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„Ich bin ein absoluter Teamplayer“ Ja ne is' klar vogel (Anm. d. Paten)

Der Präsidentschaftskandidat Wolfgang Dietrich spricht vor der VfB-Mitgliederversammlung über seine Person und seine Pläne.



Acht Wochen lang hat Wolfgang Dietrich Wahlkampf in eigener Sache betrieben. Dabei hat der Präsidentschaftskandidat des VfB viel erlebt und viel erzählt. Wir haben den 68-Jährigen aus Leonberg vor der Mitgliederversammlung an diesem Sonntag (12 Uhr) mit Aussagen konfrontiert, die er dabei getätigt hat.

Herr Dietrich, haben Sie es während des Wahlkampfs schon bereut, dass Sie Ihre Lebenplanung umgeworfen haben, um VfB-Präsident zu werden?
Keineswegs. Ich hatte auch in dieser Zeit viel mehr schöne Begegnungen als unangenehme. Ich habe ja auch von Anfang gewusst, dass die Zeit bis zur Wahl nicht einfach wird. Ich habe in meinem Leben schon einiges erreicht, aber eines leider nicht: mit der Situation klarzukommen, dass ich nichts gestalten kann. Das ist auch der Grund, warum ich ­meine Familie davon überzeugen konnte, dass ich für das Amt des VfB-Präsidenten kandidieren will.

Dennoch haben Sie bis vor wenigen Wochen nicht danach gestrebt, dieses Amt zu übernehmen.
Überhaupt nicht. Meine Lebensplanung war eine andere. Im Mai war ich beim gefühlten Abstieg gegen Mainz live im Stadion dabei. Erst danach hat sich in den Gesprächen mit dem Aufsichtsrat meine Kandidatur ergeben.

Warum?
Ich stand einfach vor der persönlichen Entscheidung: weiter bruddeln oder Verantwortung übernehmen. Für mich gibt es drei Ebenen der Opposition. Erstens: Sie listen auf, was alles schiefläuft. Das ist einfach, und die Inhalte unterscheiden sich bei allen Anspruchsgruppen nicht groß. Zweitens: Wie kann man es besser machen? Da wird die Liste deutlich kürzer. Und drittens: Wer setzt es um? In diesem Punkt bin ich schon auch stolz darauf, dass man mir im Verein diese Rolle zutraut.
„Ich bin kein Revolutionär.“

Sie planen offenbar keine radikalen Änderungen, aber wird ein anderer Wind wehen, wenn Sie gewählt werden sollten?
Nein, und schon gar nicht im Sinne von aufräumen und durchfegen. Meine Überzeugung ist es noch nie gewesen, dass man erst zehn Leute rausschmeißen muss, anschließend zehn neue Leute einstellt, um dann etwas Neues aufzubauen. Meine Überzeugung ist es vielmehr, dass man alle Leute, die da sind und die dem Verein gegenüber loyal sind, mitnehmen, schützen und entwickeln muss.

Wie waren Ihre Begegnungen mit den Fans außerhalb der Geschäftsstelle?
Natürlich waren auch einige kritische Begegnungen dabei. Es war allerdings keine Begegnung dabei, die unfreundlich verlaufen ist oder aus der man herausgegangen ist und zu dem Schluss kommen musste, es ­gäbe keine Dialogbereitschaft.

Welche Themen bewegen die Mitglieder?
Sie haben alle ihren Stolz auf den VfB, der allerdings Stück für Stück verloren gegangen ist. Zudem erwarten die Menschen, dass ihr Verein ein anderes Gesicht zeigt. Sei es in kleineren Angelegenheiten wie dem Umgang mit Ex-Spielern oder in großen Angelegenheiten wie der Vereinsentwicklung. Der VfB hat viel zu viele Themen, die nicht entschieden sind.

Sie gelten als Macher. Lässt sich daraus ableiten, dass Sie deshalb der Kandidat des Aufsichtsrats sind, um zum Beispiel die Ausgliederung der Profiabteilung aus dem Hauptverein durchzudrücken?
Nein, ich bin unabhängig. Finanziell wie persönlich. Darauf lege ich größten Wert. In Sachen Ausgliederung verhält es sich für mich derweil so: Diese Frage muss möglichst zeitnah durch die Mitglieder entschieden werden. So oder so.

Heißt das: Ausgliederung oder Abgrund?
Nein. Das ist genau die Drohkulisse, die nicht aufgebaut werden darf.

Es gibt also nicht die Vorgabe, dass ein möglicher Präsident Wolfgang Dietrich innerhalb seiner Amtsperiode die Ausgliederung umsetzt?
Nein. Wer sollte das überhaupt verlangen?

Der Aufsichtsrat oder die potenziellen Investoren, die dahinter stehen.
Ausgeschlossen. Die Ausgliederung ist ein Thema, das den Verein nicht lähmen darf. Aber sie lässt sich nicht einfach so durchboxen. Es müssen doch erst die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, damit die Mitglieder überhaupt darüber abstimmen können.
Wie  sehen  Sie  Ihre  Rolle, falls die AG kommt?
Im Falle einer Ausgliederung will ich als Präsident den Hauptverein vertreten. Also mindestens 75,1 Prozent der Anteile, und dabei will ich jemand sein, der diese Interessen der Mitglieder mit Nachdruck verfolgt. Mein Plan ist es nicht, Vorstandschef der AG zu werden.

An Ihrer Person scheiden sich die Geister. Können Sie das nachvollziehen?
Nein, ich bin ein absoluter Teamplayer. Es sei denn, man polarisiert schon, wenn man klar Position bezieht, denn so jemand bin ich. Und bei S 21 war es meine Aufgabe, die Befürworter zu einen und mit einer Stimme sprechen zu lassen. Als ich angetreten bin, war es nicht absehbar, dass die Situation eskalieren würde. Ich bin also nicht als Hardcore-Kämpfer für das Bahnprojekt angetreten.

Empfinden Sie die mögliche Aufgabe beim VfB als leichter?
Ja, weil ich bei jedem VfB-Mitglied voraussetze, dass wir ein völlig identisches Ziel haben: Wir wollen das Beste für den Verein – und das ist Erfolg.
„Ich weiß, wie das Fußballgeschäft läuft.“

Sie wollen den VfB neu ausrichten und vor allem die Jugendarbeit wieder vorantreiben. Gehen diese Pläne auf Ihre Erfahrungen im Fußballgeschäft zurück?
Nicht nur, es sind auch Erfahrungen aus meinen unternehmerischen Tätigkeiten – und da spielt der Fußball nicht die Hauptrolle. Bei Daimler käme doch auch niemand auf die Idee, weniger Mittel in die Entwicklungsabteilung fließen zu lassen, nur weil der Absatz stockt.

Nur lassen sich Industriemechanismen nicht auf den Profifußball übertragen.
Sicher nicht, weil ein Verein ganz anders reagieren muss, wenn er plötzlich 40 Millionen Euro weniger an Einnahmen hat. Da ist man dann auch mal gezwungen, an der Jugendarbeit zu kürzen.

Wie würden Sie das Problem angehen?
Wir müssen beim VfB Sponsorenpools speziell für den Nachwuchsbereich bilden. Das Geld fließt dann also nicht in die große Kasse und wird hinterher verteilt, sondern es gibt Mehrjahrespläne und damit auch verlässliche Etats im Jugendbereich.

Und Sie können dieses Geld beschaffen?
Ich sehe meine Rolle als Präsident jedenfalls auch darin, diese Visionen mit zu entwickeln, die entsprechenden Firmen anzusprechen und sie für die Idee zu begeistern.

Trauern Sie trotz eines Carlos Mané immer noch der verpassten Verpflichtung von Serge Gnabry nach?
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Im Fall Gnabry bleibt für mich aber emotional ein Nachgeschmack zurück. Ein Junge, der hier ausgebildet wurde, der den VfB noch im Herzen trägt und dessen Eltern in der Region leben. Um so einen Spieler würde ich in Zukunft kämpfen – natürlich immer vorausgesetzt, dass Trainer und Manager sich darüber ­einig sind, dass dieser Spieler verpflichtet werden soll.

Und wenn sich die sportliche Leitung nicht einig ist?
Dann muss der Präsident vermitteln und notfalls eine Richtungsentscheidung fällen, da so ein Transfer ja nicht nur eine sportliche Komponente gehabt hätte.

Muss ein VfB-Präsident demnach ein großer Kämpfer mit Stehvermögen sein?
Ja, klar, alle beim VfB brauchen Kampf- und Stehvermögen. Aber in dem Sinne, dass er um Spieler und Entscheidungen ringt. Es gehört aber auch Empathie dazu. Wir müssen beispielsweise potenziellen Neuzugängen vermitteln, wie gut der VfB ist.
„Ich werde mich um den VfB genauso bemühen, wie ich mich 40 Jahre lang um meine Firmen bemüht habe – und wenn es genauso ausgeht, dann geht es gut aus.“

Sie sprechen häufig Ihren beruflichen Werdegang an, aber gerade Ihre Vergangenheit als Fußballinvestor lässt VfB-Mitglieder argwöhnisch auf die Kandidatur blicken.
Ja – und wer mir zutraut, dass ich als VfB-Präsident Geschäfte mit dem Verein machen will, der wird mich kaum wählen. Ich kann nur wiederholen, dass ich mich schon seit 2010 aus dem operativen Geschäft der Quattrex AG zurückgezogen habe. Ich halte noch 14 Prozent der Anteile dieser Firma, die ich gegründet habe und die allerdings nicht als Investor agiert, sondern Darlehen an Fußballclubs vergibt. Seit Jahren führen ­jedoch Tobias Schlauch und mein Sohn Christoph das Unternehmen.

Der nächste Ansatzpunkt für eine mögliche Einflussnahme – sagen Skeptiker.
Gäbe es Verstrickungen, würde ich sowohl gegen die Satzung des VfB als auch gegen die Statuten des Ligaverbandes DFL verstoßen. Alles wurde geprüft, und die DFL hat grünes Licht erteilt.

Also hat der Aufsichtsrat mit Ihrer Nominierung alles richtig gemacht und steht zu Unrecht in der Kritik?
Das kann man natürlich nicht voraussagen. Dem Aufsichtsrat gebührt jedoch Respekt, dass beim VfB nach dem Abstieg in den Führungsgremien Ruhe geherrscht hat und die Lizenz ohne Auflagen erteilt wurde. Das ist absolut positiv und neben dem Vorstand eindeutig der Verdienst von Martin Schäfer, Hartmut Jenner und Wilfried Porth sowie der Unternehmen, für die sie stehen.

Bei allem Respekt, beschäftigen Sie sich mit dem Szenario einer Wahlniederlage?
Nein. Ich wäre dann zwar sicher enttäuscht, weil ich mich sehr auf diese Aufgabe freue, ich würde jedoch Mitglied bleiben und weiter ins Stadion gehen.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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