Sportvorstand Bobic lobt designierten VfB-Chef Wahler



Der VfB Stuttgart gehört nicht zu seinen bevorzugten Beschäftigungsfeldern, die Suche nach einem neuen Präsidenten hat er aus der Ferne verfolgt, doch als am Dienstag klar ist, wer neuer Chef beim Fußball-Bundesligisten werden soll, war auch Helmut Digel plötzlich hochgradig interessiert. Und seine Meinung eindeutig: „Hätte ich das zu entscheiden gehabt“, sagt der Tübinger Sportsoziologe, „ich hätte mich genauso entschieden.“ Also für Bernd Wahler.

Bernd wer?

Für alle, die in der Geschäftswelt des Sports nicht heimisch sind, war dies wohl die erste Frage, die sich stellte, nachdem der VfB bekanntgegeben hatte: „Bernd Wahler ist der Kandidat, den der Aufsichtsrat auf der Mitgliederversammlung am 22. Juli 2013 den Mitgliedern zur Wahl stellt.“ Bei all jenen, die den Remstäler aus Schnait bereits kennengelernt haben, sind alle Zweifel an dessen Eignung für das höchste Amt im roten Haus dagegen längst ausgeräumt.

„In ihm haben wir unseren Wunschkandidaten“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Schmidt, „er vereint alle Punkte unseres Anforderungsprofils.“ Sportvorstand Fredi Bobic erklärt: „Ich war total erleichtert, als die Sache durch war.“ Und Aufsichtsrat Hansi Müller findet: „Ich habe keinerlei Bedenken, dass es ihm gelingt, Überzeugungsarbeit zu leisten.“ Helmut Digel ist sowieso überzeugt.

Der hat – wie gesagt – mit dem VfB zwar eher wenig zu tun, kennt Bernd Wahler dafür umso besser. Am Tübinger Sportinstitut hat er den heute 55-Jährigen als Studenten kennengelernt – und seitdem dessen Laufbahn begleitet. Unter anderem in seinen Funktionen als Präsident des Deutschen und Vizepräsident des Internationalen Leichtathletikverbandes, weil Wahler längst bei den Sportartikelherstellern Adidas und Nike Karriere gemacht hatte. „Er ist einer der herausragenden Marketingexperten“, sagt Digel, hebt Wahlers „sportfachliche und ökonomische Kompetenzen“ hervor und preist ihn als „guten Kommunikator“: „Er hat gezeigt, dass er Mitarbeiter motivieren kann“.

„Er kommt aus dem Bereich Innovation – da kann er beim VfB gleich weitermachen“

Dass Bernd Wahler zudem aus der Region stammt und als Jugendlicher schon das Trikot mit dem Brustring trug, machte ihn für den VfB zum letztlich perfekten Kandidaten. „Er ist international vernetzt und kennt sich im Sport gut aus“, sagt Bobic. Schmidt ergänzt: „Wir sind sicher, mit ihm den Mann gefunden zu haben, der unseren Verein mit Leidenschaft, Fachwissen, Seriosität, Innovationsdenken und Elan führen kann.“ Und Ehrenpräsident Erwin Staudt findet: „Er kommt aus dem Bereich Innovation – da kann er beim VfB gleich weitermachen.“

Tatsächlich stehen einige Aufgaben an. Sportlich und wirtschaftlich soll der Club nach vorne kommen, die bundesweite und internationale Vermarktung ist ausbaufähig, und eine Strukturreform samt möglicher Ausgliederung der Profikicker steht auch auf der Liste. Ob Wahler all dies angehen darf, entscheiden allerdings nicht Bobic oder Schmidt – sondern die Mitglieder. Der Mitgliederversammlung ist durch die Rücktritte von Ex-Präsident Gerd Mäuser und des ehemaligen Aufsichtsratschefs Dieter Hundt zwar vordergründig die Brisanz genommen. Auf den gemäß der Satzung einzigen zur Wahl stehenden Kandidaten schauen die Mitglieder dennoch ganz genau.

Nicht wenige bevorzugten einen ehemaligen Profifußballer als neuen Präsidenten, ein Name mit großer Strahlkraft war auch nicht unerwünscht. Bernd Wahler ist keines von beiden – und wird die Tage bis zur Wahl intensiv nutzen müssen, um Werbung in eigener Sache zu machen. Zwar ist er in seinem Job als Senior Vice President für den Bereich Innovation bei Adidas noch eingespannt, in den Gremien des Clubs sowie bei Fans, Mitgliedern und Sponsoren wird er sich dennoch vorstellen. Am Freitag soll er zunächst offiziell präsentiert werden.

Bobic: „Er führt aus der Mitte heraus“

Von diesen ersten Eindrücken wird einiges abhängen. Im Gegensatz zu Ex-Clubchef Gerd Mäuser soll sich Wahler aber durch seine einnehmende Art auszeichnen. Ein Nobody ist er in der Fußballszene zudem keinesfalls. Schließlich leitete er bei verschiedenen WM-Turnieren die Marketing-Kampagnen von Adidas. Hansi Müller lernte den Manager einst bei der Entwicklung eines neuen Fußballschuhs Anfang der 90er Jahre kennen – und ist überzeugt: „Er ist ein Teamplayer.“ Alfred Grupp, der Vorsitzende des VfB-Ehrenrats, erklärt: „Ich hoffe, dass der Verein nun eine Spitze bekommt, die auch wieder so genannt werden kann.“ Wobei der neue Chef in spe seine Rolle womöglich ganz anders definiert. Fredi Bobic jedenfalls sagt: „Er führt aus der Mitte heraus.“

Auch das war ein Argument, weshalb der VfB alles daransetzte, Bernd Wahler von Adidas loszueisen. „Das war alles andere als einfach“, sagt Hansi Müller. Herbert Hainer, Chef des Sportartikelherstellers, erteilte am Ende höchstpersönlich die Freigabe. An­geblich zähneknirschend. Aber auch der VfB müsste bluten, sollte Wahler gewählt werden. Der würde mit einem Grundgehalt von rund 500.000 Euro pro Jahr wohl deutlich mehr verdienen als zuletzt Gerd Mäuser.

Bernd Wahler ist es dem Verein wert – selbst wenn nicht gleich ein neuer lukrativer Ausrüstervertrag herausspringt. Der Kontrakt des VfB mit Adidas-Konkurrent Puma läuft noch bis 2015, daran würde auch die Einstellung Wahlers nichts ändern. Der will sich bis Freitag erst einmal nicht öffentlich äußern – dann aber umso mehr kommunizieren. Um möglichst alle zu überzeugen.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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