VfB-Sportdirektor Bobic

„Manchmal tut ein Gewitter auch gut“



VfB-Sportdirektor Fredi Bobic glaubt, dass die Medienschelte von Trainer Bruno Labbadia am vergangenen Sonntag ihren Zweck erfüllt hat. „Es ist eine Diskussion losgetreten worden, darüber was Trainer ertragen müssen und was nicht“, sagte er. Nun müsse der Blick aber wieder nach vorne gehen.

Herr Bobic, der VfB war tagelang überregional in den Schlagzeilen – von so etwas träumt man doch als Sportdirektor . . .
Natürlich wünsche ich mir überregionale Schlagzeilen, aber am liebsten aufgrund sportlicher Erfolge.

Wie bewerten Sie Bruno Labbadias Wutrede mit einigen Tagen Abstand?
Es ist das Recht eines jeden Menschen, sich zu äußern, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt. Kritik können, ja müssen wir alle ertragen. Aber wir dürfen auch mal auf Dinge aufmerksam machen, die uns missfallen, wenn wir der Meinung sind, dass Grenzen überschritten werden.

Glauben Sie Bruno Labbadia hat mit seiner Rede das erreicht, was er wollte?
Mit Sicherheit ist eine Diskussion losgetreten worden, darüber was Trainer ertragen müssen und was nicht. Aber irgendwann ist es dann auch gut und dann muss der Blick nach vorne gehen.

War es klug, die Medien pauschal zu kritisieren und damit möglicherweise noch mehr Gegenwind zu bekommen?
Natürlich kann man nicht alle in einen Topf werfen. Das war sicher nicht so gewollt, aber der Emotionalität geschuldet. Ich glaube, man sollte nun insgesamt auf eine normale Basis zurückgehen. Manchmal tut ein Gewitter ja auch gut.

Was genau hat Labbadia gemeint, als er von Unwahrheiten gesprochen hat?
Objektive Kritik zur sportlichen Situation können wir ertragen, die wollen wir auch haben. Aber es wurden von einigen viele Dinge in einen Topf geschmissen. Da ging es zum Beispiel um die Jugendarbeit und um angebliche atmosphärische Störungen im Team. Das war einfach an der Wahrheit vorbei.

Aufsichtsratschef Dieter Hundt meinte, er könne mit Labbadias Äußerungen zur Etat-Senkung nichts anfangen. Der VfB habe immer noch den fünft- oder sechstteuersten Kader der Liga. Was sagen Sie dazu?
Im Großen und Ganzen war das nachvollziehbar, was Dieter Hundt geäußert hat. Wir versuchen uns da auch nicht auseinanderdrängen zu lassen. Entscheidend ist, dass wir intern dieselbe Meinung und Linie vertreten.



Hat Labbadia von allen Seiten des Vereins noch die volle Rückendeckung?
Absolut. Jeder ist zufrieden mit seiner akribischen und systematischen Arbeit. Die Situation ist nicht einfach, das haben wir auch immer offen gesagt und darüber nicht gejammert. Sportlich sind nun leider negative Dinge passiert. Diesen Schuh ziehen wir uns an. Wir wollen aber keine Alibis verkaufen, die bringen uns nicht weiter.

Labbadias Unmut über die Sparzwänge war nicht zu überhören – was macht Sie sicher, dass er nicht hinschmeißt oder seinen Vertrag, der nach der Saison ausläuft, nicht verlängern will?
Wir haben bereits betont, dass wir uns gut vorstellen können, mit ihm weiter zu machen. Wenn die Vertragsgespräche dann in die Tiefe gehen, werden wir sehen, was dabei rauskommt. Damit gehen wir extrem locker um und pokern auch nicht. Wir werden wie bisher auch die Dinge ganz offen miteinander besprechen. Wir alle sind diesen Weg ja bewusst mitgegangen. Und wir wissen, was noch auf uns zukommt.

Nämlich?
Dass wir Personalbudgetvorgaben haben. Und dass diese in Zukunft noch niedriger werden. Davor habe ich aber keine Angst. Wir haben die Kraft auch das durchzuziehen und werden auch schwierige Phasen überstehen. Um den VfB braucht sich keiner Sorgen machen.

Der Stuttgart Weg, keine Schulden zu machen, ist ehrenvoll, aber damit kann man doch nicht auf Dauer vorne mitspielen. Muss sich der VfB künftig mit Mittelmaß zufrieden geben?
Wer hat gesagt, dass wir mit dem verabredeten Weg vorne mitspielen müssen? Von wem wird das erwartet? Von den Fans, den Medien? Ich kenne viele Fans die sagen: Geht diesen Weg weiter. Manche Prozesse dauern eben ihre Zeit.

Viele Fans vermissen aber auch die Jungen Wilden – gibt es die nur noch auf dem Papier?
Um eines mal klarzustellen: Unsere Jungen Wilden sind die Spieler der zweiten Mannschaft und der Jugend. Wir investieren sehr viel Geld in sie und tun alles, um einige von ihnen irgendwann bei uns in der Bundesliga zu sehen. Auch unter den wirtschaftlichen Aspekten werden wir diesen Weg weitergehen. Eines ist aber auch klar: Es gibt nicht immer goldene Jahrgänge. Und es gibt ja aktuell junge Spieler, die zu ihren Einsätzen kommen, aber auch das braucht Zeit. Wir sehen das sehr entspannt. Im Profifußball kann man keine Jungen Wilden erzwingen, so etwas muss sich entwickeln.

Der VfB ist Tabellen-15., mit nahezu der selben Mannschaft, die in der Rückrundentabelle auf Rang drei gelandet ist. Was läuft schief?
Wir haben in der Rückrunde sicher an unserem Maximum gespielt und einige Spiele auch glücklich gewonnen. Dann hatten wir eine sehr gute Vorbereitung und einen guten Start mit Siegen im Pokal und in der Europa League. Der erste Spieltag und die Art und Weise wie die Niederlage zustande gekommen ist (0:1 gegen Wolfsburg, d. Red.) hat uns etwas weh getan. Und dann kam eines zum anderen: nächste Niederlage, Rote Karte, Verletzte. Dann musst du Spieler einsetzen, die eigentlich noch nicht so weit sind und das Selbstvertrauen geht flöten. Es entwickelt sich eine Eigendynamik.

Wie entkommt man dieser Eigendynamik?
Mit täglicher harter Arbeit und Ergebnissen.

Braucht die Mannschaft nicht auch zwingend Verstärkungen im Winter?
Wir schauen immer, ob es die eine oder andere Möglichkeit gibt. das ist unser Job. Ich denke derzeit nicht an den Winter, sondern auch schon an den Sommer – und ich kann sagen: Für nächstes Jahr sind wir gut aufgestellt.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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