Kommentar

Schneider ist VfB-Trainer - Mutige Wahl



Es gab Tage in der Geschichte des VfB Stuttgart, da waren die Gesichter so lang wie die Mercedesstraße, wenn ein Trainer seine Taschen packen musste. Bei der Trennung von Christoph Daum etwa oder beim Abgang von Armin Veh. Diesmal hält sich das Bedauern in Grenzen. So bitter es klingt: Bruno Labbadia hatte abgewirtschaftet. Selbst jene Fans, die bis zuletzt an seine Qualitäten glaubten, mussten nach der 1:2-Niederlage in Augsburg eingestehen: Das Repertoire des Fußball-Lehrers hatte sich nach fast drei Jahren der Zusammenarbeit erschöpft. Es deuteten alle Anzeichen darauf hin, dass er die Mannschaft nicht mehr erreichte. Die Saisonziele gerieten schon zum Saisonstart in Gefahr. Es war höchste Zeit den Schlussstrich zu ziehen.

Zwischenmenschlich betrachtet hinterlassen solche Scheidungen mit öffentlicher Begleitmusik immer ein ambivalentes Gefühl. Mitleid mit Bruno Labbadia muss deshalb aber niemand haben. Wer sich ins Haifischbecken des Profifußballs begibt, weiß um die Gefahren. Sie werden fürstlich entlohnt. Eine satte Abfindung lindert die Schmerzen der Trennung.

Dass sich die Führungscrew des VfB für Thomas Schneider (40) als neuen Cheftrainer entschieden hat, ist mutig, aber auch konsequent. Der frühere VfB-Verteidiger gilt als Trainer-Talent, mit den U-17-Junioren feierte er im Sommer die deutsche Meisterschaft. Nun steht er geradezu symbolisch für den Kurs, den der neue Präsident Bernd Wahler ausgegeben hat: Der Verein für Bewegungsspiele will die Marken-Politik wieder beleben, die ihm einst zu Ruhm und Ehre verhalf. Er will jungen und fähigen Mitarbeitern aus der eigenen Nachwuchsschmiede das Vertrauen schenken, das sie verdienen.

Der Schritt birgt Risiken: Für Wahler und für Sportvorstand Fredi Bobic. Scheitert Schneider, scheitern in gewisser Hinsicht auch sie. Denn auch der neue Coach ist kein Guru. Besserung über Nacht ist nicht zu erwarten. Aber eine Mannschaft, die alles gibt, um den Funken zwischen ihr und den Fans neu zu zünden. Die VfB-Gemeinde hat lange genug gelitten. Sie hat sich ein bisschen Spaß redlich verdient.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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