Stuttgarts Sportvorstand Dutt:

"Ich will nicht jammern"

Zur Person
Robin Dutt, 50, ist seit Januar Vorstand Sport des VfB Stuttgart. Dutt wurde in Köln geboren, wuchs in Baden-Württemberg auf und begann dort seine Fußballer-Karriere. Als Spieler reichte es nur für die Verbandsliga, doch als Trainer gelangte Dutt über die Stationen Stuttgarter Kickers und SC Freiburg in die Bundesliga. In Leverkusen war nach nur einem Jahr Schluss, 2012 war Dutt Sportdirektor beim DFB, von Juni 2013 bis Oktober 2014 war er Trainer von Werder Bremen.

SPIEGEL ONLINE: Herr Dutt, Sie kommen gerade vom Trainingslager in Belek zurück. Sind Sie optimistisch, dass die Rückrunde besser wird als die Hinrunde?

Robin Dutt: Wir haben mit Freude registriert, dass hart trainiert wurde und die Spieler auch mal länger zusammen sitzen nach dem Abendessen. So etwas kann man ja nur bedingt steuern.

SPIEGEL ONLINE: Auch Daniel Didavi saß mit am Tisch - dabei hatte man im Dezember den Eindruck, dass er liebend gerne wechseln würde.

Dutt: Wir hätten im Sommer und auch jetzt viel Geld für ihn bekommen können, aber wir brauchen ihn. Mit dieser Vorgehensweise haben wir es nun allerdings nicht mehr in der Hand.

SPIEGEL ONLINE: Im November haben Sie sich von Alexander Zorniger getrennt, der für eine Art von Fußball stand, die viele Fans vom VfB sehen wollen. Kommt jetzt wieder die Phase des Beamtenfußballs, an dessen Ende der Klassenerhalt stehen muss, ehe wieder neue große Ziele verkündet werden?

Dutt: Wir wollen nach wie vor mutigen Fußball spielen. Aber es gibt auch immer eine psychologische Komponente, und Jürgen Kramny geht jetzt einfach etwas zurück, um die Mannschaft zu stabilisieren. Von Beamtenfußball kann man aber definitiv nicht sprechen: Bei unserem 3:1-Sieg gegen den VfL Wolfsburg etwa haben wir streckenweise richtig guten Fußball gezeigt.

SPIEGEL ONLINE: Plötzlich dilettiert die Abwehr nicht mehr, und die Stürmer treffen das Tor. Für Zorniger muss das hart anzusehen sein.

Dutt: Zumal die Mannschaft unter ihm am Anfang super gespielt hat, und wir auch viel Pech hatten. Die Dinge, die er gut gemacht hat, sind dabei ziemlich untergegangen.

SPIEGEL ONLINE: Kein Wunder bei einem Trainer, der öffentlich die eigenen Spieler und Journalisten beschimpft.

Dutt: Ich habe als Trainer auch schon am eigenen Leib erfahren, wie wichtig die Medienarbeit ist. Wenn du hundert gute Sätze sagst und nur einen, der unglücklich formuliert ist, kriegst du den nicht mehr raus. Aber man kann nicht die Medien dafür verantwortlich machen, wenn man sportlich keinen Erfolg hat.

SPIEGEL ONLINE: Welche Fehler haben Sie gemacht?

Dutt: In unserer Situation ist es schwer, den eigenen Anwalt zu spielen, ich werde auch nicht aus taktischen Gründen die Dinge schlechter machen als ich sie finde. Aber die Trainerfrage braucht man nicht zu diskutieren. Wenn es nicht klappt, hat man das zu verantworten, das ist doch klar.

SPIEGEL ONLINE: Mit dem Trainerwechsel ist jetzt vieles obsolet, was als große Neuerung verkauft wurde: attraktiver Offensivfußball, ein neues Miteinander im Verein...

Dutt: Da muss ich widersprechen. Es geht ja weiter darum, den VfB sportlich weiterzuentwickeln. Da darf man natürlich auch das Konzept nicht von der Person des Trainers oder des Sportdirektors abhängig machen. Wir haben in den vergangenen Monaten die Verzahnung und den Austausch zwischen Scouting, Nachwuchsleistungszentrum und den Profis vorangetrieben und die Fortschritte haben nach wie vor bestand.

SPIEGEL ONLINE: Reden wir über Ihre Einkaufspolitik.

Dutt: Ich höre oft: "Die kommen da unten raus, die sind zu stark, um abzusteigen." Wenn das so ist, kann die Einkaufspolitik nicht so schlecht gewesen sein.

SPIEGEL ONLINE: Bei 37 Gegentoren kann man wohl nicht sagen, dass der Kader optimal zusammengestellt ist.

Dutt: Das behauptet auch niemand, sonst hätten wir ja jetzt im Winter nicht nachlegen müssen.

SPIEGEL ONLINE: Dann lassen Sie uns die Sommertransfers doch mal durchgehen. Torwart Przemyslaw Tyton...

Dutt: ... hat am Anfang viel Kritik abbekommen, gegen Ende der Hinrunde bekam er durchweg gute Noten, Mitch Langerak war verletzt, ist deswegen leider nicht messbar. Als linken Außenverteidiger haben wir Emiliano Insua geholt, der wird von niemandem kritisiert. Genauswenig wie Lukas Rupp oder auch Jan Kliment, der jetzt schon mehr Einsätze hat als wir gehofft haben. Und Innenverteidiger Toni Sunjic ...

SPIEGEL ONLINE: Jetzt sind wir gespannt.

Dutt: ... war am Anfang wirklich nicht ganz so stabil. Das wäre aber auch ein Wunder gewesen, weil die Mannschaft insgesamt nicht stabil war.

SPIEGEL ONLINE: Die Kritik entzündet sich weniger an den eingekauften Spielern, sondern daran, dass man mit einer Abwehr in die Saison gegangen ist, die nicht bundesligatauglich ist und sich immer wieder tölpelhaft ausspielen ließ.

Dutt: Wir haben zwei Torhüter, zwei linke Außenverteidiger und einen Innenverteidiger geholt. Dass wir defensiv nichts gemacht hätten, ist nicht richtig. Und: In der gleichen Defensivkonstellation haben wir souverän gegen Wolfsburg gewonnen. Mit einem starken Georg Niedermeier in der Innenverteidigung.

SPIEGEL ONLINE: Warum geben Sie denn nicht zu, dass Sie aktiv werden würden, wenn Sie das Festgeldkonto der Bayern hätten?

Dutt: Wir wollen ja noch einen Innenverteidiger holen, aber in der Dimension, die uns weiterhilft, kostet ein Innenverteidiger zehn Millionen und aufwärts.

SPIEGEL ONLINE: Geld, das der VfB nicht hat.

Dutt: Wobei ich nicht jammern will, dass wir kein Geld haben. Wir haben ganz ordentliche Möglichkeiten und liegen im Verhältnis zum Etat ganz deutlich unter unseren Möglichkeiten.

SPIEGEL ONLINE: Wie klamm ist der VfB wirklich?

Dutt: Wir können nicht mit den sechs, sieben finanzstärksten Klubs mithalten. Aber immerhin konnten wir jetzt im Winter mit Artem Kravets und Kevin Großkreutz zwei Spieler mit Champions-League-Erfahrung holen. Das ist nicht so schlecht.

Quelle: Spiegel.de


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