Die größten Fußball-Wunder

Der VfB Stuttgart benötigt am Samstag ein mittleres Fußball-Wunder. Ausgeschlossen ist das nicht, wie der Blick in die Vergangenheit zeigt. Auch der VfB hat schon Wunder vollbracht.


So sah das am 34. Spieltag der vergangenen Saison aus.

Die Sachlage ist klar: Der VfB Stuttgart muss am Samstag (15.30 Uhr) in Wolfsburg auf jeden Fall gewinnen, um zumindest theoretisch noch eine Chance auf den Relegationsplatz zu haben. Trainer Jürgen Kramny sagt: „Ich glaube, dass wir in Wolfsburg gewinnen können. Auch der Glaube der Mannschaft hat in den letzten Tagen zugelegt.“ Und: „Es gibt nichts, was es nicht schon mal gab. Für Pessimismus ist kein Platz.“

Es wäre nicht das erste Mal, dass es im Fußball zu einem Wunder kommt. Ein Rückblick auf einige ungewöhnliche Spiele – auch unter Beteiligung des VfB.


Bayer Leverkusen – VfB Stuttgart 1:2

16. Mai 1992: Bayer Leverkusen – VfB Stuttgart 1:2 Nach dem 1:1 am vorletzten Spieltag gegen die SG Wattenscheid glaubt auch beim VfB kaum noch einer an den Titelgewinn – zu schwer scheint die Aufgabe in Leverkusen und zu leicht die Partie der Frankfurter bei Hansa Rostock, das bereits als Absteiger feststeht. Im Vergleich zur punktgleich an der Spitze liegenden Eintracht hat der VfB das deutlich schlechtere Torverhältnis. Einige Fans verzichten deshalb sogar auf die Reise nach Leverkusen und verkaufen ihre Karte. Noch hoffnungsloser sieht es aus, als Bayer nach 20 Minuten in Führung geht. Aber wenig später kommt es zur Schlüsselszene. Günther Schäfer verhinderte das so gut wie sichere 0:2, indem er den Ball mit einem akrobatischen Fallrückzieher kurz vor der Torlinie klärt. Aber in der 86. Minute steht es immer noch 1:1, was dem nach dem Platzverweis von Matthias Sammer in Unterzahl agierenden VfB nicht reicht. Dann köpft Guido Buchwald den Siegtreffer. Die Partie wird vorzeitig beendet, weil die Stuttgarter Anhänger über den Zaun klettern und den Rasen stürmen. „Da sind alle Dämme gebrochen“, sagt Buchwald, „das war einmalig.“


Feyenoord Rotterdam – VfB Stuttgart 0:3

29. September 1998: Feyenoord Rotterdam – VfB Stuttgart 0:3 Dass diese Partie der absolute Höhepunkt der kurzen und unseligen Ära des damaligen Stuttgarter Trainers Winfried Schäfer werden sollte, ahnt zuvor keiner. Denn das Hinspiel der ersten Runde im Uefa-Pokal hatte der VfB zuvor im eigenen Stadion mit 1:3 verloren. „Wir wussten schon vorher, dass die Zeit der Deutschen vorbei ist“, sagt der Feyenoord-Trainer Leo Beenhakker danach. Zwei Wochen später kann er nicht begreifen, was sich auf dem Platz abspielt. Der VfB dominiert von Anfang an – und auf den Rängen wird es immer leiser. Mit dem Schlusspfiff erzielt Fredi Bobic das entscheidende 3:0. „Diesen Tag werde ich nie vergessen“, sagt Schäfer – ehe es vor der Arena zu Tumulten kommt. Mehrere hundert gewaltbereite Feyenoord-Hooligans schießen Feuerwerkskörper ab und greifen die Polizei an, nachdem sie zuvor vergeblich versucht haben, zu einem VfB-Fanbus vorzudringen – das unschöne Ende eines wundersamen Abends.


Eintracht Frankfurt – 1. FC Kaiserslautern 5:1

29. Mai 1999: Eintracht Frankfurt – 1. FC Kaiserslautern 5:1 Obwohl der Eintracht gerade drei Siege nacheinander gelungen sind, spricht vor dem letzten Spieltag rein gar nichts mehr für den Klassenverbleib. Die Mannschaft benötigt einen Sieg mit vier Toren Unterschied – und das gegen den 1. FC Kaiserslautern, der noch um die Qualifikation für die Champions League kämpft. Nach 68 Minuten gleichen die Pfälzer zum 1:1 aus, Frankfurt ist klinisch tot. Dann gelingen zwar drei Tore in nur zwölf Minuten, aber das reicht dem Team des Trainers Jörg Berger noch nicht. Die 89. Minute läuft, als der Norweger Jan-Aage Fjörtoft den Lauterer Torwart Andreas Reinke mit einem Übersteiger düpiert und zum 5:1 vollendet. „Wenn ich es nicht geschafft hätte, wäre ich vielleicht einer von wenigen Menschen gewesen, die nie in Deutschland hätten einziehen können“, sagt Fjörtoft. Aber so kann die Party beginnen – und wem das zu verdanken ist, steht für Fjörtoft auch fest: „Berger hätte sogar die Titanic gerettet.“


Borussia Dortmund – 1899 Hoffenheim 1:2

18. Mai 2013: Borussia Dortmund – 1899 Hoffenheim 1:2 Zwei Punkte beträgt der Rückstand, den das zudem mit dem klar schlechteren Torverhältnis ausgestattete Team aus dem Kraichgau vor dem Anpfiff auf den Relegationsplatz hat. Wie sollte das gegen den Champions-League-Finalisten aus Dortmund noch funktionieren? „Uns hatten doch alle schon abgeschrieben“, sagt Sejad Salihovic – zu Unrecht, dank ihm Er verwandelte am Ende zwei Elfmeter so nervenstark, als gehe es nicht um den Abstieg, sondern um irgendein Testspiel. Gereicht hätte es dennoch nicht, wenn der Ausgleichstreffer des Dortmunder Marcel Schmelzer in der Nachspielzeit anerkannt worden wäre. Aber der Schiedsrichter Jochen Drees entschied auf Abseits – mehr als umstritten. Deshalb schreibt das Magazin „Der Spiegel“ hinterher von einer Schlussphase, „die sogar einem Stein einen Pulsschlag hätte verschaffen können.“ Der Hoffenheimer Kapitän Andreas Beck sagt: „Wir waren tot, dann wieder da, dann wieder tot und jetzt leben wir. Wahnsinn!“ In der Relegation gelingt gegen Kaiserslautern endgültig der Klassenverbleib.


Arminia Bielefeld – SV Darmstadt 2:4 n. V.

19. Mai 2014: Arminia Bielefeld – SV Darmstadt 2:4 n. V. Selbst beim SV Darmstadt denkt man, dass die Fahrt nach Bielefeld nicht mehr als ein kleiner Betriebsausflug ist. Denn das Hinspiel der Relegationsrunde zur zweiten Liga hat der Drittligist am heimischen Böllenfalltor mit 1:3 verloren. Dann steht es nach 90 Minuten bei der Arminia auch 3:1 – aber dieses Mal erstaunlicherweise für Darmstadt. In der Nachspielzeit der Verlängerung fällt dann das für den Aufstieg entscheidende 4:2. Die daheim gebliebenen Fans veranstalten spontan einen Autocorso durch die Stadt. „Es gibt einen Fußballgott, der uns heute für den Aufwand belohnt hat, den wir betrieben haben“, sagt der Trainer Dirk Schuster.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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