Wundertüte VfB

Alles ist drin, nichts ist unmöglich


Freude: Vedad Ibisevic, Alexandru Maxim, Ibrahima Traoré und Konstantin Rausch (v. li.) jubeln.

So ein 4:0-Sieg in der Fremde kann einem Trainer am Tag danach noch Auftrieb geben. Bei Thomas Schneider war das wohl irgendwie der Fall – denn der VfB-Coach lachte während der Übungseinheit am Montagvormittag auf dem Clubgelände nicht nur auffällig oft. Im Trainingsspielchen Jung gegen Alt mischte der frühere Verteidiger obendrein eifrig mit und machte ­dabei auch noch zwei Tore.

Die Atmosphäre jedenfalls war locker und gelöst, der Sprung auf Platz sechs nach dem klaren Erfolg bei Eintracht Braunschweig macht den Strategen des VfB Lust auf mehr. Und doch schwingt bei der Aufbruchstimmung immer auch noch eine gehörige Portion Skepsis mit. Wo kann die Reise hingehen in dieser Saison, was ist drin? Klar scheint zurzeit nur eines: Nichts ist unmöglich. Denn bisher präsentierte sich der VfB oft als eine Art Wundertüte – und es ist offen, ob das Team in den nächsten Wochen so etwas wie Konstanz in die Leistungen bringt. Die Entwicklung:: Die Mannschaft von Thomas Schneider schafft es mittlerweile innerhalb einer Partie, den Schalter umzulegen. „Das 4:0 in Braunschweig ist das Ergebnis einer Entwicklung, und die ist gut“, sagt Sportvorstand Fredi Bobic. Was er meint: Aus den vergangenen vier Ligaspielen holte der VfB zehn Punkte. So etwas gibt Sicherheit – weshalb das Team in Braunschweig nach einer miserablen ersten eine spielerisch starke zweite Hälfte hinlegte. Die Siege gegen die Kleinen: Christian Gentner weiß um die Problematik der vergangenen Saison. Da verlor der VfB gegen die Kellerkinder Greuther Fürth, Fortuna Düsseldorf und Augsburg. Damals fehlten den Profis die entscheidenden Körner und der letzte unbedingte Wille aufgrund des dünn besetzten Kaders und der Dreifachbelastung. Nun ist der VfB breiter aufgestellt, das Team kann sich nach dem Aus im Pokal und in der Europa League voll auf die Liga konzentrieren – und das macht sich bemerkbar. Wie in Braunschweig kann der Club aus Cannstatt den Kleinen sein Spiel aufzwingen und in der zweiten Hälfte noch zulegen. In der vergangenen Saison war das noch nicht möglich. Die Probleme gegen die Abstiegskandidaten gebe es so nicht mehr, sagt Kapitän Christian Gentner, was auch mit der stärker besetzten Bank zu tun hat. In Braunschweig etwa kam Martin Harnik in der Offensive ins Spiel – vor ein paar Monaten noch wurde im Angriff oft ein gewisser Federico Macheda eingewechselt, der nun beim englischen Zweitligisten Doncaster Rovers sein Glück versucht.

Fredi Bobic nimmt die aktuellen Bank-Angestellten wie Karim Haggui, Mohammed Abdellaoue oder Cacau schon mal eindringlich in die Pflicht. „Wer von den Jungs in ein Loch fällt, ist fehl am Platz“, sagt er. Fakt ist: Der Konkurrenzkampf ist im Gegensatz zum Vorjahr da, und er spornt jene VfB-Profis noch mehr an, die zurzeit von Beginn an randürfen. Die nächsten Partien: Zu Hause gegen Werder Bremen, auswärts beim Hamburger SV, zu Hause gegen Nürnberg – die Aufgaben in den nächsten Wochen sind lösbar. Nicht wenige im Umfeld des VfB sprechen deshalb schon von neun möglichen Punkten aus den kommenden drei Begegnungen. Fakt ist: Der VfB kann sich in den nächsten Wochen in der oberen Tabellenregion festsetzen – zumal es bis auf die drei Topteams Borussia Dortmund, Bayern München und Bayer Leverkusen noch keine Mannschaft gibt, die bisher so etwas wie Konstanz zeigt und die der VfB im Kampf um die Europapokalplätze fürchten müsste. Allerdings birgt die Lage in der Liga auch Gefahren – wer zweimal nacheinander verliert, wird aufgrund der geringen Abstände schnell nach unten durch­gereicht. Die langen Bälle: Wer die erste Halbzeit von Braunschweig gesehen hat, weiß: Spielerisch liegt noch einiges im Argen. Thomas Schneider erklärt das auch mit der Misere vor seiner Amtszeit. „Das hat viel mit Selbstvertrauen zu tun“, sagt der Coach. Natürlich solle sein Team die Bälle nicht lang hinten rauskloppen: „Aber so etwas ist ein Prozess, das bekommt man nicht mal eben so durch Handauflegen hin, es wird immer wieder Rückschläge geben.“

Innenverteidiger Antonio Rüdiger müsse sich eben erst dahin entwickeln, auch in Drucksituationen die Ruhe am Ball zu bewahren, meint Schneider: „Aber die Zeit gebe ich ihm. Wir wollen dahin kommen, den Ball bei der Spieleröffnung ruhig in den eigenen Reihen halten zu können“, sagt der Trainer. Weniger Langholz, mehr Anspielstationen im defensiven Mittelfeld, wo gerade der Sechser William Kvist mehr gefordert ist – das könnte ein Erfolgsrezept sein.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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