Ex-VfB-Spieler Delpierre

„Pavard muss seine Leistung bestätigen“

Der ehemalige VfB-Profi Matthieu Delpierre spricht über die Hintergründe des Transfers seines französischen Landsmannes.


Benjamin Pavard gilt als großes Talent.

Der frühere VfB-Innenverteidiger Matthieu Delpierre (35) und der aktuelle VfB-Innenverteidiger Benjamin Pavard (20) haben manches gemeinsam: Sie kommen aus Frankreich, sie sind als Fußballer in den Jugendmannschaften von OSC Lille groß geworden und sie wechselten von dort aus nach Stuttgart. Naheliegend, dass Delpierre in die Verpflichtung von Pavard eingebunden war und dass die beiden in Kontakt stehen.


Herr Delpierre, Sie müssen momentan ja sehr zufrieden sein, da Benjamin Pavard beim VfB einen glänzenden Einstand feierte und großen Anteil am 4:0-Sieg zuletzt gegen Greuther Fürth hatte. Schließlich haben Sie den Innenverteidiger im August empfohlen.
Stimmt, mit der Entwicklung bin ich auch sehr zufrieden, aber ganz so ist es im August nicht gelaufen.

Wie war es genau?
Der Berater von Benjamin (Anm. d. Red.: der Stuttgarter Francesco di Frisco) hat den Spieler beim VfB angeboten. So kam die Sache ins Rollen, damit hatte ich nichts zu tun. Erst anschließend fragte mich der VfB, ob ich diesen Spieler kenne und ob ich vielleicht ein paar Informationen über ihn aus Lille einholen kann.

Was haben Sie geantwortet?
Dass ich selbst zwar kein Urteil über Benjamin abgeben kann, weil ich ihn noch nie auf dem Platz gesehen habe, aber dass es aus meinen früheren Zeiten in Lille noch ein paar Bekannte gibt, die mir wahrscheinlich einiges über ihn erzählen können.

Daraufhin haben Sie dann zum Telefonhörer gegriffen und diese Bekannten angerufen?
Ja, vor allem habe ich ausführlich mit einem alten Freund von mir gesprochen, der Benjamin einst in der Jugend von OSC drei Jahre lang trainiert hat.

Auf diese Weise haben Sie schnell vieles über Pavard erfahren?
Mein Freund schwärmte von ihm und sagte, dass Benjamin bereits ein kompletter Spieler mit einem gewaltigen Potenzial sei. Obwohl er erst 20 ist, habe er praktisch keine Schwächen, sondern nur Stärken – seine Technik, sein Kopfball, sein Zweikampfverhalten, seine Spieleröffnung und seine Einstellung. Er bringe locker schon jetzt das Niveau für die erste französiche Liga mit. Das habe ich dann Jan Schindelmeiser beim VfB mitgeteilt.

Der Stuttgarter Sportvorstand hat Pavard für eine Ablöse von fünf Millionen Euro verpflichtet. Hatte der Spieler auch Angebote anderer Vereine?
Ich weiß, dass ihn einige französiche Erstligisten holen wollten, denn er gilt bei uns als großes Talent. Aber Lille wollte ihn nicht innerhalb von Frankreich transferieren, um die Konkurrenz dort nicht zu stärken.

Dennoch waren viele OSC-Fans sauer und beschimpften die Vereinsführung um den Präsidenten Michel Seydoux, weil Pavard überhaupt abgegeben wurde.
Das spricht doch für die Klasse von Benjamin. Außerdem sind die Leute angesichts der Politik des Clubs inzwischen auch grundsätzlich enttäuscht und frustriert. Denn in Lille heißt es immer, dass man auf die Jugend setzen will, aber das wird seit Jahren nicht gemacht. In Wirklichkeit wurden zuletzt sogar viele junge Spieler verkauft.

Für Pavard stand gleich fest, dass er nur nach Stuttgart wechseln will?
Ich habe ihn überzeugt (lacht).

Wie haben Sie das geschafft?
Wir haben miteinander geredet. Ich sagte ihm, dass ich beim VfB einst als Spieler nur positive Erfahrungen gemacht habe.

Ihre VfB-Karriere ist jedoch eine Weile her.
Deshalb habe ich ihm auch andere Dinge erzählt, beispielsweise dass der VfB ein Traditionsverein mit einer langen Geschichte ist und dass er hier die Gelegenheit erhält, immer vor bis zu 60 000 Zuschauern zu spielen. Oder dass der Club in dieser Saison unbedingt wieder in die Bundesliga aufsteigen möchte.

Warum wollte Pavard trotz laufendem Vertrag eigentlich aus Lille weg?
Weil er nicht das Vertrauen des Trainers Frédéric Antonetti spürte – und ein junger Spieler braucht diese Rückendeckung. Er muss spielen, wenn er besser werden und weiterkommen will.

Am Anfang hatte es Pavard allerdings auch beim VfB ziemlich schwer. Er wurde zunächst nicht eingesetzt.
Das stimmt. In dieser Phase habe ich ihm gesagt, dass er einfach Geduld braucht und sich in jeder Trainingseinheit aufdrängen soll. Und dass er seine Chance nutzen muss, wenn er sie bekommt. Die Situation war bei mir damals ja nicht anders.

Pavard hat seine Chance gegen Greuther Fürth genutzt.
Das war aber nur ein Spiel – diese Leistung muss er in den nächsten Wochen und Monaten bestätigen.

Das haben Sie ihm auch gesagt?
Ich habe es ihm per SMS geschrieben – und dazu noch, dass seine Bilanz gegen Greuther Fürth mit einem Tor und einer Torvorlage in den ersten 25 Minuten einerseits schon stark ist. Auf der anderen Seite hängt die Latte dadurch jetzt aber sehr hoch für ihn. Benjamin muss so weitermachen – und er muss auch noch lernen.

Wie hat Pavard auf Ihre SMS reagiert?
Er ist ein eher reservierter Typ und schreibt nicht so viel zurück.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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