Bundesliga

Das Siegen der anderen

Ein Trainer aus den eigenen Reihen, junge Spieler, die nicht nur schön, sondern auch erfolgreich spielen – davon träumt der VfB seit Jahren. Umso schlimmer, dass nun andere Vereine vormachen, wie es geht



Auf der Stelle zu treten muss ja nicht schlecht sein. Zumindest so lange es die Wettbewerber einem gleichtun. Seit Jahren tippelt der VfB nahe am Abgrund und konnte sich bislang immer darauf verlassen, dass es am Ende noch ein paar andere gab, die hinter ihm zurückfielen. So stellte sich die Situation auch noch in der Winterpause dar. Und irgendwie hatten sie im roten Haus darauf gesetzt, sich auch diese Saison wieder ins Ziel zu schleppen. Doch plötzlich rauschen die Konkurrenten im Eiltempo davon – mit der teils selben Philosophie, die sich auch der VfB einst auch die Fahren geschrieben hatte. Was ist da nur passiert?


Werder Bremen

So recht können sie an der Weser selbst nicht begreifen, was da gerade vor sich geht. Vier Siege in Folge – dieses Glücksgefühl erlebten sie beim SV Werder zuletzt vor fünf Jahren. Die Hanseaten setzen dabei – aus der Not heraus – auf dieselben jungen Spieler, über die es bis vor kurzem noch hieß, sie seien zu grün für den Überlebenskampf. Und auf einmal läuft es. „Wir haben wieder Mut zum Fußballspielen“, erklärt Mittelfeldspieler Zlatko Junuzovic den Umschwung. Viktor Skripnik hat großen Anteil daran. Seine Berufung zum Chefcoach weckte Erinnerungen an den VfB-Versuch mit Thomas Schneider, der schon nach kurzer Zeit für gescheitert erklärt wurde. Schneider gewann die ersten Spiele, um danach achtmal in Folge zu verlieren; Skripnik startete nach holprigem Start voll durch. Werder-Manager Thomas Eichin ist jedoch Realist genug, um nur von einer Momentaufnahme auszugehen. „Wenn wir nicht aufpassen, sind wir schnell wieder unten.“ Aber fürs Erste sind die Bremer dem VfB acht Punkte enteilt.


Hamburger SV

Auch den HSV trennen vom VfB schon fünf Punkte. Dass die Hamburger fußballerisch nicht besser sind als die Roten, hat der Auftritt kurz vor Weihnachten, den der VfB 1:0 für sich entschied, bewiesen. Aber die Hamburger haben sich von diesem für sie schrecklichen Spiel nicht umwerfen lassen. Anders als die Jungs in Weiß und Rot, die sich bisweilen brav ihrem Schicksal ergeben, bieten die Hamburger echten Nahkampf-Fußball. Sie wehren sich gerade in Heimspielen mit Händen und Füßen. Auch an der Elbe scheint das Experiment mit dem Trainer aus den eigenen Reihen aufzugehen – zumindest sieht es momentan danach aus. „Man sieht den Fortschritt von Joe Zinnbauer und seines Trainerteams“, stellt HSV-Sportdirektor Peter Knäbel zufrieden fest.


SC Freiburg

VfB-Sportvorstand Robin Dutt erinnert sich gern an seine Zeit in Freiburg zurück. Die Ruhe im Verein und im Umfeld sei stets ein Garant für den Erfolg gewesen, sagt der frühere Trainer des Sportclubs. An der Unaufgeregtheit hat sich in Freiburg bis heute nichts geändert. Auch wenn es mal brenzlig wird: SC-Trainer Christian Streich rückt nicht von seinem Offensiv-Stil ab, so fehleranfällig er auch sein mag. Das führt zwar zu manch schmerzhafter Pleite wie jüngst gegen Borussia Dortmund. Zumindest ab und zu erleben die Fans im Schwarzwaldstadion aber auch Perlen wie das 4:1 gegen Eintracht Frankfurt. Nach solchen Spielen sehnen sich die VfB-Fans seit Ewigkeiten.


Eintracht Frankfurt

Ähnlich verhält es sich in Frankfurt. Trainer Thomas Schaaf zieht seine auf Angriff ausgerichtete Spielweise konsequent durch. Rückschläge wie das 4:5 in der Hinrunde gegen den VfB bringen ihn nicht von seinem Weg ab. Anders die Situation auf dem Cannstatter Wasen: Hier wechselte schon Armin Veh ständig das System, ehe mit Huub Stevens ein neuer Trainer kam. Derzeit ist die Mannschaft dabei, seinen Defensiv-Stil zu verinnerlichen. Bislang ohne großen Erfolg. Was wohl passiert, wenn auch Stevens bald wieder mehr Offensive verordnet?


1. FC Köln

Dass ausgerechnet der langjährige Chaos-Club dem VfB in Sachen Vereinsführung etwas vormacht, dürfte die weiß-rote Fangemeinde wohl am meisten schmerzen. Zwar haben die Kölner in der Rückrunde auch noch keine Bäume ausgerissen – die Kontinuität im Verein überträgt sich jedoch auf die Mannschaft. Sie spielt das, was sie kann: auswärts gut stehen und kontern. Robin Dutt muss das Siegen der anderen ziemlich schmerzen. Dass bei seinem Ex-Club der Knoten geplatzt ist, überrascht ihn aber nicht. „Das hat mit dem neuen Trainer zu tun, aber nicht nur. In Bremen war vorher schon Potenzial da, sonst wäre da nichts passiert“, sagt der im Oktober entlassene Ex-Trainer. Was seinen neuen Verein betrifft, ist sich der Sportvorstand sicher: „Wir sind nicht schlechter als die Hälfte der Liga.“

Von Vergleichen mit anderen Clubs hält er nicht viel, einzig Parallelen zu Borussia Mönchengladbach lässt er gelten. Dort seien die Bedingungen ähnlich wie in Stuttgart. Dutt: „Ressourcen und Ideen wurden gebündelt. Es gibt dort inzwischen eine klare Spiel- und Ausbildungsidee.“ Ein Ziel, das der Sportchef mit dem VfB nicht aus den Augen verloren hat. „Es ist unsere Aufgabe, eine Sachgeschichte zu liefern, die nachvollziehbar macht, wofür der VfB steht. Das Wichtigste sei aber: „Wir müssen als Mannschaft strahlen.“ In einem Punkt stimmt der 50-Jährige den Kritikern zu: „Im Moment ist nicht so richtig klar, wofür der VfB steht.“

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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