Vedad Ibisevic

Der Rookie kehrt zurück



In St. Louis wurde Vedad Ibisevic vor mehr als 10 Jahren zum Nachwuchsspieler der USA gewählt, nun traf er dort mit Bosnien auf Argentinien.

Vedad Ibisevic hat zwar 0:2 verloren, aber auf die Reise in die USA blickt der VfB Profi dennoch glücklich und zufrieden. Schließlich kehrte der bosnische Nationalspieler nach St. Louis zurück, an den Ort, wo seine Eltern und seine Schwester weiterhin leben und in dessen Umgebung etwa 50.000 Bosnier in den 90igern im Zuge des Krieges flohen. Die Region bietet heute einer der weltweit größten Ansammlung an Bosniern eine Heimat. Auch deshalb testete die bosnische Nationalmannschaft an diesem Dienstag in der US-Stadt.

Der Gegner war einer der ganz Großen. "Das ist ein cooles Duell gegen Argentinien, ein toller Vorgeschmack auf die Weltmeisterschaft", sagte Vedad Ibisevic vor der Abreise. Schließlich messen sich er und seine Nationalteamkollegen erstmals überhaupt in der Geschichte des kleinen Landes bei einer WM-Endrunde mit den besten Mannschaften der Welt. Denn Bosnien-Herzegowina qualifizierte sich als Erster der europäischen Gruppe G direkt für das Turnier in Brasilien 2014 – und der VfB Knipser erzielte den erlösenden Treffer im letzten Gruppenspiel gegen Litauen.

Nun ging der Test gegen die Argentinier im Busch Stadium nach zwei Treffern von Kun Agüero (40. und 66.) zwar verloren, aber Vedo konnte sich dabei 69 Minuten bis zu seiner Auswechslung mal wieder der Familie und vielen Freunden fußballerisch live zeigen – etwa 50 Tickets musste er für die Begegnung besorgen – und sie vor allem mal wieder treffen. Schließlich kann der 29-Jährige in der Regel lediglich an Weihnachten und in der Sommerpause zu seinen Verwandten fliegen. "Ich freue mich, mal wieder eine längere Reise zur Familie und zu den Wurzeln machen zu können", sagte er vor dem Abflug.

Bosnien – Schweiz – USA – Frankreich – Deutschland

2001 siedelten Vedad Ibisevic und dessen Familie in die USA über. Ihr Weg begann, als Vedad 7 Jahre war, sie flohen vor dem Krieg von Vlasenica nach Tuzla, er kickte dort mit Plastiktüten über den kaputten Schuhen, wenn es kalt war. Dann zog der Tross weiter in die Schweiz, wo der hochtalentierte Fußballer beim FC Aarau und beim FC Baden spielte. Von dort aus ging es nach St. Louis. Für den heutigen VfB Profi war dies ein fußballerischer Abstieg, doch er kämpfte für seinen Traum, erhielt ein Stipendium der ortsansässigen Universität, spielte in den Semesterferien bei den Chicago Fire, wurde 2002 "Rookie of the Year" und damit Zielobjekt bosnischer Späher. Sein Kurzeinsatz und ein Tor in der U21 brachten weitere Scouts auf den Plan, und so bestritt Vedo ein Probetraining sowie ein Testspiel für Paris St. Germain. Der nächste Dämpfer folgte: er verlor sein Stipendium, weil die Uni-Verantwortlichen über seinen Ausflug in die französische Hauptstadt so gar nicht amüsiert waren. Außerdem war er in Paris der 4. Ausländer und wurde daher in die 2. französische Liga nach Dijon ausgeliehen. Nach seiner Rückkehr zu St. Germain lief der Vertrag dort aus, doch dann kam ein Angebot von Alemannia Aachen, und der Stürmer wechselte nach Deutschland. Über die TSG Hoffenheim landete er letztlich beim VfB und beeindruckte im Dress mit dem roten Brustring seither durch eine tolle Torquote.

Vedad Ibisevic hat viel erlebt, auf dem, aber besonders fernab des Fußballplatzes: "Wenn ich keine Titel gewinne, mag es schlimm sein. Aber mein Leben war viel schlimmer als das. Dass ich dabei normal geblieben bin, ist wie ein Titel für mich", sagte er einmal zu den Stuttgarter Nachrichten. An seiner Normalität hat auch das entscheidende 1:0 in der WM-Qualifikation nichts geändert, auch nicht die frenetische Feier zehntausender Bürger auf den Straßen Bosnien-Herzegowinas, auch nicht die Tatsache, dass die New York Times nach dem historischen Sporterfolg des Balkanstaates ein Interview mit ihm wollte und in dem Artikel bedauerte, dass Vedo aufgrund von Green-Card-Regulierungen nicht für die US-Nationalmannschaft auflaufen konnte und sich letztlich für sein Heimatland entschied.

Der 29-Jährige ist bodenständig, zuvorkommend – und vor allem torgefährlich. Das konnte er zwar bei der Niederlage Bosniens gegen Argentinien nicht zeigen, doch er tat es häufig genug zuvor im Nationaltrikot und auch im VfB Dress. An diesem Mittwoch wird er in Stuttgart zurückerwartet, und schon am Freitag gegen Borussia Mönchengladbach (20.30 Uhr) soll er wieder für den Klub mit dem roten Brustring treffen. Mit einem 0:2 wäre er nach der Partie in der Mercedes-Benz Arena allerdings mit Sicherheit nicht zufrieden.



Quelle: vfb.de


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