2. Liga

„Bei Hannes Wolf hat alles Hand und Fuß“

Nach einigen Startproblemen läuft es für den VfB Stuttgart in der zweiten Liga mittlerweile ganz gut. Das gilt auch für Christian Gentner (31), der bereits vier Tore erzielt hat. „So kann es weitergehen“, sagt der Kapitän vor dem Spiel bei Dynamo Dresden (13 Uhr/Sky).


Traf in dieser Saison bereits viermal: VfB-Kapitän Christian Gentner.

Hallo Herr Gentner, der VfB Stuttgart erlebt mal wieder turbulente Tage – auf wie abseits des Rasens. Wie haben Sie die Mitgliederversammlung und die Wahl von Wolfgang Dietrich zum neuen Präsidenten erlebt?
Es ging schon kritisch zu, ich glaube das kann man so sagen. Aber das ist nach dem, was in der Vergangenheit passiert und in den Abstieg gemündet ist, sicher auch keine Überraschung. Jetzt sind alle Personalentscheidungen gefällt – Trainer, Sportvorstand, Präsident, Aufsichtsrat. Es macht den Anschein, dass es in eine gemeinsame Richtung geht. Wir wünschen uns alle, in dieser Konstellation längerfristig zu arbeiten.

Hat der neue Clubchef auch schon zur Mannschaft gesprochen?
Er hat sich beim Frühstück vorgestellt und einige Worte an uns gerichtet. Grundsätzlich sollte die Präsidentenwahl aber kein Thema mehr für die Mannschaft sein. Wir müssen uns auf die sportlichen Aspekte konzentrieren.

Am Mannschaftskapitän geht die Vereinspolitik aber nicht spurlos vorüber?
Nein, ich bin ja schließlich schon ein paar Jahre hier. Ich habe die Präsidentenwahl genau verfolgt und Wolfgang Dietrich und ich werden uns auch bald persönlich zusammensetzen.

Unter den Fans ist Dietrich sehr umstritten. Haben Sie die Sorge, dass bei den Spielen Stimmung gegen ihn gemacht wird und sich dies auf die Mannschaft überträgt?
Der Schulterschluss zwischen Fans und Mannschaft war immer vorhanden. Selbst nach dem Abstieg. Insofern mache ich mir da keine Sorgen. Es liegt allein an uns, mit Erfolgen für gute Stimmung zu sorgen. Dann können beide Seite hoffentlich schneller zueinander finden.

Wie haben Sie in Dietrichs Rede seinen persönlichen Vergleich mit Ihnen als Kapitän und Vorkämpfer empfunden?
Durchaus wertschätzend und anerkennend. Ich war darüber im Vorfeld übrigens nicht informiert.

Wie sehen Sie denn inzwischen Ihre Rolle in dem Verein, in dem Sie mit kurzer Unterbrechung seit 1999 Fußballspielen?
Es ist für mich wichtig, die mittel- und langfristige Ausrichtung aus nächster Nähe mitzuverfolgen. Ich habe ja immer gesagt, dass ich mir auch eine Zukunft nach meiner aktiven Karriere beim VfB vorstellen kann. Aber erst einmal hoffe ich, dass ich noch möglichst lange Fußballspielen kann.

Wir nehmen an: am liebsten ohne weitere Trainerwechsel.
Davon hatte ich wirklich genug (lacht).

Was für ein Typ Trainer ist Hannes Wolf?
Ein absolut positiver Typ. Er ist sehr kommunikativ und legt sehr viel Wert auf Details. Kleinigkeiten, auf die vielleicht nicht immer so viel geachtet wurde. Taktische Dinge, sowohl im Spiel mit als auch im Spiel gegen den Ball.

Zum Beispiel?
Am Anfang der Saison haben wir im Training hauptsächlich Elf gegen Elf gespielt. Hannes Wolf versucht uns gezielt im Passspiel zu verbessern, um das Spiel schneller zu machen. Wie muss ich meinen Mitspieler anspielen, damit er den Ball bestmöglich weiterverarbeiten kann: Auf den inneren Fuß oder besser auf den äußeren? Ein weiteres Beispiel: Positionstreue. Der Trainer definiert je nach Gegner genau die Anordnung bei zwei defensiven Mittelfeldspielern. Entweder nebeneinander oder diagonal verschoben. Alles Kleinigkeiten, die ein Ziel haben: Spielerische Lösungen zu finden und das Spiel nach vorne schnell zu machen.

Klingt nach einem festen System. Wieviel Individualität lässt es dem Einzelnen?
Die ist nach wie vor gegeben. Vor allem im vorderen Bereich, wo wir über viel individuelle Qualität verfügen. Dort will uns Hannes Wolf bewusst taktisch auch nicht überfrachten.

Sprechen Sie auch schon die von Wolf viel zitierte gemeinsame Sprache?
Wir verstehen, was er uns sagen will. Das mag für Außenstehende manchmal etwas neuartig klingen, für uns als Mannschaft gibt es da aber kaum Verständigungsschwierigkeiten.

Sie benötigen also kein Wörterbuch Wolf-Deutsch/Deutsch-Wolf?
Nein, so schlimm ist es nicht (lacht). Entscheidend ist, dass das, was ein Trainer sagt, Hand und Fuß hat. Als Spieler merkt man so etwas schnell. Und bei Wolf hat alles Hand und Fuß.

Wie anstrengend sind seine Trainingseinheiten – auch mental?
Sie fordern uns schon, vor allem, weil wir es so nicht kannten. Die Übungen sind meist sehr komplex, was bedeutet, dass man die 80 oder 90 Minuten auf dem Trainingsplatz immer hoch konzentriert angehen muss.

Dass Wolf nur vier Jahre älter ist als Sie ergibt kein Akzeptanzproblem?
Überhaupt nicht. Wenn jemand wie er so gezielt Stärken und Schwächen von Spielern erkennen, Gegner analysieren und eine Spielidee vermitteln kann, dann ist es völlig egal, ob er 25, 35, oder 65 ist.

Die Stimmung im Training ist meistens gut, was auf einen intakten Teamgeist schließen lässt. Ergibt sich der von selbst, wenn nur die Ergebnisse stimmen?
Das impliziert, dass es bei uns in der Mannschaft in der Vergangenheit nicht gestimmt hätte. Dem möchte ich widersprechen. Teamgeist ist auch gar nicht das Entscheidende, sondern vielmehr das Leistungsklima, das in einem Verein herrscht. In der vergangenen Saison hat sich die Mannschaft häufig fast von selbst aufgestellt – weil Spieler, die schon bewiesen hatten, dass sie es können, immer wieder aufs Neue das Vertrauen geschenkt bekamen. Und die zweite Reihe vielleicht zu wenig Druck auf die Etablierten gemacht hat. Ich glaube, das ist es, was wir uns im Rückblick vorwerfen müssen.

Was mit ein Grund für den Abstieg war. Wie nehmen Sie die zweite Liga jetzt wahr?
Die Liga ist sauschwer, weil einem kämpferisch noch mehr abverlangt wird als in der Bundesliga. Gegen uns sind die Gegner hochmotiviert, meist spielen sie gegen uns auch anders als sie sonst spielen würden. Etwas zurückhaltender, mit vielen langen Bällen. Das macht es für uns nicht einfacher, soll aber von unserem Ziel nicht ablenken.

Dem Aufstieg.
Genau. Da wollen wir auch nichts dem Zufall überlassen. Wir wollen die Saison nicht als Dritter beenden.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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