VfB wirklich mit dem Stürmer verlängern? Und wenn ja, zu welchen Bedingungen? Zumal es auch Faktoren gibt, die sich nicht in Zahlen spiegeln. Denn Harnik gehört nicht nur zu den wenigen Spielern im VfB-Kader, die als torgefährlich gelten, sondern ebenso zu den Stimmungsmachern. Er sitzt im Mannschaftsrat, bleibt durch seine extrem schwankende Spielweise aber ein Führungsspieler, der auf dem Platz nicht führen kann.

Quelle: Stuttgarter Zeitung


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